Es war der erste Ständehaus Treff nach dem Lockdown. Der letzte hatte am 2. März mit dem österreichischen Unternehmer und Multimilliardär René Benko stattgefunden. Eine Schließung der Karstadt- und Kaufhoffilialen an der Schadowstraße und am Wehrhahn? Das hätte sich Anfang März auch Merz wohl nicht vorstellen könne, bis er selbst an Covid-19 erkrankte.
Heute, mit Corona, sehen die Welt und das Get together anders aus. Eine Erkenntnis aus dem Lockdown: Eine Zeitlang hält der Mensch vieles aus, aber auf Dauer brauchen Menschen persönliche Kontakte für das Wohlbefinden, die seelische Gesundheit und fürs Business-Netzwerken. Mit „AHA“ (Abstand, Hygiene und Alltagsmaske) muss es doch gehen, dachte sich die Rheinische Post Mediengruppe in Gestalt von Axel Pollheim und Jörg Philippi-Gerle und lud – nach amtlicher Genehmigung des Hygienekonzeptes – 500 Entscheider aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport und Gesellschaft in die Merkur Spiel-Arena ein.
Auf der Bühne, wo sonst nur Rasen zu sehen ist, erlebten die Gäste RP-Chefredakteur Moritz Döbler im Talk mit Friedrich Merz. Der Wirtschaftsanwalt – gebürtig aus Brilon, wo sein Großvater Josef Paul Sauvigny von 1917-1937 zuletzt als Mitglied der NSDAP das Amt des Bürgermeisters innehatte – war von 2000 bis 2002 Fraktionsvorsitzender der CDU im Bundestag und Oppositionsführer. Aktuell ist er einer der Bewerber um das Amt des CDU-Vorsitzenden.
Dass er seit 2009 kein Bundestagsmandat mehr innehabe, werde ihm oft vorgehalten, konstatierte Döbler. „Ich komme nicht aus der Altersteilzeit zurück und gehe nicht aus wirtschaftlichen Gründen in die Politik“, stellte der 64-Jährige klar. Sein Fokus, wenn er denn als CDU-Vorsitzender das Rennen machen würde, sei die EU-Politik: „Ich bin leidenschaftlicher Europäer.“ G3 bedeute für ihn Amerika, China und Europa, eben nicht nur Deutschland. Eine zentrale Frage des nächsten Bundeshaushaltes sei, wie man aus der Verschuldung wieder herauskomme. Eine Fristverlängerung der Insolvenzanträge mache keinen Sinn und Kurzarbeit halte er für „verdeckte Arbeitslosigkeit“.
Schulverwaltung ist Offenbarungseid
Der Justiz in NRW bescheinigte der Sauerländer, der heute in Arnsberg lebt, eine vorbildliche Digitalisierung, während die föderalistische Schulverwaltung in der Bürokratie versinke. Gelder, die bereits seit 2018 für die Digitalisierung bereitstehen, werden nicht abgerufen: „ein Offenbarungseid“. Mit Wolfgang Schäuble, dem Präsidenten des Deutschen Bundestages, verbindet den dreifachen Familienvater und vierfachen Großvater eine freundschaftliche Beziehung, mit der Bundeskanzlerin Angela Merkel bespricht er alle drei oder vier Wochen Themen am Telefon. Was man von der Kanzlerin lernen könne? „Gute Nerven und Durchhaltevermögen“, so Merz. Nach dem Parteitag der CDU am 5. Dezember werden wir wissen, ob Merz ebenfalls über diese beiden Stärken verfügt.
Susan Tuchel
