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Jamin-Kolumne: Hitlers „Geliebte“ Eva Braun

Auf einen Cappuccino: Die Jamin-Kolumne

Heute möchte ich mich einmal mit einem Luxusproblem beschäftigen. Nämlich der Tatsache, dass immer noch von Hitlers „Geliebten“ Eva Braun geschrieben wird. Statt von einer Lebensgefährtin, Freundin oder Partnerin. Kürzlich las ich in der Rheinischen Post in einem Bericht über den „politischen Hund“ folgenden Satz: „… im unseligen Dritten Reich, schien es, als ließe sich Adolf Hitler öfter zusammen mit einem Schäferhund ablichten als mit seiner Geliebten Eva Braun.“

Diskriminierung der Frau

Wer sich mit Hitler, dem Diktator, und Eva Braun, seiner Lebensgefährtin, befasst, benutzt quasi schon als Berufsbezeichnung für die Frau an der Seite des sogenannten Führers den Begriff Geliebte. Das passiert heute sicherlich eher aus Oberflächlichkeit und weil es in den meisten Quellen so geschrieben steht. Und nicht aus bewusster Diskriminierung eines Menschen.

Moralische Rückständigkeit

Gestern aber, in den Zeiten der moralisch Rückständigen der letzten Kriegsgeneration, war es ein ehrverletzender Begriff, der zum Ausdruck bringen sollte wie wenig „anständige“ Männer und Frauen doch von einer Frau halten, die als Geliebte bezeichnet wird. Genauso gut hätte man auch gleich Nutte oder Prostituierte sagen können. In der moralischen Gewichtung gab es gestern keinen großen Unterschied – und heute auch keinen besonders großen.

Geliebte oder Prostituierte

Eine Geliebte besitzt nur ein wenig mehr moralische Akzeptanz als eine Hure. Wer mit einer Nutte ins Bett geht, hat in der Draufsicht nur ein wenig weniger Spaß als mit einer Geliebten. Heute sprechen wir gottseidank nicht mehr von Geliebten, wenn wir die Lebenspartnerinnen meinen. Wir sprechen also nicht von: Bundesaußenminister Heiko Maas und seiner Geliebten, der Schauspielerin Natalia Wörner.

Heimliche Lebensgefährtin

Wie kommt es überhaupt zu dem Begriff Geliebte? Das dürfte mit den zweifelhaften Moralvorstellungen im letzten Jahrhundert zu tun haben. Also mit der Zeit, als die Ehefrau noch die Genehmigung des Mannes brauchte, wenn sie arbeiten wollte. Und Homosexualität bestraft wurde. Bei Google finden sich unter „Geliebte Eva Braun“ 3.760.000 Einträge. Selbst das fortschrittliche Wikipedia schreibt noch von „Hitlers Geliebte“, statt etwa von Hitlers heimlicher Lebenspartnerin. Und auch das ZDF bezeichnet Eva Braun in der Internet-Werbung für eine Dokumentation als „Heimliche Geliebte“.

Immer sexuelle Beziehung

Hitler war übrigens nicht verheiratet. Darum ist Lebenspartnerin oder Freundin sicherlich die richtige Bezeichnung für seine Eva. Laut Duden ist eine Geliebte: eine Frau, mit der eine verheiratete Person eine außereheliche sexuelle Beziehung hat. Oder: Eine Frau, mit der ein Mann oder eine andere Frau eine sexuelle Beziehung hat.

Ich hoffe, dass der Begriff Geliebte, wenn er heute von Autor*innen im Zusammenhang mit Eva Braun verwendet wird, nicht insgeheim Ausdruck der inneren Einstellung des Verfassers zu Lebenspartnerinnen oder Lebenspartnern ist. Das wäre echt von gestern.

Bleiben Sie fröhlich. Bis nächsten Freitag. Auf einen Cappuccino…

Ihr Peter Jamin

 

Peter Jamin (© Michael Seelbach)

Peter Jamin arbeitet als Schriftsteller und Journalist. Er veröffentlichte – neben Kolumnen und Artikeln – mehr als 30 Bücher zu gesellschaftlich relevanten wie unterhaltsamen Themen. Darüber hinaus arbeitete er als Autor und Regisseur von Fernsehdokumentationen und -serien. Etliche Bücher schrieb er als Ghostwriter prominenter Zeitgenossen. Mit seinem Schwerpunktthema „Vermisst“ befaßt er sich seit rund 30 Jahren; unterhält auch ein „Vermisstentelefon“ zur Beratung von Angehörigen Verschwundener. Ausgezeichnet wurde Jamins Arbeit u.a. mit dem „GdP-Stern“ der Gewerkschaft der Polizei „in besonderer Würdigung seiner herausragenden journalistischen Leistungen“. Infos zum Autor unter jamin.de.

Bildquellen

  • Peter Jamin: Michael Seelbach
  • ZDF Mediathek Eva Braun: Screenshot by Peter Jamin / ZDF Mediathek
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