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Recht & Steuern

Gute Kommunikation führt Arbeitgeber und -nehmer durch Mutterschutz und Elternzeit

Mutterschutz und Elternzeit sind Themen, die jeden Arbeitgeber betreffen. Eine gute Kommunikation auf beiden Seiten ist hier kaum zu überschätzen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erhält heute eine immer größere Bedeutung. Welche Pflichten haben Arbeitgeber und Beschäftigte und wie können sie Mutterschutz und Elternzeit gemeinsam optimal umsetzen?

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Das Mutterschutzgesetz schützt alle werdenden Mütter, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, auch Heimarbeiterinnen, Hausangestellte, geringfügig Beschäftigte oder Auszubildende. Arbeitgeber sind dadurch verpflichtet, Arbeitsplätze von werdenden oder stillenden Müttern so einzurichten, dass die Arbeitnehmerinnen vor Gefahren für Leben und Gesundheit ausreichend geschützt sind. Auch Maschinen, Werkzeuge und Geräte sind entsprechend einzurichten. Ist dies nicht möglich, kommt auch ein Wechsel des Arbeitsplatzes in Betracht. Der Arbeitgeber muss hier eine angemessene Tätigkeit finden und darf das Entgelt nicht herabsetzen.

Mitteilungspflichten

Werdende Mütter sollten ihrem Arbeitgeber die Schwangerschaft und den voraussichtlichen Geburtstermin unverzüglich mitteilen. Auf Verlangen muss innerhalb angemessener Zeit ein Attest eines Arztes oder einer Hebamme vorgelegt werden. Die Kosten dafür trägt wiederum der Arbeitgeber. Er muss auch die zuständige Arbeitsschutzbehörde (staatliche Arbeitsschutz- oder Gewerbeaufsichtsämter) formlos über die Schwangerschaft informieren.

Dauer der Schutzfrist

Der Mutterschutz beginnt 6 Wochen vor dem berechneten Geburtstermin und endet 8 Wochen nach der tatsächlichen Geburt. Bei Früh- und Mehrlingsgeburten verlängert sich die Schutzzeit nach der Entbindung auf 12 Wochen. In der Zeit vor der Geburt muss die Arbeitnehmerin ihre Arbeitsleistung nicht erbringen, sie kann sich aber ausdrücklich auf eigenen Wunsch zur Arbeitsleistung bereit erklären. Diese Erklärung kann jederzeit widerrufen werden. Während der Schutzfristen nach der Entbindung gilt ein absolutes Beschäftigungsverbot.

Außerhalb dieser Fristen gelten generelle Beschäftigungsverbote bei Akkord-, Fließband-, Sonntags-, Mehr- und Nachtarbeit. Individuelle Beschäftigungsverbote können zusätzlich durch ein ärztliches Attest ausgesprochen werden.

Finanzielle Fragen

Eine Arbeitnehmerin darf durch ihren Mutterschutz finanziell nicht schlechter gestellt sein als vor dem Mutterschutz. Vor Verdienstausfällen wird sie zunächst durch das Mutterschaftsgeld geschützt. Dabei zahlt die Krankenkasse höchstens 13 Euro pro Kalendertag bzw. 390 Euro pro Monat. Wer also Vollzeit arbeitet und dann schwangerschaftsbedingt ausfällt, wird daher durch das Mutterschaftsgeld nicht wirklich gegen Lohnausfall abgesichert. Aus diesem Grund muss der Arbeitgeber, soweit das Nettogehalt 390 Euro übersteigt, den Differenzbetrag zahlen. Dieser Betrag wird ihm jedoch auf Antrag von der Krankenkasse, bei der die Arbeitnehmerin versichert ist, in Höhe des Aufstockungsbetrages (der Differenzbetrag, den der Arbeitgeber zahlt) erstattet.

Kündigungsschutz

Mutterschutz bedeutet auch Kündigungsschutz. Die Kündigung einer Frau ist während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war. Hat der Arbeitgeber davon keine Kenntnis, kann die Arbeitnehmerin dem Arbeitgeber die Umstände noch nachträglich innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung mitteilen. Das Überschreiten dieser Frist für die nachträgliche Mitteilung der Schwangerschaft ist jedoch unschädlich, wenn es der Arbeitnehmerin aufgrund eines von ihr nicht zu vertretenden Grundes nicht möglich war, den Arbeitgeber zu informieren. Sie muss die Mitteilung jedoch unverzüglich nachholen.

Im Streitfall kann die zuständige Behörde auf Antrag des Arbeitgebers die arbeitgeberseitige Kündigung für wirksam erklären. Dabei muss es sich aber um einen absoluten Ausnahmefall handeln und der Kündigungsgrund darf nicht in Zusammenhang mit der Schwangerschaft oder der Entbindung stehen. In der Praxis wird dies kaum durchzusetzen sein.

Vor einer Befristung des Arbeitsvertrags schützt eine Schwangerschaft nicht.

Elternzeit

Üblicherweise wird direkt im Anschluss an den Mutterschutz die Elternzeit genommen. Sie kann von Vätern und Müttern genutzt werden. Für Arbeitnehmer, deren Kinder ab dem 1. Juli 2015 geboren wurden, gelten für die Elternzeit neue Richtlinien. Der Zeitraum des Elternzeitanspruchs bleibt mit 3 Jahren je Elternteil unverändert. Neuerdings kann die Elternzeit aber in drei Abschnitte unterteilt werden, ohne dass der Arbeitnehmer die Zustimmung des Arbeitgebers dafür einholen muss. Zuvor war lediglich eine Aufteilung in zwei Zeitabschnitte möglich. Außerdem besteht nun die Möglichkeit, einen Teil der Elternzeit (maximal 24 Monate) bis zum 8. Lebensjahr des Kindes zu nehmen. Auch hierfür bedarf es der Zustimmung des Arbeitgebers nicht.

Für die Planungssicherheit des Arbeitgebers gilt weiterhin, dass sich Arbeitnehmer bei einem Elternzeitantrag für die ersten 2 Jahre nach der Geburt des Kindes verbindlich festlegen müssen. Werden weniger als 2 Jahre beantragt und ist dann eine Verlängerung auf bis zu 2 Jahre gewünscht, muss der Arbeitgeber seine Zustimmung erteilen. Eine Ablehnung muss er jedoch betrieblich begründen können.

Ein Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung besteht während der Elternzeit, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin länger als 6 Monate in einem Betrieb mit mehr als 15 Mitarbeitern beschäftigt ist und die Verringerung der Arbeitszeit 15 bis 30 Stunden wöchentlich beträgt. Der Arbeitgeber kann den Anspruch auf Teilzeitarbeit nur ablehnen, wenn dringende betriebliche Gründe entgegenstehen. In der Praxis ist diese Begründung nur selten durchsetzbar.

Fachkräfte halten

Arbeitgeber, aber auch Arbeitnehmer haben bei Mutterschutz und Elternzeit diverse Rechte und Pflichten zu beachten. Mit genauer Kenntnis der Möglichkeiten und Anforderungen und konstanter Kommunikation können beide Seiten diese Zeit gestalten. Flexible Arbeitszeitgestaltung, Zuschüsse zur Kinderbetreuung oder betriebsinterne Angebote und individuelle Lösungen helfen dabei, qualifizierte Fachkräfte auch nach Mutterschutz und Elternzeit im Unternehmen zu halten. Beratung zu Gestaltungsmöglichkeiten sowie Rechten und Pflichten bieten beispielsweise Unternehmensverbände wie der AGA Unternehmensverband.

 

— Quandao Wallbruch —

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ZUR AUTORIN

Rechtsanwältin Quandao Wallbruch
AGA Norddeutscher Unternehmensverband
Großhandel, Außenhandel, Dienstleistung e.V.
Im AGA sind mehr als 3.500 überwiegend mittelständische Groß- und Außenhändler sowie unternehmensnahe Dienstleister aus Norddeutschland organisiert. Der AGA unterstützt in Unternehmens- und Personalführung sowie in allen arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Fragen. Ferner vertritt der AGA die branchen- und firmenspezifischen Belange seiner Mitglieder gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit. www.aga.de

Bildquellen

  • Wallbruch_Quandao_2016: Ulrich Perrey / AGA Unternehmensverband
  • fotolia_63684483_xs_2: fotomek / Fotolia
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