Connect with us

Hi, what are you looking for?

Kolumnen & Glossen

Kolumne „Kann passieren …“ – Grübelei

Es gibt viele Fakten, die wir als Tatsachen akzeptieren. Das können Naturgesetze sein, dass die Erde rund ist, oder auch dass ein Tritt gegen das Schienbein verdammt weh tut. Aber ist es wirklich immer so? Als unser Autor Andreas Ballnus sich mit dem Thema „Evolution“ beschäftigte, kam er aus dem Grübeln gar nicht mehr heraus. Plötzlich wurden diese sonst so theoretischen, abgehobenen Gedanken für ihn lebendig und sehr real. Er hat sie aufgeschrieben. Und vielleicht betrachten Sie, liebe Leserin, lieber Leser, dieses Thema, das ja auch Ihre persönliche Geschichte betrifft, gleich mit ganz anderen Augen.

Grafik: Monstera / Pexels.com

Da gab es dieses Wesen, das vor einigen Milliarden Jahren damit begann, sich durch einfachste Zellteilung weiter fortzupflanzen. Es lebte in einer unwirklichen Welt im Wasser, dem Urmeer. Vielleicht existierte es zuvor schon irgendwo im Weltall und hatte dort bereits jede Menge Vorfahren.

Dieses Wesen, eine Bakterie einfachster Form, pflanzte sich also fort. Mindestens eines seiner Nachkommen überlebte und sorgte für die weitere Vermehrung seiner Art. So ging es über Milliarden von Jahren weiter.

Dann entwickelte es sich, wurde größer und mutierte zu einer Spezies, der man ihren eigentlichen Ursprung, den einer Bakterie, nicht mehr ansah. Und eines Tages verließ es das Wasser und begann an Land zu leben. Auch dafür brauchte es Milliarden an Jahren.

Es hatte sicherlich mit Stärke, aber auch mit Geschick und Glück zu tun, um stets zu überleben und sich fortzupflanzen. Außerdem entwickelte es sich über Millionen von Jahren immer weiter. So bewegte sich dieses Wesen vermutlich schon bald auf vier Beinen fort. Und irgendwann gab es das erste seiner Art, das sich auf zwei Beine stellte und damit begann, aufrecht zu gehen. Auch dieses Geschöpf vermehrte sich immer weiter. Es hatte wiederum Nachkommen, die stark und vielleicht auch intelligent genug waren, um zu überleben – oder einfach nur Glück hatten.

Dieses Wesen, dessen Urahn eine Bakterie gewesen war, entwickelte irgendwann eine Sprache und konnte sich mit seinen Artgenossen verständigen. Es lernte immer mehr dazu und gab sein Wissen weiter. So brachte es sich zum Beispiel bei, Gegenstände als Hilfsmittel zu benutzen und Krankheiten und Verletzungen zu heilen, außerdem entwickelte es eine Kultur. So war aus jenem Geschöpf, das vor Milliarden von Jahren im Urmeer damit begonnen hatte, sich fortzupflanzen, ein denkendes und fühlendes Wesen geworden.

Genaugenommen ist solch eine einfache Bakterie mein Vorfahre. Die an sich schon nicht korrekte Aussage, dass der Mensch vom Affen abstammt – wir stammen nicht von ihm ab, haben aber die gleichen Vorfahren – ist somit nur die halbe Wahrheit. Ein Gedanke, der mich fasziniert. Wie viel Wissen und Erfahrung wurde in dieser langen Zeit weitergegeben? Was steckt aus jener Zeit, als mein Ur-Ur-Ur…Ahn im Urmeer schwamm, noch heute in mir?

Ich stehe also, wie jeder andere Mensch auch, in einer Kette mit Milliarden oder sogar mehr Wesen, die stark und geschickt genug waren, um zu überleben und sich fortzupflanzen. Sicher, es gehörte auch Glück dazu, um Unwetter, Krankheiten, Unfälle, Kriege und andere Katastrophen, sowie Feinde, die sie fressen wollten, zu überleben – zumindest so lange, um noch Nachkommen in die Welt setzen zu können.

Ich bin bis jetzt kinderlos. Werde ich also das Ende einer solch langen Kette sein?

 

– Andreas Ballnus —

_________________________

ZUM AUTOR

Andreas Ballnus
Jahrgang ’63, Liedermacher und Autor.  Unter dem Nick „anbas“ hat er in dem Literaturforum „Leselupe.de“ eine Vielzahl seiner Texte veröffentlicht. Er lebt in Hamburg und verdient sein Geld als Sozialarbeiter im öffentlichen Dienst. Weitere Informationen: andreasballnus.de.tl

Bildquellen

  • Andreas Ballnus: Sebastian Lindau
  • Bakterien und Co.: Pexels.com
Werbung

Anzeige

RECHTSPUNKTE

Rechtsanwältinnen und -anwälte des AGA Unternehmensverbands informieren über arbeitsrechtliche Themen und mehr …

Beginn des Kündigungsverbotes in der Schwangerschaft

Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung

Mindestlohn für ein „Vorpraktikum“?

Lesen Sie weitere rechtliche Themen in der Rubrik „Recht & Steuern“

Kolumne Kann passieren

KOLUMNE KANN PASSIEREN

Andreas Ballnus erzählt in seiner Kolumne „Kann passieren“ reale Begebenheiten, fiktive Alltagsgeschichten und manchmal eine Mischung aus beidem. Diese sind wie das Leben: mal humorvoll, mal nachdenklich. Die Geschichten erscheinen jeweils am letzten Freitag eines Monats in business-on.de.

Hier finden Sie eine Übersicht aller Beiträge, die von Andreas Ballnus erschienen sind.

Interview: 100 x Andreas Ballnus

Lesen Sie auch die  Buchbesprechung zur Antologie „Tierisch abgereimt“.

ANZEIGE

Weitere Beiträge

Kolumnen & Glossen

In dem Interview zur hundertsten Ausgabe dieser Kolumne hatte unser Autor Andreas Ballnus unter anderem berichtet, dass er gerade an einem Text schreibt, in...

Kolumnen & Glossen

Zahlen sind weit mehr als nur der Bestandteil schulischer Unterrichtsfächer. Überall im Alltag haben sie oft große Bedeutung, auch in Religionen, Mystik und Aberglauben....

Kolumnen & Glossen

Dank der sozialen Medien ist es heutzutage möglich, mit dem größten Schwachsinn Karriere zu machen und berühmt zu werden. Für alles gibt es Experten...

Kolumnen & Glossen

Es gibt viele Dinge, über die man sich im Alltag aufregen kann. Man kann, muss es aber nicht. Doch nur wenige Menschen sind mit...

Kolumnen & Glossen

Bahnhöfe stehen oft symbolisch für das Ankommen und Fortgehen. Mal brodelt in ihnen das Leben, und dann wieder liegen sie einsam in einer verträumten...

Kolumnen & Glossen

Wieder einmal hatte unser Autor Andreas Ballnus einen unfreiwilligen Aufenthalt in einem ihm unbekannten Bahnhof. Und genauso wie einst in Treuchtlingen entstand auch diesmal...

Kolumnen & Glossen

Tagträume und Selbstgespräche sind zunächst einmal recht alltägliche Dinge, die wohl fast jedem Menschen vertraut sein dürften. Dinge, über die man lächelt, vielleicht mal...

Interviews

Skurril, einfühlsam, nachdenklich, unerwartet – Andreas Ballnus beobachtet seine Umwelt, Mensch und Tier, bringt Menschliches und Menschelndes feinsinnig auf den Punkt. Seit 2015 veröffentlicht...

Werbung