Im vorliegenden Fall hatte ein angestellter Lehrer aus Bremen geklagt, der kurz vor Erreichen der Regelaltersgrenze die Weiterbeschäftigung beantragte. Die Stadt Bremen erklärte sich zunächst damit einverstanden, ihn befristet bis zum Ende des Schuljahres 2014/2015 weiter zu beschäftigen. Den darauffolgenden Verlängerungsantrag bis zum Ende des Schuljahres 2015/2016 lehnte sie jedoch ab. Mit der daraufhin erhobenen Klage machte der Lehrer geltend, die Befristung der gewährten Verlängerung des Arbeitsverhältnisses verstoße gegen Unionsrecht.
Das Landesarbeitsgericht Bremen als Vorlagegericht wies darauf hin, dass § 41 Satz 3 SGB VI die Möglichkeit enthalte, den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch über die Regelaltersgrenze hinauszuschieben, sofern die Voraussetzungen vorliegen. Dort heißt es: „Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben.“
Regelung verstößt nicht gegen das Altersdiskriminierungsverbot
In einer Vorabentscheidung wollte das Landesarbeitsgericht also vom EuGH wissen, ob die deutsche Regelung mit dem unionsrechtlichen Verbot der Diskriminierung wegen des Alters in der Gleichbehandlungsrahmenrichtlinie 2000/78/EG und mit der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (zur Verhinderung von Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge) vereinbar ist.
Der EuGH entschied, dass die Regelung aus § 41 Satz 3 SGB VI nicht gegen das Altersdiskriminierungsverbot verstoße, also keine Benachteiligung von Rentnern gegenüber Personen, die dieses Alter noch nicht erreicht haben, darstelle. Soweit ein Arbeitsvertrag eine Klausel zur Regelaltersgrenze beinhalte, endet das Arbeitsverhältnis mit Erreichen dieser Altersgrenze. Dazu stelle § 41 Satz 3 SGB VI eine Ausnahme vom Grundsatz der automatischen Beendigung des Arbeitsvertrags dar. Erforderlich sei dafür die Zustimmung beider Vertragsparteien, so die Luxemburger Richter.
Keine systematische Prekarisierung der Lage der Arbeitnehmer
In Bezug auf die Rahmenvereinbarung über befristete Verträge bezweifeln die Richter, dass die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses hier als Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge angesehen werden könne. Es erscheine nämlich nicht ausgeschlossen, sie als bloße vertragliche Verschiebung des ursprünglich vereinbarten Rentenalters aufzufassen. Eine systematische Prekarisierung der Lage der Arbeitnehmer sei hier nicht zu sehen, sofern die Arbeitnehmer in den Genuss einer abschlagsfreien Rente kämen und die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses generell zulässig ist.
Zudem befindet sich ein Arbeitnehmer, der das Regelalter für den Bezug der gesetzlichen Altersrente erreicht, am Ende seines Berufslebens und könne nicht damit rechnen, einen unbefristeten Vertrag zu bekommen. Des Weiteren unterscheide er sich hinsichtlich seiner sozialen Absicherung von anderen Arbeitnehmern. Schließlich sei bei der Verlängerung des Arbeitsverhältnisses gewährleistet, dass der Arbeitnehmer zu den ursprünglichen Bedingungen weiterbeschäftigt werde und zeitgleich den Anspruch auf eine Altersrente behalte.
— Quandao Wallbruch —
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Rechtsanwältin Quandao Wallbruch
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