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Wunder gibt es immer wieder

Wem kann man im Zeitalter von Fake News eigentlich noch glauben? Im Mittelalter musste man Eideshelfer beibringen, um einen Sachverhalt zu beglaubigen. Eigentlich kein schlechtes Konzept.

Susan Tuchel

Wem kann man im Zeitalter von Fake News eigentlich noch glauben? Im Mittelalter musste man Eideshelfer beibringen, um einen Sachverhalt zu beglaubigen. Eigentlich kein schlechtes Konzept.

Nehmen wir doch zum Beispiel das Mysterium der unbemerkten Schwangerschaft. Hat man schon oft gelesen und als Nonsens abgetan, bis es sich jüngst in meinem näheren Umfeld ereignete. Und alle Beteiligten inklusive der frischgebackenen Mama schwören Stein und Bein, nichts bemerkt zu haben.

Die Entbindung fand ganz klassisch im häuslichen Badezimmer statt. Die Kleine ist wohlauf. Dass sie so ruhig und ausgeglichen hat, führen ihre Verwandten nun darauf zurück, dass sie von Vorsorgeuntersuchungen und Ultraschall unbehelligt blieb.

Bei weitem die meisten bezeugten Wundererzählungen kenne ich jedoch von der makrobiotischen Enklave „Cuisine et Santé“  am Fuße der Pyrenäen, 100 Kilometer südwestlich von Toulouse. Seit fast vierzig Jahren kommen Menschen aus aller Welt hierhin, um sich makrobiotisch zu ernähren.

Die Makrobiotik, die (Ernährungs)Lehre vom langen Leben, ist auf den Ausgleich von Yin und Yang bedacht. In zehn Tagen wird hier das Blut erneuert, nur mit der richtigen Kost. Morgens gibt es Reiscrème (frischgemahlener Reis gekocht mit Wasser und ein wenig Salz), mittags und abends gibt es Reis oder anderes Getreide, gekochtes Gemüse und stets Suppe.

Vegan geht auch

Ich esse gerade mit und mein Körper stellt sich um. Kein Zucker, kein Kaffee, keine tierischen Produkte. Er dankt es mir zunächst mit Kopfschmerzen, gefolgt von Nierenschmerzen und Magendrücken, aber sonst fühle ich mich blendend.

Franzosen, Spanier, Italiener, drei Chinesen ohne Kontrabass und zwei Kibbuzim-Bewohner aus Israel erzählen bei den Mahlzeiten, was die Makrobiotik alles kann und jeder weiß von jemandem zu berichten, der von einer oftmals schweren Krankheit geheilt wurde. Dummerweise neigen Nichtschwerkranke zurückgekehrt in heimische Gefilde nach mehr oder weniger kurzer Zeit zur Inkonsequenz. „Dieses Essen hier schmeckt mir, aber anderes auch“, brachte es die Israelin auf den Punkt.

Ich halte das hier locker durch und hoffe insgeheim, dass sich neben ein, zwei Pfunden auch mein Tinnitus sang- und klanglos verabschiedet. Das wäre mitnichten ein Wunder, aber angenehm.

Anders liegt der Fall bei Friedrich. Er gehört zu den 0,5 Prozent Kindern, die Epileptiker sind. Bis zu 80 Anfälle am Tag hatte der damals Vierjährige, als seine Großmutter vor sechs Jahren mit ihm zu „Cuisine et Santé“ fuhr. Dort bekam er alle 15 Minuten ein paar Tropfen Tamari und war nach der Kur vier Monate anfallsfrei. Friedrich ist wieder da, er weiß, dass er nichts essen soll, was Yin ist, also eigentlich keinen Apfel und erst recht keine Birne. Wobei er das eigentlich nicht so genau weiß, weil er alles vergisst, was kurz vor einem Anfall war. Gestern hatte er seinen ersten Anfall hier. Er hatte einen Ausflug in die kalten Berge gemacht und anschließend die Haare gewaschen. Das war zu viel Yin für ihn.

Leben lernen

Von seinem Vater, einem Mediziner, erfahre ich, dass Yin und Yang viel mehr ist als ausgewogene Ernährung. Die makrobiotische Lehre, die man hier in täglichen Konferenzen eingetrichtert erhält, gilt dem Wunder des gesunden Lebens. Mit der Ernährung kratzt man erst an der Spitze des Eisbergs, aber für das eine oder andere Wunder reicht das schon.

So sollen z. B. Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch nach einem Aufenthalt hier schwanger geworden sein. Das nehmen die Anhänger der makrobiotischen Lehre jedenfalls auf ihren Eid.

 

Susan Tuchel

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