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Frank Lehrbass im Interview: Lebensqualität schlägt Lage bei Immobilien

Frank Lehrbass

Wenn es um den Wert einer Immobilie geht, wird oft die Immobilienweisheit „Lage, Lage, Lage“ herangezogen. Frank Lehrbass, Professor für Data Science an der FOM Düsseldorf, hat mit zwei Master-Studenten diese Behauptung für den Standort Düsseldorf untersucht. Susan Tuchel interviewte ihn zum soeben erschienenen eBook.

business-on: Die Veröffentlichung heißt etwas sperrig „Big Data basierte Analyse des Einflusses traditioneller und neuartiger Faktoren auf Mietpreise in Düsseldorf“. Wie geht man mit Big Data und Künstlicher Intelligenz (KI) an ein solches Thema heran?

Frank Lehrbass: Mit Hilfe von Yelp, Tripadvisor oder Google lässt sich diese Qualität objektscharf messen. Deshalb wurden je Objekt sämtliche Restaurants, Bankautomaten sowie Haltestellen in einem Umkreis von einem Kilometer ermittelt und Größen wie Distanz zu den Haltestellen, Bankautomaten und die mittlere Bewertung der Bars in der Nähe errechnet. Zusammen mit den traditionell verwendeten Parametern wie Größe der Wohnung und Ausstattung (Küche ja/nein) ergaben sich insgesamt 89 Faktoren, die die Marktmiete erklären können. Am relevantesten waren dabei die genannten Faktoren. Die Lage war nicht darunter, so dass wir zu dem Schluss gekommen sind, dass es besser „Lebensqualität“ statt „Lage“ heißen sollte.

business-on: Hat Sie das Ergebnis überrascht?

Frank Lehrbass: Einerseits ja, weil es so sehr der Immobilienweisheit widerspricht. Andererseits nein, weil ein solches Ergebnis schon von McKinsey für den Wohnungsmarkt in Boston festgestellt wurde und im Grunde mit der Immobilienweisheit grob die Lebensqualität avisiert wird. In unserer Untersuchung war auffällig, dass die Faktoren, welche die „Lebensqualität“ repräsentieren, im Vergleich zur „Lage“ dominanter sind. Die direktere Messbarkeit zahlt sich also aus. Dank Big Data kann man dieses Thema also nun genauer fassen.

business-on: Was sind weitere Anwendungen von Big Data Analytics für Düsseldorf?

Frank Lehrbass: In einer von mir betreuten Thesis hat ein Student die Erkennung von Straßenverkehrsschildern mit künstlicher Intelligenz untersucht und reale Schilder aus Düsseldorf zum Testen verwendet. Dabei zeigte sich die KI-Lösung erstaunlich robust gegen Verbiegungen der Schilder und Verschmutzungen etwa durch Aufkleber. Soweit die gute Nachricht. Die Schlechte ist, dass für diese für einen Menschen simple Aufgabe ein riesiger Aufwand gefahren werden muss. Das neuronale Netz hat 14,6 Mio. Parameter und sein ständiger Betrieb während einer Autofahrt kostet Energie. Karten für das Navi mit top gepflegten Schilderinformationen sind eine nachhaltigere Alternative.

business-on: Bei welchen Aufgaben müssen sich Menschen nicht fürchten durch KI ersetzt zu werden?

Frank Lehrbass: Natürlich hoffe ich in eigener Sache, dass KI den Beruf des Professors nicht überflüssig macht. Da ich überwiegend Anwendungen von Mathematik unterrichte, bin ich zumindest bzgl. meiner Lebenserwartung optimistisch. Kreative Berufe sind wohl auch weniger bedroht, sollten sich aber, wie es viele Künstler und Künstlerinnen tun, der digitalen Möglichkeiten bedienen wie etwa Pipilotti Rist oder ACUTE ART von Daniel Birnbaum. Mit Blick auf die erwähnte KI-Lösung ist das Thema Neural Style Transfer erwähnenswert. Es erlaubt Bilder im Stil eines bestimmten Künstlers nachmalen zu lassen. Berufe mit anspruchsvollen menschlichen Schnittstellen, wie z. B. Hebamme oder Leiter eines Ingenieurteams, müssen sich keine Sorgen machen. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 16.3.21 hatte der Autor Daniel Kehlmann bei der Nutzung von KI „nie das Gefühl eines Gegenübers“. Den Überblick, den ein Erzähler haben muss, hat die KI (noch) nicht. Faktisch kann Erzählen „nur für ein paar Sätze simuliert werden“.

 

Susan Tuchel

Susan Tuchel, Journalistin, Autorin und PR-Beraterin in Düsseldorf, nimmt gesellschaftliche Trends, politische und wirtschaftliche Entwicklungen ins Visier. Ihre Kolumne, mal sachlich und nüchtern, mal emotional oder scharfzüngig, erscheint exklusiv jeden ersten Montag im Monat bei business-on.

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