Stirbt ein Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis und sind zum Todeszeitpunkt noch Urlaubsansprüche von ihm offen, so stellt sich die Frage, ob die Urlaubsansprüche vererbt werden können. Das Bundesarbeitsgericht hat sich nunmehr der Rechtsauffassung des Europäischen Gerichtshofes angeschlossen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat lange Zeit die Auffassung vertreten, dass nach deutschem Recht der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers mit seinem Tod untergehe und sich auch nicht in einen Abgeltungsanspruch umwandeln könne. Daher sei ein Abgeltungsanspruch auch nicht Teil der Erbmasse.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat jedoch im November 2018 entschieden, dass Urlaubansprüche vererbbar sind. Zur Begründung hat der europäische Gerichtshof seinerzeit die Auffassung vertreten, dass – unter finanziellen Aspekten betrachtet – der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ein vermögensrechtlicher Anspruch sei. Daher sei diese auch vereinbar. In einer neueren Entscheidung vom 22. Januar 2019 hat sich das BAG nunmehr der Rechtsauffassung des EuGH angeschlossen.
Vertragliche Differenzierung zwischen gesetzlichem und übergesetzlichem Urlaub ist möglich
Klargestellt hat das Bundesarbeitsgericht jedoch auch, dass die nunmehr zutreffende Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) nur für den gesetzlichen Mindesturlaub gelte. Arbeitsvertraglich vereinbarter Mehrurlaub sei allerdings davon erfasst, wenn keine abweichende Regelung für die Behandlung des vertraglich vereinbarten zusätzlichen Urlaubs getroffen worden ist. Damit hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass eine vertragliche Differenzierung zwischen gesetzlichem und übergesetzlichem Urlaub möglich ist und eine Verwertbarkeit des vertraglichen mehr Urlaubsanspruchs auf die Erben ausgeschlossen werden kann.
Eine solche Klausel sollte daher klarstellen, dass bei Urlaubsgewährung zunächst der gesetzliche Mindesturlaub eingebracht wird und der vertragliche Mehrurlaubsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Fall des Todes nicht zur Abgeltung gelangt und somit nicht vererbbar ist.
In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf hinzuweisen, dass auch vertragliche Mehrurlaubsansprüche so gestaltet werden können, dass sie mit Ablauf des ersten Quartals des Folgejahres verfallen. Auch somit kann sichergestellt werden, dass der von der Rechtsprechung entwickelte verlängerte Übertragungszeitraum von 15 Monaten bei andauernder Arbeitsunfähigkeit auch nur den gesetzlichen Mindesturlaub erfasst.
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