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Fehler und Irrtümer in der Existenzgründung – Teil 4: IT und Internet

Viele Geschäftsideen verdienen ihr Geld im Internet oder nutzen die IT für die wichtigen Prozesse. Auch hier lauern zahlreiche Fallen für Existenzgründer. Der Hamburger Gründungsberater Uwe Twachtmann stellt in dieser Artikelreihe verschiedene Irrtümer und Fehler vor. Er gibt Tipps und schlägt Gegenstrategien vor, die seinen Kunden in der Start- und Festigungsphase geholfen haben. Im vierten Teil der Serie geht es um die IT und das Internet.

Stauke / Fotolia.com

Vielen Unternehmern machen es vor allen Dingen die schnelle Entwicklung des Webs und der mobilen Kommunikation sowie ständige Neuerungen bei Hard- und Software sehr schwer, wenn nicht sogar unmöglich, immer auf dem aktuellsten Stand zu sein. Fehleinschätzungen, falsche Entscheidungen oder „verschlafene“ Entwicklungen führen schnell zu Problemen und enden sogar in der Geschäftsaufgabe. Einige der folgenden Fehler und Irrtümer kommen immer wieder vor.

Die Bedeutung der IT wird unterschätzt

In der Gründungphase planen viele Unternehmer Investitionen, Kosten und Zeitaufwand für den Aufbau der nötigen Systeme nur ungenau. Ohne konkrete Konzept- und Ablaufplanung und eine Bedarfsanalyse kommen Standardlösungen, günstige Angebote oder die neuesten (manchmal unerprobten) Trends zur Anwendung. Bei wachsendem Geschäftsvolumen und hoher zeitlicher Belastung der Gründer sind die Systeme den Anforderungen des Geschäftes oft nicht mehr gewachsen. Dadurch entstehen mittelfristig weitere kosten-, zeit- und arbeitsaufwändige Anpassungen der Strukturen und betrieblichen Abläufe.

Beispiel: Wir hatten am Anfang halt nicht so viel Eigenkapitel und haben erst einmal unsere alten Rechner und Freeware genutzt. Aber die verschiedenen Datenbanken passen nicht zusammen und können jetzt auch nicht in den Shop importiert werden. Nun müssen wir doch die Softwarelizenz kaufen und alles noch einmal erfassen.

Praxis-Tipp: Prognostizieren Sie bereits in Ihrem Businessplan die technischen Kapazitäten, die Sie für das mittelfristige Wachstum benötigen. Planen Sie die dafür notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen ein. Verlassen Sie sich dabei nur auf Technologie und Software, die auch über längere Zeit uneingeschränkt verfügbar ist oder „aufgerüstet“ werden kann.

Die Bedeutung der IT wird oft auch überschätzt

Die Möglichkeiten des Internets und der sozialen Netzwerke scheinen unbegrenzt und häufig auch kostenlos verfügbar zu sein. Fast jeder ist mobil erreichbar und nutzt Smartphone und Tablet für Kommunikation und Information. Möglichst viele Kontakte und Verbindungen in den Netzwerken zu haben, ist für viele ein Unternehmensziel. Gründer versprechen sich davon einen schnellen Markteintritt und konkrete Geschäfte. Denn die Reaktionen und Feedbacks auf Postings, Tweets und News sind häufig positiv.

Beispiel: Ich habe schon 120 Fans und Followers und mit meiner Fanpage kann ich fast eine Milliarde Menschen erreichen. Wenn ich täglich Neuigkeiten poste und mein Angebot präsentiere, finde ich mehr als ausreichend Kunden.

Praxis-Tipp: Entwickeln Sie eine konkrete Marketing- und Vertriebsstrategie. Wo finden Sie Ihre Zielgruppe, wie erreichen Sie sie und wann ist Ihr Kunde überhaupt an einem Geschäft interessiert? Die sozialen Netzwerke eignen sich gut zur Kontakt- und Imagepflege, bringen aber nicht immer Umsatz. Dafür eignen sich andere – oft kostenpflichtige – Möglichkeiten des Onlinemarketings meist besser. Achten Sie auf Ihre zeitlichen Ressourcen, das Internet und die Netzwerke werden schnell zum „Time Bandit“.

In meiner Website ist doch alles drin, oder?

Homepage oder Shop dienen in vielen Fällen nur der Präsentation von Gründer, Unternehmen und Angebot. Der Kunde, sein Bedarf und das Kaufverhalten spielen bei Struktur, Inhalten und Gestaltung kaum eine Rolle. In Extremfällen wird ein „Bauchladen“ mit unübersichtlicher Struktur, viel Text, Fachbegriffen und Fremdwörtern gezeigt. Der Besucher verlässt die Seite nach zahlreichen Handlungsaufforderungen, ruckeligen Animationen und nervender Werbung schnell wieder. Oder die Suchmaschinenoptimierung steht im Vordergrund, der Kunde wird vernachlässigt.

Beispiel: Der Kunde muss doch wissen, was ich alles anbiete. Mein Texter und der Programmierer haben das super umgesetzt, es ist alles drin und mit Bannern und Affiliate-Werbung verdiene ich sogar noch Geld.

Praxis-Tipp: Sprechen Sie Ihren Web-Besucher direkt an und sagen Sie ihm schon auf der Startseite, was Sie für ihn tun können. Bieten Sie ihm eine übersichtliche Struktur und führen Sie ihn mit sinnvollen Links durch die Inhalte. Beschränken Sie Werbung, Animationen und andere Unterbrechungen auf das wirklich Notwendige. Analysieren Sie das Besucherverhalten. Und erst dann kümmern Sie sich auch um die Suchmaschinen.

Trends am Markt werden „verschlafen“

Soziale Netzwerke und mobile Kommunikation eröffnen dem Gründer ständig immer neue und immer mehr Möglichkeiten, mit dem Kunden in Kontakt zu treten und das Produkt zu präsentieren. Suchmaschinen ändern ihre Suchalgorithmen und bestrafen sogar Optimierungsstrategien wie etwa Linkfarmen. Viele Unternehmer belassen es trotzdem bei den ursprünglichen Strategien der Startphase und wundern sich, warum Ranking, Klicks, Anfragen und Umsätze zurückgehen.

Beispiel: Über das Konzept habe ich mir im Businessplan viele Gedanken gemacht. Dann habe ich mir den Shop einschließlich Suchmaschinenoptimierung programmieren lassen. Über Adwords und die entsprechenden Keywords sollten mich die Kunden eigentlich finden. Schließlich gebe ich dafür einiges aus.

Praxis-Tipp: Bleiben Sie auf dem Laufenden, fragen Sie Ihre Kunden nach Verbesserungspotenzial des Shops oder des Portals. Tauschen Sie sich mit Kollegen aus und nutzen Sie Branchenstammtische und Netzwerke. Recherchieren Sie das eigene Angebot, um das Ranking zu prüfen, den Wettbewerb zu beobachten und Trends zu erkennen. Sorgen Sie für ständige Änderungen und die Überarbeitung Ihrer Website, um für Robots interessant zu bleiben.

Aktuelle Trends beispielsweise für Onlineshops

  • Content Marketing – zeigen Sie Gesicht und Inhalte
  • Cross-Channel-Marketing – nutzen und verbinden Sie mögliche Vertriebskanäle
  • Big Data – sammeln Sie Daten nicht nur, werten Sie sie aus und entwickeln Sie Strategien
  • Marktplätze – Amazon & Co. machen Sie unabhängig von Suchmaschinen
  • Video-Werbung – Youtube zeigt, dass Bewegtbilder funktionieren, dort und auf der eigenen Seite
  • Internationalisierung – für Onlineshops eine mögliche Wachstumsoption mit überschaubarem Aufwand
  • Neue Werbeflächen – neue Tools verhindern Banner und ähnliches, entwickeln Sie Alternativen
  • Kreativität is king – Verlassen Sie den Mainstream, seien Sie anders und fallen Sie auf
  • Mobile Kommunikation – immer mehr Käufer nutzen Smartphone oder Tablet, sorgen Sie für Lesbarkeit

Ich bin im Internet immer sehr vorsichtig

Die Kapazitäten von Hard- und Software werden immer größer und die Medien immer schneller. Aber diese komplexen Systeme werden auch immer anfälliger für technische Störungen und kriminelle Angriffe und Manipulationen. Ein einfacher Stromausfall, ein Klick auf die falsche Domain oder eine kleine Unaufmerksamkeit beim Surfen oder in der U-Bahn können fatale Folgen haben. Die geschäftlichen Daten sind verloren, Bank- oder Kundendaten werden ausspioniert und für Betrügereien genutzt. Beispiel: Den Scanner mit Firewall hatte ich ja schon in der Grundausstattung des Rechners, aber die Aktualisierungen kosten Geld, das spare ich erst mal. Und Backups mache ich auch bei Gelegenheit. Als Password nutze ich meist unseren Firmennamen oder die Postleitzahl.

Praxis-Tipp: Halten Sie Browser, Firewall und Scanner immer auf dem neuesten Stand. Verwenden Sie nur sichere Passworte. Öffnen Sie keine unbekannten Sites, Mails oder Dateien. Sichern Sie Ihre Systeme regelmäßig und vollständig. Nutzen Sie dazu bewährte Technologien und bewahren Sie mindestens zwei Kopien an getrennten Orten auf.

Mit meiner Baukasten-Homepage bin ich rechtlich abgesichert

Genau so schnell wie Technik und Angebote ändern sich auch die juristischen Rahmenbedingungen für Geschäfte im Internet. Durch einschlägige Gesetze und Urteile passt die Justiz den Verbraucher- und Wettbewerbsschutz laufend an. Daraus haben manche Markeninhaber, Wettbewerber und pfiffige Abmahnanwälte ein Geschäft gemacht und reagieren sofort auf solche Änderungen. Teilweise durchsuchen sie das Web gezielt nach Gesetzes- und Wettbewerbsverstößen und verfassen teure Abmahnschreiben und Unterlassungserklärungen.

Beispiele: Gründe für Abmahnungen können zum Beispiel sein Wettbewerbsverstöße nach UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb), Urheberrechtsverletzungen und Lizenzverstöße, ein fehlerhaftes oder unvollständiges Impressum oder Datenschutzerklärung, fehlende Widerrufsbelehrungen, unzulässige Geschäftsbedingungen, unterschiedliche Angaben zu Lieferzeiten, eine fehlende Button-Lösung, Werbung mit Selbstverständlichkeiten, Newsletter ohne Double-Opt-In und viele mehr.

Praxis-Tipp: Informieren Sie sich laufend über Änderungen der rechtlichen Grundlagen Ihrer Branche. Halten Sie Ihre Website und den Shop stets auf dem aktuellen rechtlichen Stand. Fragen Sie Ihren Administrator, ob er einen Aktualisierungsservice anbietet oder nutzen Sie Angebote von Anwaltsseiten. Widersprechen Sie Abmahnungen und prüfen Sie die Vorwürfe und geltend gemachten Ansprüche vor einer Unterschrift genau.

 

 

— Uwe Twachtmann —

Bildquellen

  • fotolia_29243991_xs: Stauke / Fotolia.com
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