Klar: Auch der beste Wanderführer nützt nichts, wenn das gelbe Haus, an dem es nach der Hälfte des Weges nach links den Hang hinauf gehen soll, seit Drucklegung des Buches komplett rot gestrichen wurde. Oder, noch schlimmer, wegen akuter Baufälligkeit dem Bagger zum Opfer fiel. Das war’s dann erstmal mit der unverwechselbaren Wegmarke – und das Verlaufen ist vorprogrammiert.
Wandern ohne GPS – geht das?
Ähnlich ergeht es Jenen, die im Dickicht des Waldes längere Zeit den Kontakt zum GPS-Sender verlieren. Entweder irren sie dann orientierungslos in eine selbst gewählte (und vermutlich falsche) Richtung. Oder sie warten, bis ihr Navi wieder Signale empfängt. Da sie sich dabei in der Regel nicht bewegen und damit auch nicht aus dem Funkloch herauskommen, kann dieses Warten ebenso langwierig wie nervtötend sein. In der Not bleibt dann zumindest noch der Rückweg – wenn sie denn auch ohne Navi wissen, wo sie hergekommen sind…
Geradezu bewundernswert sind jene Wanderer, die die geplante Strecke zu Hause gecheckt und sich nur die Ziffern und Buchstaben der Wegmarkierung gemerkt haben. Motto: Wo ein Zeichen ist, da ist auch ein Weg.
Erfahrene Wanderer wissen, dass die Markierung an Bäumen nicht immer logischen Gesetzen folgt. So haben wir schon auf verschiedenen Touren erlebt, dass Wegzeichen größtenteils nur in einer Laufrichtung aufgepinselt waren. Lief man die Strecke in der umgekehrten Richtung, waren viele Markierungen schlicht nicht zu sehen.
Der gut gemeinte Vorschlag eines Mit-Wanderers, man könne die Strecke dann einfach rückwärts gehend bewältigen, ist eine Überlegung wert, in der Praxis jedoch völliger Humbug. Was, wenn jeder in seiner Richtung rückwärts läuft und die Wanderer sich dann über den Haufen laufen…?
Ein herausragendes Beispiel für flächendeckende Wegmarkierung in allen Richtungen ist der Neanderlandsteig. Gefühlt an jedem zweiten Baum leuchtet das knallrote Schild und verheißt: Ja, hier bist du richtig!
Rätsel gibt jedoch die Wegführung des Steigs auf. Hier wurde anscheinend jeder Weg und jede Strecke, die bei drei nicht auf dem Baum war, erfasst, markiert und mitgezählt. So mutieren Feldwege und Asphaltstrecken, auf denen früher zu Recht niemand spazieren ging, plötzlich zu Teilstücken des Neanderlandsteigs.
Dass viele Bereiche in diesem Jahr optimiert und neu geführt werden, spricht allerdings für die außergewöhnliche Qualität dieses Steigs. Und er lässt sich tatsächlich ohne Navi, App, Karte oder Wanderführer begehen. Man sollte nur keine Rot-Grün-Schwäche haben…
Wolfram Lotze
