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Petition für Rücktritt – Minister Müller und die besoffenen afrikanischen Männer

Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller, entgleiste vor einigen Tagen bei einer Rede mit einem rassistischen Stammtisch-Witz. Unser Kolumnist fragt, ob so ein Auftritt zu entschuldigen ist.

Repro: Jamin

Der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller, entgleiste vor einigen Tagen bei einer Rede mit einem rassistischen Stammtisch-Witz. Unser Kolumnist fragt, ob so ein Auftritt zu entschuldigen ist.

Politiker müssen viel reden, und wer viel redet, sagt oft viel Gutes, aber gelegentlich redet er auch Mist. Das kann passieren und das ist jetzt Entwicklungshilfeminister Gerd Müller passiert.

Minister Müller, auch mit zuständig dafür, dass die wirtschaftliche und soziale Zukunft Afrikas besser wird und Millionen Afrikaner davon absehen in naher Zukunft den europäischen Kontingent zu überfluten, sagte wörtlich: „Wenn ein afrikanischer Mann 100 Dollar verdient, Preisfrage: Was bringt der nach Hause? 30 Dollar. Und du weißt sicher, was er mit dem Rest macht: nämlich Alkohol, Suff, Drogen, Frauen natürlich“, zitierte der Bayerische Rundfunk den Minister: „Der afrikanische Mann investiere eben nicht in seine Kinder, in seine Familie, in Bildung und in Zukunft. Dagegen bringe eine Frau von 100 US-Dollar Verdienst 90 Dollar nach Hause.Das führte Müller als Beleg dafür an, dass die Zukunft Afrikas in der Stärkung der Frau liege.“

Nein, dieser Mist ist ihm meiner Meinung nach nicht aus Versehen über die Lippen geflossen, sondern er hat in seiner Rede sehr bewusst etwas erzählt, das man bei genauer Prüfung als rassistische Äußerung bezeichnen muss.

Hören Sie selbst: (Hier der Redeausschnitt im Müller-O-Ton)

Auch hat der Minister die umstrittenen Sätze nicht an einem Stammtisch zu später Stunde getan, sondern in einer offiziellen Rede vor dem Deutschlandkongress der Union in Bonn.

Als ich Müller in einer vom ZDF verbreiteten Originalaufnahme zuhörte, verschlug es mir die Sprache. Ich wollte nicht glauben, dass ein Minister, der sich seit drei Jahren um Entwicklungshilfe kümmert, zu solchen Äußerungen fähig ist.

Ich frage mich: War Müller besoffen? Stand er unter Drogen?

Seine Worte wirkten so, als würde ein Finanzminister beklagen, dass alle Bundesbürger Steuerbetrüger sind. Oder ein für Sport zuständiger Minister darüber jammern, dass alle Sportler Doping betreiben.

Wie will jemand mit afrikanischen Politikern auf Augenhöhe sprechen, wenn er so über sie redet – und denkt?

Der Minister versuchte sich dadurch zu verteidigen, dass er darauf hinwies, dass er in seiner Rede die herausgehobene Rolle der Frauen in Afrika betonen wollte: „Es tut mir leid, die Aussage war zu undifferenziert.“

Nein, die Aussage war eindeutig und im übrigen kann man sich nicht selbst die Schuld von sich nehmen. Das können nur jene, die er beleidigt hat. Afrikas Politiker und vor allem ihre Bürger. Aber Müller gab keinen Hinweis darauf, dass er Afrikas Männer um Entschuldigung bitte.

Seine im Plauderton und mit einem sehr stammtischhaften Lachen verbundene Beleidigung wirkte wie die Äußerung eines Mannes, der gerne rassistische Plaudereien zum besten gibt. Von einem Entwicklungshilfeminister sollte man eigentlich mehr erwarten dürfen. Da es sich hier nicht um eine spontane Äußerung am Stammtisch gehandelt hat, sondern um eine wohlgesetzte Rede, muss man auch davon ausgehen, dass der Minister entweder nicht weiß, wo die Grenzen zwischen kritischen Statements und rassistischen Bemerkungen verlaufen oder dass er insgeheim seiner afrikanischen Gesprächspartner überdrüssig ist und diese verachtet.

Dieses abstoßende Statement zeigt innere Haltung: Überheblichkeit und Geringschätzung.

Ich frage mich, wie dieser Minister, der gerade in diesen Zeiten für gute Stimmung in Afrika sorgen muss, mit dieser Bürde weiter arbeiten kann?! In einer Zeit, wo die Verhandlungen mit den afrikanischen Regierungen schwieriger und doch immer bedeutender werden angesichts der Flüchtlingsströme aus den Ländern Afrika. Gerade jetzt benötigen wir einen Minister, der nicht nur kompetent ist, sondern auch die Afrikaner als ernstzunehmende Gesprächspartner schätzt.

Die Internet-Protest-Initiative Change.org fordert in einer Petition an Bundespräsident und Bundeskanzlerin den Rücktritt des Bundesministers. Er diskreditiere mit seinen Äußerungen die Menschen in Afrika: „Er drängt sie in abwertende Klischees, bedient Vorurteile. Auf dieser Ebene ist eine Zusammenarbeit mit den Menschen in Afrika nicht erfolgsversprechend möglich.

Entwicklungshilfepolitik funktioniert nur, wenn man seinem Gegenüber auf Augenhöhe begegnet.“

Karamba Diaby (SPD), Deutschlands erster schwarzer Bundestagsabgeordneter, sagte der Tageszeitung „Die Welt“: „Die Äußerungen des Ministers sind rassistisch und inakzeptabel.“ Er sei als Minister für Entwicklungszusammenarbeit „ungeeignet“.

So ist es.

Bleiben Sie fröhlich. Bis nächsten Freitag. Auf einen Cappuccino…
                                                         Ihr Peter Jamin

Unser Autor arbeitet als Schriftsteller und Publizist sowie als Berater für Kommunikation seit Jahrzehnten immer wieder auch für ausgewählte Projekte. Sein soziales Engagement gilt der Situation von Angehörigen vermisster Menschen, auf deren Situation er in Büchern, TV-Dokumentationen und Artikeln seit mehr 20 Jahren aufmerksam macht. Mehr unter www.jamin.de

 

Peter Jamin

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