Warum berichtet die Presse nicht über mein Unternehmen? Diese Frage stellt sich insbesondere der Mittelstand. Presseinfos zum neusten Produkt oder über das zehnjährige Betriebsjubiläum verhallen ungedruckt. PR-Experte Roger Homrich zeigt, warum Presseinfos von Unternehmen meist nicht in der Zeitung, sondern im Papierkorb des Redakteurs landen, und was beim Umgang mit Redaktionen zu beachten ist.
Die Presseinfo – Teil 1: Fakten statt Wortgeklingel
SPAM lautet Neuenglisch der Begriff für die Flut ungebetener Post, die unsere E-Mailkonten verstopft. Nichts anderes als Spam sehen viele Journalisten in der Masse der Pressemitteilungen, die Tag für Tag als E-Mails, Faxe oder Briefe in den Redaktionen landen. Absender sind vor allem Unternehmen. Sie hoffen auf einen Bericht über ihr neustes Produkt, das Betriebsjubiläum oder den neuen Vertriebsleiter.
Von sich reden machen
Ihr Wunsch ist verständlich. Hat doch schon Sigmund-Freud-Neffe und PR-Vater Edward Bernays Anfang des 20. Jahrhunderts postuliert: Lob aus drittem und berufenem Munde ist besser als jede eigene Reklame. Was die Presse über das Unternehmen schreibt, klingt glaubwürdiger und ist besser als jede Anzeige. Zudem schlagen Anzeigen um ein Vielfaches in der Kasse zu Buche als eine Pressemitteilung. Doch allzu häufig geraten die journalistischen Selbstversuche zu Stilblüten, die auf den Redaktionstischen verwelken. Nur ein Beispiel aus der Meldung eines Softwarehauses:
„Mit innovativen Lösungen, Spitzenqualität und bestem Preis-Nutzen-Verhältnis Maßstäbe in seiner Branche setzen – das ist das Credo des Automobilzulieferers Schmitz & Söhne. Mit dem System XY von Schnell & Partner hat er nun eine Software-Lösung eingeführt, die ebenfalls diesen Kriterien entspricht. Ziel ist es, durch automatisierte Rechnungseingangsbearbeitung die Verwaltung noch effizienter zu gestalten und die Erfolgsgeschichte des Unternehmens auch in Zukunft fortzusetzen.“ (Namen wurden verändert)
Was haben Sie nach einmaliger Lektüre davon behalten? Abgesehen vom Stil – haben Sie je einen Zeitungsbericht gelesen, der so geschrieben wäre? Innovative Lösungen! Spitzenqualität! Bestes Preis-Nutzen-Verhältnis!! Welche Neuigkeiten. Der Enthusiasmus des Autors in allen Ehren, aber er gehört in keine Zeitung und ebenso wenig in eine Presseinfo an Zeitungsredakteure. Warum nicht?
News is what´s different
News is what´s different, sagen die Engländer. Journalisten schreiben für ihre Leser. Diese erwarten Neuigkeiten, Hintergründe, eine Auswahl aus der Informationsflut oder, wie es Focus-Chef Markwort auf den Punkt gebracht hat: Fakten, Fakten, Fakten. „Innovativ“ und „Spitzenqualität“ sind keine Tatsachen, sondern Werturteile. Der Journalist schreibt unter Umständen darüber, was ein Produkt leistet. Ob das herausragend oder durchschnittlich ist, bleibt jedoch dem Urteil des Lesers überlassen. Die Presseinfo muss den Redakteur davon überzeugen, dass ein Thema wichtig für sein Publikum ist. Doch Überzeugung braucht Argumente. Bei der täglichen Flut an Presseinfos wendet der Redakteur für jede Mitteilung meist nur wenige Sekunden (!) auf, um zu entscheiden, was interessant ist. Einige Sekunden – das ist gerade einmal die Überschrift. Wenn darin eine kryptische Produktbeschreibung und Wortschwall à la „effizient“ und „dynamisch“ steht, landet die Presseinfo im Altpapier.
Der Küchenzuruf
Denken Sie daran: Wenn Sie Pressemitteilungen erstellen, schreiben Sie für den Redakteur. Im besten Fall ist Ihre Meldung so verfasst, dass er sie kaum noch redigieren muss. Nachrichten und Meldungen sind dabei nach einem festen Muster aufgebaut. Die Hauptregel lautet: Das Wichtigste gehört an den Anfang. Henry Nannen, Gründer und über 31 Jahre Chefredakteur des Stern, prägte hierfür den Begriff des Küchenzurufs: Das Wichtigste einer Begebenheit sei das, was Sie Ihrer Frau in der Küche in einem Satz zurufen: „Schatz, hast du schon gehört,…?“ Im ersten Absatz beantwortet eine Nachricht darum komprimiert alle wesentlichen Fragen, die so genannten W-Fragen: Wer, Was, Wann, Wo, Wie, Warum?
Nicht umsonst ist Nachrichtenschreiben die beste Schreibschule für angehende Journalisten. Der formale Aufbau verlangt dem Schreiber hohes Können ab. Er muss kurz und sachlich formulieren und dabei ständig entscheiden: Was ist wichtig und soll nach vorne? In Presseinfos besonders beliebte Adjektive wie „effizient“, „innovativ“, „günstig“, „flexibel“ und „dynamisch“ sagen dagegen gar nichts aus. Schreiben Sie besser, warum etwas dieses Attribut verdient und überlassen Sie das Urteil dem Leser.
In der nächsten Ausgabe der PR-Kolumne erklärt Roger Homrich, wie Sie eine PR-Botschaft in das passende Thema verpacken, damit sie für die Presse interessant wird.
Infos zur Agentur PR Partner Köln finden Sie hier: www.prp-koeln.de
Roger Homrich