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Jamin-Kolumne: Demenz an der Düsseldorfer Straße

Auf einen Cappuccino: Die Jamin-Kolumne

Schon vor einige Jahren notierte ich mir einen interessanten Absatz aus einem Zeitungsbericht, der sich mit der Feinstaub-Belastung an unseren Straßen befasste: „Wir wissen, dass Feinstaubbelastung das Gehirn schädigt und konnten in unseren eigenen Studien zeigen, dass dadurch der Alterungsprozess beschleunigt werden könnte.“

Auch las ich, dass Menschen, die an vielbefahrenen Straßen wohnen, offenbar ein höheres Risiko haben können, frühzeitiger an Demenz zu erkranken. Die Hinweise stammten von der Düsseldorfer Neurowissenschaftlerin Svenja Caspers, die gemeinsam mit 500 Wissenschaftlern aus 23 Ländern daran forschte, wie der Lebensstil das Gehirn schädigen kann.

Düsseldorfer beim BVerfG

Jetzt haben mehrere Kläger aus Düsseldorf, München und anderen Städten vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gegen die Gesundheitsgefährdung durch Feinstaub und Stickstoffdioxid Klage erhoben. Sie fordern Schutz ihrer Gesundheit vor den Umweltbelastungen durch den Straßenverkehr.

Denn da, wo viele Autos fahren, wird auch viel gesundheitsschädlicher Feinstaub und Stickstoffdioxid produziert. Wieviel das beispielsweise vor meiner Haustür an der Düsseldorfer Straße 195 in meiner Lieblingswohnstadt Düsseldorf ist, hat mir die Stadtverwaltung auf Anfrage einmal vor einigen Jahren mitgeteilt.

16.000 Pkw am Tag

In der Mail der „Sachgebietsleitung Luftreinhaltung, Stadtklima und Lokale Agenda“ hieß es: „Die maßgeblichen Grenzwerte gemäß 39. BImSchV für Feinstaub (PM10) und Stickstoffdioxid (NO2) werden derzeit deutlich eingehalten.“

Der Grenzwert für den Jahresmittelwert für Stickstoffdioxid liege bei 40 μg/m3, rechnerisch ermittelt wurde ein Wert von 30 μg/m 3. Der Grenzwert für den Jahresmittelwert für Feinstaub liege ebenfalls bei 40 g/m3, berechnet wurde ein Wert von 22 μg/m3. Zugrunde gelegt wurden die aktuellen Verkehrszähldaten von etwa 16.000 Pkw am Tag.

Aktion der Umwelthilfe

Alles also kein Problem? Das habe ich mit Unterstützung der „Deutschen Umwelthilfe“ im Rahmen einer deutschlandweiten Aktion vor längerer Zeit selbst nachgemessen. Die Initiative wollte wissen, an welchen Straßen große Belastungen an Stickstoffdioxid sind. Dazu wurden Bürger aufgerufen, Messröhrchen an Kreuzungen anzubringen.

Ich machte das in meinem Lieblingswohnstadtteil Oberkassel im Bereich der Kreuzung Düsseldorfer Straße / Hectorstraße. Herausgekommen ist laut Mitteilung der „Deutschen Umwelthilfe“: „Der von Ihnen gemessene Standort lag bei einem Wert von: 28,3 µg NO2/m³.“

Gesundheitsgefahr-Straße

„Auch wenn der offizielle Grenzwert für Stickstoffdioxid in der Atemluft bei 40 µg/m³ liegt“, so teilte mir die Umwelthilfe mit, „gibt es eindeutige Hinweise darauf, dass bereits Konzentrationen ab 20 µg/m³ gesundheitsschädlich sind“.

Das ist natürlich für mich und meine Nachbarn keine gute Nachricht. Wir können also davon ausgehen, dass auf der Düsseldorfer Straße erhebliche Mengen von Feinstaub und Stickstoffdioxid ausgestoßen werden. Und absehbar ist nicht, dass die Stadt daran etwas ändern will.

WHO mit neuen Grenzwerten

Die Weltgesundheitsbehörde WHO empfiehlt inzwischen bei Feinstaub (mit Partikelgröße 2,5 Mikrometer / PM 2,5) einen Grenzwert von fünf Mikrogramm – vor meiner Haustür sind das 22! Bei Stickstoffdioxid liegt der WHO-Grenzwert nur noch bei 10 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft – vor meiner Haustür sind das 30!

Das „Ärzteblatt“ schrieb dazu: „Nach fünf Jahren Bearbeitung hat die Weltgesundheitsorganisation WHO ihre neuen Globalen Luftgüteleitlinien (Air Quality Guidelines, AQG) veröffentlicht. Im Fall von Stickstoffdioxid (NO2) hat sich die WHO für eine deutliche Absenkung um mehr als die Hälfte der bisher empfohlenen Werte entschieden.“

Ein Tempo 30 abgelehnt

Als ich im vergangenen Jahr bei der Stadtverwaltung anfragte, ob es – zur Begrenzung des Verkehrslärms – möglich ist etwa auf der Düsseldorfer Straße Tempo 30 einzuführen, wurde das mit einem freundlichen Schreiben und mit Bedauern abgelehnt. Was bedeutet das nun für unsere Zukunft an der Düsseldorfer Straße?

Ich sehe düstere Wolken über Düsseldorf. Offensichtlich nimmt unsere Stadtverwaltung in Kauf, dass ihre Bürger*innen durch Umweltbelastungen durch Pkws unter Umständen erheblich gesundheitlich geschädigt und u.a. möglicherweise schneller als notwendig zu Demenz-Patienten werden?!

Klage der Bewohner*innen

Ich verstehe natürlich, dass die Stadtverwaltung vor dem großen Problem steht, den anschwellenden Autoverkehr in den Griff zu bekommen. Aber meines Erachtens fehlt es hier wirklich noch an einem großen Wurf. Obwohl die Grünen, die ja Umweltschutz in Großbuchstaben auf ihre Fahnen schreiben,  mit der CDU gemeinsam regieren, macht der Umweltschutz in Düsseldorf keine großen Fortschritte.

Vielleicht sollten die Bewohner*innen der Düsseldorfer Straße ebenfalls vor dem Bundesverfassungsgericht klagen?! Wir müssen uns mehr um unseren Dreck vor der eigenen Haustür kümmern. Nicht nur um den Müll in den Rheinwiesen, sondern auch um den, den man nicht sieht. Das kommt dem Klimaschutz zugute, aber auch der eigenen Gesundheit.

Bleiben Sie fröhlich. Bis nächsten Freitag. Auf einen Cappuccino…

Ihr Peter Jamin

 

Peter Jamin (© Michael Seelbach)

Peter Jamin arbeitet als Schriftsteller und Journalist. Er veröffentlichte – neben Kolumnen und Artikeln – mehr als 30 Bücher zu gesellschaftlich relevanten wie unterhaltsamen Themen. Darüber hinaus arbeitete er als Autor und Regisseur von Fernsehdokumentationen und -serien. Etliche Bücher schrieb er als Ghostwriter prominenter Zeitgenossen. Mit seinem Schwerpunktthema „Vermisst“ befasst er sich seit rund 30 Jahren; unterhält auch ein „Vermisstentelefon“ zur Beratung von Angehörigen Verschwundener. Ausgezeichnet wurde Jamins Arbeit u.a. mit dem „GdP-Stern“ der Gewerkschaft der Polizei „in besonderer Würdigung seiner herausragenden journalistischen Leistungen“. Infos zum Autor unter jamin.de.

Bildquellen

  • Peter Jamin: Michael Seelbach
  • Düsseldorf Blick über Rhein: Jamin
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