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Jamin-Kolumne: Jetzt sind die deutschen Medien auch für Alice Schwarzer eine Lügenpresse

Auf einen Cappuccino: Die Jamin-Kolumne

Alice Schwarzer auf emma.de am 26. Februar 2023

Bewegt sich Alice Schwarzer jetzt im Fahrwasser von Querdenkern, Reichsbürgern und Lügenpresse-Verschwörern? „Ich, Alice Schwarzer, finde: Die dreiste Manipulation der Medien übersteigt inzwischen das Vorstellbare!“

Grund für den Ausflug der Emma-Herausgeberin und Feministin ins Lügenpresse-Milieu war die Berichterstattung der Medien in Deutschland über ihre Friedensdemonstration mit Sahra Wagenknecht in Berlin am 25. Februar.

13.000 oder 50.000 Menschen?

Deutschlands Medien veröffentlichten unisono, dass sich auf der Friedensdemo von Wagenknecht und Schwarzer am vergangenen Samstag in Berlin nach Auskunft der Polizei rund 13.000 Teilnehmer versammelt hätten.

„Gestern bei unserer Friedenskundgebung am Brandenburger Tor waren etwa 50.000 Menschen, was unübersehbar war“, schrieb Schwarzer dagegen in einem Kommentar auf ihrem Emma-Blog.

Medien manipulierten Zahl

Jetzt sind die deutschen Medien auch für Alice Schwarzer eine Lügenpresse. Sie schreibt: „Und da schreibt nicht nur die Zeit: ‚Zur groß angekündigten Kundgebung sind nur etwa 13.000 Menschen gekommen.’“

Schwarzer fragt empört: „Wie soll das weitergehen mit solchen Medien, die nicht etwa in einer Diktatur, sondern in einer Demokratie – also relativ freiwillig – in vorauseilender Komplizität mit der Macht die Wahrheit manipulieren?“

Streit um Zahl 50.000

Im Vorspann zu Schwarzers Kommentar heißt es sogar unter dem Titel „Medien: manipulierte Zahlen“: „13.000 bei Friedensdemo in Berlin? Nach Angaben von Polizei und Veranstalter waren es mindestens 50.000 Menschen.“

Die Feministin wirft den deutschen Medien mit diesem Hinweis auf die Polizei vor, dass sie aus der von der Polizei genannten Teilnehmerzahl „50.000“ eine „13.000“ gemacht haben. Es sollen also Agenturen, Tageszeitungen, Fernsehsender, Internetdienste diese Zahl manipuliert haben.

Polizei widerspricht Schwarzer

Wie die deutschen Medien es geschafft haben, sich innerhalb von wenigen Stunden auf eine solche Teilnehmerzahl zu verständigen, schreibt die Autorin allerdings nicht. Damit befindet sich Alice-Schwarzer mit voller Kraft im Lügenpresse-Lager.

Mit ihrer 50.000 befindet sich Schwarzer aber offensichtlich selbst im Lügengespinst. Die Berliner Polizei bleibt dabei, dass etwa 13.000 Teilnehmer bei der Friedensdemo waren. Sie hat also nie 50.000 Teilnehmer gemeldet. Ein Sprecher: „Wir sehen keinen Anlass, unsere Einschätzung vom Wochenende zu verändern.“

Nannte BKA-Mann Zahlen?

Schwarzer berichtet in ihrem Kommentar weiter, warum sie die niedrige Zahl für falsch hält: „Als die Teilnehmer über die gesperrte Allee ‚Unter den Linden‘ zu Aber- und Abertausenden heranströmten, ging die Schlange bis zum Alex – und vor dem Brandenburger Tor reichte die Menschenmenge über die ‚Straße des 17. Juni‘ fast bis zur Siegessäule.“

Schwarzer benennt in ihrem Kommentar auch Zeugen für ihren Zahlen-Feldzug gegen die deutschen Medien: „Der erfahrene Brigadegeneral a.D. Vad schätzte von der Bühne aus 30.- bis 40.000 TeilnehmerInnen. Ein BKA-Beamter ging von 50.- eher 60.000 TeilnehmerInnen aus.“

Echte Zahlen sind wichtig

Natürlich fragt man sich da, wie wichtig etwa die Anzahl der Teilnehmer bei einer Demonstration ist? Zahlen spielen ja in vielen Bereichen unseres Lebens eine wichtige Rolle. Sie ermöglichen es uns, Daten zu quantifizieren und zu messen, um Entscheidungen zu treffen, Muster zu erkennen und Schlussfolgerungen zu ziehen.

In der Wissenschaft werden Zahlen verwendet, um Hypothesen zu testen und Ergebnisse zu quantifizieren. In der Wirtschaft werden Zahlen verwendet, um Geschäftsleistung und Finanzen zu verfolgen und zu messen. In der Technologie werden Zahlen verwendet, um Systeme und Prozesse zu optimieren.

Schwarzers Zahlen-Schlacht

Insgesamt sind Zahlen also ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Wissens und der menschlichen Erfahrung und können uns helfen, bessere Entscheidungen zu treffen und die Welt um uns herum besser zu verstehen.

In der Politik etwa spielen Zahlen eine wichtige Rolle, da sie oft verwendet werden, um Politik und politische Entscheidungen zu legitimieren, zu unterstützen oder zu widerlegen. Und damit sind wir dann bei Schwarzers Zahlen-Schlacht.

Politische Zahlen und Ziele

Zahlen sind wichtig für die Verfolgung und Bewertung von politischen Zielen und Programmen, wie zum Beispiel im Bereich der Bildung, Gesundheit, Sozialleistungen oder der Wirtschaft. Oder auch für die Ziele einer Friedensdemonstration.

Es ist eben ein Unterschied, ob 50.000 oder 13.000 Menschen an einer Friedensdemonstration teilgenommen haben. Jedenfalls bei oberflächlicher Betrachtung. Meines Erachtens spielen die Zahlen von Schwarzers Friedensdemo keine Rolle mehr, wenn man etwa an die großen Anti-Vietnam-Krieg-Demonstrationen denkt.

Demo gegen Vietnam-Krieg

Da kamen schnell 100.000 oder gar 500.000 Menschen zusammen, um gegen den Vietnam-Krieg der Amerikaner zu demonstrieren. Unter den – von der Berliner Polizei bestätigten – 13.000 Demonstranten befanden zudem auch etliche extreme Rechte, Querdenker und sicher auch viele neugierige, an politischen Zielen desinteressierte Zuschauer des Spektakels.

Politisch relevant ist also diese sogenannte Friedensdemonstration nicht. Mit Forderungen, der Ukraine ab sofort keine Waffen mehr zu liefern und mit Russland in Friedensverhandlungen einzusteigen, gewinnt man eben keine große Anhängerschar.

Querdenkerin Schwarzer?

Sahra Wagenknecht wird das sicherlich schnell erkennen und sich anderen Themen zuwenden. Sie hat ja Erfahrung mit der Wende auf schwierigen politischen Strecken. Von ihrer vor Jahren initiierten Initiative „Aufstehen“ ist auch nur wenig mehr als heiße Luft geblieben.

Alice Schwarzer aber scheint sich am Zenit ihres politischen Engagements zu befinden. Sie sollte sich auf ihre Aktivitäten zum Feminismus konzentrieren. Da hat sie, nach meiner grundehrlichen Überzeugung, Großes geleistet. Als Friedenskämpferin hat sie versagt. Als Querdenkerin mit Lügenpresse-Parolen möchte ich sie mir nicht vorstellen.

Bleiben Sie fröhlich. Bis nächsten Freitag. Auf einen Cappuccino…

Ihr Peter Jamin

 

Peter Jamin (© Michael Seelbach)

Peter Jamin arbeitet als Schriftsteller und Journalist. Er veröffentlichte – neben Kolumnen und Artikeln – mehr als 30 Bücher zu gesellschaftlich relevanten wie unterhaltsamen Themen. Darüber hinaus arbeitete er als Autor und Regisseur von Fernsehdokumentationen und -serien. Etliche Bücher schrieb er als Ghostwriter prominenter Zeitgenossen. Mit seinem Schwerpunktthema „Vermisst“ befasst er sich seit rund 30 Jahren; unterhält auch ein „Vermisstentelefon“ zur Beratung von Angehörigen Verschwundener. Ausgezeichnet wurde Jamins Arbeit u.a. mit dem „GdP-Stern“ der Gewerkschaft der Polizei „in besonderer Würdigung seiner herausragenden journalistischen Leistungen“. Infos zum Autor unter jamin.de.

Bildquellen

  • Peter Jamin: Michael Seelbach
  • Screenshot_Emma: Screenshot by Jamin
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