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Wenn das Nichtbezahlen von Dienstleistern zur Masche wird …

Offene Rechnungen und Forderungsausfälle in Kreativunternehmen erreichen einen enormen Umfang. Auftraggeber lassen Fotos und Werbefilme produzieren, Websites gestalten oder nehmen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in Anspruch – nicht selten offenbar mit dem Vorsatz, die professionellen Leistungen erst gar nicht zu bezahlen.

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Offene Rechnungen und Forderungsausfälle in Kreativunternehmen erreichen einen enormen Umfang. Auftraggeber lassen Fotos und Werbefilme produzieren, Websites gestalten oder nehmen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit in Anspruch – nicht selten offenbar mit dem Vorsatz, die professionellen Leistungen erst gar nicht zu bezahlen.

Kleinunternehmen, Kultur- und Kreativschaffende haben kaum Möglichkeiten, sich vor Zahlungs-Unwilligen zu schützen – erst recht nicht, wenn das Prellen zur Masche des vermeintlichen Auftraggebers gehört. Oft zieht so eine Klientel alle Register, um die Beitreibung offener Forderungen zu verhindern. Die Auftragnehmer stehen dann mit der Geltendmachung ihrer Ansprüche erst einmal alleine da. Inkassounternehmen oder auch Berufsverbände können helfen, Forderungen durchzusetzen.

Auch erfahrene Dienstleister sind vor Forderungsausfällen nicht gefeit

Aber selbst vorsichtige und erfahrene Dienstleister sind vor Forderungsausfällen nicht gefeit. Man ist im Geschäft immer darauf angewiesen, dass beide Parteien in der Geschäftsbeziehung ihr Wort halten. Ist das dann nicht der Fall, sind die Möglichkeiten für den Geschädigten begrenzt. Das Risiko, leer auszugehen, ist hoch und oft bleibt der Dienstleister auf seinen Kosten sitzen.

Vor diesem Hintergrund wundert der Erfolg der Internetseite: „Wo bleibt mein Honorar?“ nicht. Hier können Kultur- und Kreativschaffende ihren Forderungsausfall bekannt machen. Leider erfährt die Branche auf der Seite nicht die Namen der Nichtzahler. So können diese Unternehmen immer weiter agieren.

„Ich bin schon viele Jahre im Bereich PR & Öffentlichkeitsarbeit tätig“, erzählt Christa Jäger-Schrödl, die Inhaberin der PR-Agentur FutureConcepts. „Trotzdem habe ich mich von einem Unternehmer, der sich anscheinend darauf spezialisiert hat – nicht zu bezahlen – prellen lassen.“ Sie schildert die Geschichte so: Über Xing meldete sich ein Herr K. bei ihr und erklärte, er brauche ihre Hilfe bei der Bekanntmachung seines neuen Concierge-Service, der als Dienstleister für „Ultrareiche“ an den Start gehe. Es sei alles sehr eilig, da eine Veranstaltung bevorstehe und Christa Jäger-Schrödl ließ sich durch den Zeitdruck antreiben: „Da meine Pressemitteilungen auf Anhieb gefielen, stellte ich einen großen Presseverteiler zusammen, qualifizierte ihn und meine Texte gingen in die Verbreitung.“ Die PR-Frau beauftragte im Namen des in Berlin ansässigen K. dann auch noch die Übersetzung der Texte.

Als der Auftraggeber sich zusätzlich noch einen Werbetrailer wünschte, empfahl sie einen jungen und kreativen Filmemacher, Alexander Nees von Reaktor. Und auch der Filmemacher ließ sich unter dem Zeitdruck des Auftraggebers zur Lieferung vor Bezahlung überreden. Der Trailer löste wahre Begeisterungsstürme bei Herrn K. aus. Alles schien super zu laufen, nur die Bezahlung kam nie an. „Auf mehrfache Rückfragen wurde ein Zahlungs-Avis gemailt“, so Jäger-Schrödl weiter. „Dieses sah etwas seltsam aus, aber wir verließen uns erst einmal darauf. K., der vorgeblich auch international mit einer in Miami USA ansässigen Inc. tätig ist, erklärte, dass das Geld von da käme und deshalb eine Verzögerung möglich sei. Nach mehrfachem Nachhaken löste er die Zusammenarbeit auf und drohte mit einer Verleumdungsklage, sollten wir unsere Erfahrung mit seinen Zahlungsgewohnheiten öffentlich machen.“

Nach einiger Recherche fand Jäger-Schrödl noch weitere Betroffene. „Inzwischen bin ich fest davon überzeugt, dass K. nie vorhatte, einen von uns zu bezahlen!“ Mit seiner raffinierten Vorgehensweise, einer Überrumpelungstaktik durch Zeitdruck, habe er alle beteiligten Dienstleister zur Auftragsannahme bewegt. Jeder Kreative und PR-Schaffende habe natürlich Interesse an Neukunden. Und diese Dienstleistermentalität habe alle bewogen, erst einmal zu arbeiten statt über den Auftraggeber zu recherchieren.

Inzwischen haben sich fünf Auftraggnehmer aus mehreren Bundesländern – alles Geschädigte von K. – zusammengetan und die Staatsanwaltschaft informiert. „Die offensichtlich nicht bankerstellten Zahlungsbestätigungen, haben uns zu diesem Schritt bewogen“, so Jäger-Schrödl weiter. „Wir machen dieses Beispiel nun öffentlich, um andere Kollegen zur Vorsicht zu mahnen.“

Das Gute aus der Geschichte: Die Gruppe überlegt einen Verband für Kreative & PR-Schaffende zu gründen, um sich im geschlossenen Rahmen austauschen zu können.

 

Christa Jäger-Schrödl

Bildquellen

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