Sieht der Arbeitsvertrag eine Probezeit von längstens sechs Monaten vor, kann das Arbeitsverhältnis gemäß § 622 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Anders liegt der Fall jedoch, wenn in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag in einer weiteren Klausel eine längere Kündigungsfrist festgelegt wird, ohne unmissverständlich deutlich zu machen, dass diese längere Frist erst nach dem Ende der Probezeit gelten soll. Dies ist vom Arbeitnehmer regelmäßig dahin gehend zu verstehen, dass der Arbeitgeber schon während der Probezeit nur mit der vereinbarten längeren Frist kündigen kann. Das Bundesarbeitsgericht entschied dies mit Urteil vom 23. März 2017.
Vereinbarung im Arbeitsvertrag
In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall war ein Arbeitnehmer seit April 2014 bei seinem Arbeitgeber als Flugbegleiter beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag, den der Arbeitgeber vorformuliert hatte, war in § 1 pauschal bestimmt, dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach einem Manteltarifvertrag richten. Dieser sah während der Probezeit besondere Kündigungsfristen vor. In § 3 des Arbeitsvertrags war unter der Überschrift „Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses“ vorgesehen, dass die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses als Probezeit gelten. In § 8 des Vertrags, der mit „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ überschrieben war, war ohne Bezugnahme auf § 1 oder § 3 des Vertrags festgelegt, dass eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende gelte.
Am 5. September 2014 erhielt der Mitarbeiter eine Kündigung zum 20. September 2014. Er begehrte daraufhin vor Gericht die Feststellung, das Arbeitsverhältnis habe erst mit Ablauf der in § 8 des Arbeitsvertrags vereinbarten Frist und damit zum 31. Oktober 2014 geendet. Aus dem Vertrag ergebe sich nicht, dass innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses eine kürzere Kündigungsfrist gelten solle. Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hatte auf die Berufung des Arbeitnehmers das Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben.
Bestimmungen im vorformulierten Arbeitsvertrag als Allgemeine Geschäftsbedingungen
Vor dem Bundesarbeitsgericht unterlag der Arbeitgeber. Das Gericht wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass die Bestimmungen des von der Beklagten vorformulierten Arbeitsvertrags als Allgemeine Geschäftsbedingungen so auszulegen seien, wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht. Aus Sicht eines solchen Arbeitnehmers ließe eine Vertragsgestaltung wie die im Arbeitsvertrag der Parteien nicht erkennen, dass dem Verweis auf den Manteltarifvertrag und der Vereinbarung einer Probezeit eine Bedeutung für Kündigungsfristen zukomme. Nach Wortlaut und Systematik des Vertrags sei vielmehr allein die Bestimmung einer sechswöchigen Kündigungsfrist maßgeblich. Diese Frist gelte auch für Kündigungen in der vereinbarten Probezeit.
– Rechtsanwältin Michaela Hofbauer —
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Rechtsanwältin Michaela Hofbauer
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