Sportliche Betätigung ist gut für den Körper, macht den Kopf frei und bringt (meistens) auch noch Spaß. Warum aber wirken viele Sporttreibende so verbissen? Ein Plädoyer für mehr Gelassenheit beim Sport.
Gestern erst wieder: Wunderbares Frühsommerwetter, sattgrüne Wälder, sich im Wind wiegende Wiesen – und dann das: Als ich mit meinem Rad den Anstieg hinaufzottele, überhole ich einen Rennradler mittleren Alters. Der trägt ein todschickes Trikot, kommt aber augenscheinlich nicht so richtig in die Gänge.
Ich fahre vorbei und grüße – das macht man so. Er grüßt gepresst zurück.
Kurze Zeit später, beim nächsten Anstieg, höre ich hinter mir schweres Atmen. Ein für diese Jahreszeit ungewöhnlich braun gebrannter, durchtrainierter Radler sticht an mir vorbei. Grußlos.
Keine halbe Minute später hastet der Mann von eben im todschicken Trikot hinterher – froh darüber, mich endlich zu überholen, und mit starrem Blick auf der Fährte des Schnelleren. Leider wirkt er nicht glücklich, sondern gehetzt.
Schade. So erblickt er auch nicht die Rehe, die plötzlich rechts im Dickicht stehen. Natur pur – wenn man’s nicht so eilig hat.
Neulich, im Stadtwald: Wieder herrlicher Sonnenschein, wieder ein mildes Lüftchen, wieder explodierendes Grün in der Natur. Mir entgegen kommen einige Läufer, die lächelnd, leicht und flotten Schrittes durch den Wald joggen.
Kurze Zeit später folgt ein Mittdreißiger. Kopfhörer auf, die Haltung angespannt, aktuellste Laufbekleidung, grimmiger Gesichtsausdruck. Entweder ist das, was er da gerade über seine Ohrstöpsel hört, bemitleidenswert traurig. Oder er hat einfach keinen Spaß am Laufen, macht es aber trotzdem. Schade.
Wer jemals bei Hobbyveranstaltungen wie Volksläufen, Radtouristikfahrten oder Schwimmfesten war, kennt die Fraktion der sportlich Über-Ambitionierten, die jederzeit so wirken, als ginge es beim Sport nicht um Spaß, sondern nur darum, möglichst ehrgeizige Ziele zu erreichen. Leider lassen sich viele, die eigentlich nur dabei sein wollen, von dieser Verbissenheit anstecken. Auch das ist schade.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Natürlich macht es großen Spaß, sich mit Anderen im sportlichen Wettkampf zu messen, und dazu gehört auch eine Portion Verbissenheit. Und natürlich braucht man ein hohes Maß an Entschlossenheit, Willen und Ausdauer, um die jeweiligen Lieblingssportarten angemessen auszuüben.
Schön wäre es aber, wenn es bei uns Hobbysportlern insgesamt mehr Gelassenheit gäbe – Gelassenheit, die sich in einem Lächeln, in Lockerheit ausdrückt. Vielleicht könnte dies sogar den einen oder anderen Nicht-Sportler animieren, sich sportlich zu betätigen …!
Wolfram Lotze