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Dr. Vera-Kristin Grundmann: „Unternehmen profitieren vom Coaching“

In jedem Fall muss zwischen einem Klienten und seinem Coach die Chemie stimmen, ist Dr. Vera-Kristin Grundmann von GrundmannConsulting überzeugt. Sie ist zertifizierter Business-Coach, Dozentin an mehreren Hochschulen und zudem Präsidentin der Manager Lounge Düsseldorf. Im Interview mit ruhr.business-on.de erläutert sie, wie man einen passenden Coach für sich findet und warum sich Coaching auch aus ökonomischen Gründen lohnt.

Dr. Vera-Kristin Grundmann

ruhr.business-on.de: Sind Coaches nur eine Modeerscheinung?

Dr. Grundmann: Viele Leute, die früher im Trainingsbereich unterwegs waren, lehnen sich heute gerne an die Coaching -Szene an, denn der Begriff ist ein Türöffner und zudem ungeschützt. Ein „Coach“ ist derzeit sicher eher en vogue als ein „Trainer“. In diesem Sinne ist es sicher eine Modeerscheinung. Andererseits jedoch – und ich glaube, da ist es keine Modeerscheinung mehr – sind gerade auch Manager heute viel eher dazu bereit, in bestimmten Bereichen durchaus Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

ruhr.business-on.de: Was unterscheidet einen „zertifizierten Coach“ von den anderen?

Dr. Grundmann: Es gibt leider noch keine einheitlich festgelegten Qualifizierungsstandards in dieser Branche. Wer seine Qualifizierung also herausstellen will, sollte mindestens 200-300 Ausbildungsstunden bei einem renommierten Institut nachweisen können und natürlich über entsprechende Praxiserfahrung verfügen. Wenn ich das zum Maßstab mache, scheidet sicher schon ein Großteil der auf dem Markt aktiven Coaches aus. Wer qualifiziert coachen will, braucht nun einmal Methodenkompetenz. Und die erwirbt man sich nur über eine qualifizierte Ausbildung.

ruhr.business-on.de: Wie finde ich den richtigen Coach für mich?

Dr. Grundmann: Ein Weg führt natürlich über die Verbände. Man lässt sich eine Liste von entsprechenden Institutionen oder registrierten Coaches zukommen. Größere Firmen machen dagegen häufig eine Ausschreibung und lassen sich Bewerbungen zukommen, die dann nach zuvor festgelegten Kriterien beurteilt werden. Für diese Unternehmen ist ganz klar, dass ein Dienstleister, der bei Ihnen coachen will, auch ihren internen Qualifizierungsprozess durchlaufen muss. Neben der Ausbildung des Coaches spielt dann natürlich auch sein Coaching-Schwerpunkt, sein Erfahrungsspektrum, eventuelle Zusatzqualifikationen und individuelle Besonderheiten eine Rolle.

Persönliche Ebene zwischen Coach und Klient muss stimmen.

ruhr.business-on.de: Welche Kriterien finden Sie wichtig?

Dr. Grundmann: Abgesehen von der Kompetenz , muss vor allem die persönliche Ebene zwischen Coach und Klient im Einklang sein. Man muss zusammenarbeiten wollen. Um wirklich erfolgreich zu coachen, muss die Chemie stimmen. Es geht schließlich auch um ein persönliches Verhältnis. Wer sich coachen lassen will, muss für sich die Frage beantworten, ob er sich diesem Menschen gegenüber öffnen möchte. Denn man berührt durchaus auch sehr persönliche Bereiche. Deswegen empfehle ich immer am Anfang ein unverbindliches Treffen von ein bis zwei Stunden, ohne dass dem Klienten dafür Kosten entstehen. So lässt sich von beiden Seiten unbefangen abklären, ob man miteinander arbeiten möchte und kann.

ruhr.business-on.de: Sie nennen sich selbst Business-Coach.

Dr. Grundmann: In einem Markt, der viele Anbieter hat, ist das sicherlich ein Differenzierungsmerkmal. Als Business-Coach bringe ich zwei Dinge mit: Coachingkompetenz sowie aus eigener Anschauung als erfolgreiche Managerin auch die betriebswirtschaftliche Kenntnis. Ich kenne den Arbeitsalltag von Managern, kenne typische Problemstellungen, die organisatorische Strukturen und Karrierewege. Daraus kann ich dann natürlich gezieltere Fragestellungen entwickeln und so schnell zum Kern kommen.

Ein Coach, der von seiner Ausbildung her eher aus der Psychologie kommt, hat hier naturgemäß eine andere Vorgehensweise. Der Business-Coach fokussiert sich darauf, die Coaching-Kompetenz mit seinem Wissen über das Umfeld in der Wirtschaft so einzusetzen, dass Manager davon unmittelbar in ihrer täglichen Arbeit profitieren können. Lassen Sie mich ein Beispiel bringen: Ein Unternehmensgründer, der jetzt schon für 150 Mitarbeiter die Verantwortung trägt, empfand es als persönliche Belastung, die Expansion auch im Ausland fortzusetzen, da er die Risiken nicht so gut einschätzen konnte wie bisher im Inland. Hier galt es, den Unternehmer sowohl mental als auch inhaltlich die notwendige Sicherheit zu geben, so dass er überzeugend und erfolgreich das Wachstum auch unter den veränderten Bedingungen vorantreiben konnte.

Neuer Management-Stil durch Aufkauf von Private Equity Gesellschaften

ruhr.business-on.de: Welche Themen stehen aktuell besonders im Fokus?

Dr. Grundmann: In den letzten Jahren sind auch in Deutschland viele Unternehmen von Private Equity Gesellschaften aufgekauft worden. Dadurch werden die Unternehmen mit einem anderen Managementstil konfrontiert. Für die alt bekannten Managementstrukturen ist das gewöhnungsbedürftig. Selbst erfahrene Leute, die schon zwanzig oder dreißig Jahre in Führungspositionen sind und einen guten Job gemacht haben, fühlen sich in dieser völlig anderen Eignerstruktur plötzlich überfordert – das kann auf der fachlichen Seite sein, aber vor allem auch auf der menschlich-kommunikativen Seite. Der Umgangsstil im Unternehmen hat sich geändert und man erwartet von ihnen, dass sie sich anders verhalten und zum Beispiel eine neue Härte an den Tag legen. Da ist es sinnvoll, sich Unterstützung von außen zu organisieren, um in diesem neuen Umfeld die individuell geeigneten Verhaltensweisen zu finden.

Oft begleite ich auch Manager, die – obwohl sie einen hervorragenden Job gemacht haben – wegen Umstrukturierungen von einem Tag auf den anderen nicht mehr gebraucht werden. Damit muss man einerseits psychisch klarkommen, auch wenn die Kündigung von einem finanziell durchaus attraktivem Auflösungspaket begleitet ist. Und andererseits stehen sie plötzlich vor einer Aufgabe, die sie viele Jahre, teilweise sogar Jahrzehnte nicht mehr gemacht haben, nämlich ihr Kompetenzprofil am Markt „anzubieten“ oder sich eventuell sogar völlig neu aufzustellen und einen drastischen Wandel sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich zu vollziehen.

ruhr.business-on.de: Wo sehen Sie die Grenzen beim Coaching?

Dr. Grundmann: Die Grenzen müssen jeder Coach und jeder Coachee individuell für sich definieren. Für mich liegen sie da, wo das Gefühl entsteht, dass man mit seiner Fachkompetenz dem Klienten nicht weiterhelfen kann. Für mich persönlich wäre das beispielsweise dann gegeben, wenn ein Klient eine schwere psychische Störung mitbringt, die ärztliche Unterstützung braucht. Ich denke, es ist ein Gebot der Fairness dem Coachee gegenüber, dass man seine eigenen Grenzen aufzeigt und dann durchaus auch gemeinsam nach weiteren Partnern suchen kann. Eine zweite Grenze, die jeder Coach für sich definieren muss, liegt bei Themenbereichen, mit denen er sich selbst nicht beschäftigen möchte. Denn eines ist sicherlich klar: Die Themen eines intensiven Coachings beschäftigen einen Coach auch immer wieder über die eigentliche Coaching-Stunde hinaus.

Start-up-Coaching erfordert andere Herangehensweisen als die Arbeit in einem Großkonzern.

ruhr.business-on.de: Ist Business-Coaching nur ein Thema für große Unternehmen oder auch für Start-Ups und Einzelpersonen?

Dr. Grundmann: Ich denke, es kann für alle diejenigen eine sinnvolle Unterstützung sein, die sich helfen lassen wollen. Aber nicht für alle Situationen ist der gleiche Coach der richtige. Ein Start-up-Coaching erfordert andere Herangehensweisen als die Arbeit in einem Großkonzern. Im Rahmen eines Großkonzerncoachings sind die Themen häufig komplexer und erfordern mehr Zeit. Grundsätzlich gilt aber: Es gibt Coaches, die dazu neigen, einen Auftrag möglichst lange laufen zu lassen. Ich finde es dagegen wichtig, dass der Coachee möglichst schnell wieder ‚unabhängig‘ vom Coach wird. Dabei hilft ein entsprechender Coachingplan, in dem von Anfang an das Ziel steht, die Phase der Unterstützung auch wieder beenden zu wollen, dass ein bestimmtes Ergebnis erzielt wird, mit dem der Coachee dann auch wieder allein agieren kann. Deshalb ist es auch ganz entscheidend, gleich am Anfang eine möglichst genaue Erarbeitung der eigentlichen Fragestellung und der Zielsetzungen des Coachings gemeinsam mit dem Klienten vorzunehmen.

ruhr.business-on.de: Wie profitiert ein Unternehmen von einem Business-Coach?

Dr. Grundmann: Wenn es einem Klienten gelingt, im Coaching seine Leistungsbeeinträchtigung zu überwinden und zu seiner vollen Leistungsfähigkeit zurück zu kommen, ist klar, dass auch das Unternehmen davon profitiert. Deswegen lohnt sich ein gutes Coaching immer auch unter rein ökonomischen Gesichtspunkten. Außerdem kann es im Verlauf eines Coachings zusätzlich zu einer Teamverbesserung im gesamten Umfeld des Individuums kommen, ein Gewinn also, mit dem vorher oft gar keiner gerechnet hat.

ruhr.business-on.de: Holt man Sie meistens erst, wenn das Kind schon in den Brunnen fällt?

Dr. Grundmann: Als Coach freut man sich natürlich, wenn man früher gerufen wird. Dann muss man weniger Zeit damit verbringen, um erst einmal herauszufinden, wie es überhaupt zu der vorgefundenen, zumeist etwas unerfreulichen Situation gekommen ist. Fakt ist aber, dass bestimmt 80 Prozent der Klienten erst dann kommen, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Und da kann man nur hoffen, dass der Brunnen nicht allzu tief ist. In den meisten Unternehmen gibt es Leistungsbeurteilungen, die mehr oder weniger intensiv und qualitativ gut durchgeführt werden. Erwartet ein potenzieller Klient zum Beispiel eine negative Beurteilung, kann er dieser noch entgegen wirken, wenn er bereits bei den ersten Signalen aktiv wird und sein Verhalten mit Hilfe eines Coachings verbessert. Da helfen oft schon wenige Beratungsstunden, um einen dauerhaften „Brunneneffekt“ zu vermeiden, der womöglich den weiteren Karriereweg negativ beeinflusst.

Ein anderer klassischer Fall ist die Integration beispielsweise bei Fusionen. Für die finanzielle Abwicklung und die juristische Seite wird dabei immer viel Zeit eingeplant. Sich darüber Gedanken zu machen, wie man die Menschen zusammenbringt, fällt dabei leider noch oft ganz unter den Tisch oder wird nur propagandistisch als Aufgabe der internen Kommunikation behandelt. Und dann knallt es drei bis sechs Monate später. Dann prallen die unterschiedlichen Kulturen und Erwartungen im Alltag der fusionierten Gesellschaft aufeinander. Es kommt zu Enttäuschungen, Karrieren werden durcheinander gewürfelt etc. Viel sinnvoller wäre es, wenn man sich im Vorfeld mit dem Personalbereich zusammensetzen würde – nicht nur, um zu schauen, welches Management-Potenzial vorhanden ist, sondern auch wie die einzelnen Menschen sinnvoll integriert und eingesetzt werden können.

Hemmschwelle für Coaching liegt vor allem auf der Kostenseite.

ruhr.business-on.de: Welche Hemmnisse gibt es, einen Coach frühzeitig oder überhaupt zu beauftragen?

Dr. Grundmann: Die Hemmnisse liegen sicherlich auf der Kostenseite. Das ist ganz klar. Da soll man für etwas zahlen, wofür man zu diesem Zeitpunkt vielleicht noch keine absolut zwingende Notwendigkeit sieht. Der zweite Punkt ist sicherlich immer noch das Prinzip: Das Personal kommt zuletzt. Das sagt zwar niemand offen. Davon sind aber gerade Mergersituationen vielfach geprägt. Speziell dann, wenn die Entscheider zwar die finanziellen und strategischen Themen des „Deals“ vollständig beherrschen, aber die Probleme, die auf der Personalebene entstehen (können), nicht beachten oder nicht wahrnehmen (wollen).

Ansonsten liegen Hemmnisse sicher auch in der herkömmlichen Herangehensweise, dass man Probleme als „gestandene Manager“ eben allein löst und nicht „unnötig“ aufbauscht. Da hilft natürlich, dass heute bereits auch bekannte Top-Manager mit Coaches arbeiten. Und dann muss der Klient natürlich das Thema, das ihn innerlich beschäftigt als so wichtig erachten, dass er auch bereit ist, dafür Geld auszugeben.

ruhr.business-on.de: Wem fällt es leichter zu Ihnen zu kommen, Frauen oder Männern?

Dr. Grundmann: Frauen tun sich leichter, sobald sie erst einmal in der Coaching-Situation sind. Sie finden dann eher den Zugang auch zu den persönlichen Themen, die häufig in die betrieblichen Fragestellungen mit hineinspielen. Den Schritt ins Coaching zu gehen, ist für sie allerdings schwieriger. Denn noch sind sie im Management in der Minderheit und werden kritischer beäugt. Deshalb wollen sie nicht durch ein „Problem“ auffallen. Insofern tun sich Männer leichter. Sie kommen mit einer fachlichen Aufgabenstellung ins Coaching, mit einem sachlichen Problem und haben nicht das Gefühl, dass das etwas mit einem persönlichen Thema zu tun hat. Im Coaching fällt es ihnen dann aber meist schwerer, auch die persönliche Ebene anzusprechen, obwohl gerade da vielleicht die Lösung für die aufgetretenen Probleme liegt.

 

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