In der Interviewreihe „Erfolgsfaktor – DIGITAL“ sprach Sascha Zöller mit dem Geschäftsführer Hendrik Habermann von „tuete.com“ und „habermann hoch zwei Gmbh“ zum Thema Digitalisierung und die Auswirkungen im eigenen Unternehmen.
Sascha Zöller: Welche Maßnahmen wurden im Bereich Digitalisierung durchgeführt und welche Ziele wurden dabei verfolgt?
Hendrik Habermann: Digitialisierung ist für uns eine Einstellung und eine Entscheidung, nämlich einen bestimmten Weg zu gehen. Entsprechend führt das zu Konsequenzen, also auch zu entsprechenden Maßnahmen.Bei uns ging es vor allem darum, die Mitarbeiter und die gesamte Organisation für die Veränderungen zu sensibilieren, das Unternehmen auf die Zielgruppen auszurichten (Positionierung und Kundenfokus) und Prozesse zu automatisieren.
Sascha Zöller: Was waren zu Beginn die größten Hürden?
Hendrik Habermann: Mitarbeiter von notwendigen Veränderungen zu überzeugen, die richtigen Schritte zu bestimmen (es gibt eine Vielzahl beispielsweise von Software-Lösungen und Anbietern, doch welche/r ist passend für die eigene Organisation?) und Prioritäten zu setzen (man sollte bloß nicht zu viel auf einmal tun!)
Digitalisierung ist für uns auch ein stetiges Experimentieren und Ausprobieren
Sascha Zöller: Konntest Du oder Dein Unternehmen mit den Maßnahmen der Digitalisierung das gesteckte Ziel erreichen oder mussten die Maßnahmen angepasst werden?
Hendrik Habermann: Wir haben immer wieder die Ziele und auch die Maßnahmen anpassen müssen. Digitalisierung ist für uns auch ein stetiges Experimentieren und Ausprobieren, und damit ein permanentes Anpassen. Manchmal sind Ziele nicht mehr wichtig. Manchmal merkt man, das die Erwartungen unrealistisch waren, also die Ziele wie gewünscht nicht erreicht werden konnten.
Sascha Zöller: Konntest Du oder Dein Unternehmen durch die Digitalisierung neue Märkte, Kunden oder sogar neue Geschäftsmodelle erschließen?
Hendrik Habermann: Ja, das ist sogar eines der Ziele, die wir mit der Digitalisierung verfolgen. Unser Projektgeschäft, das noch vor Jahren unser gesamtes Geschäft ausgemacht hat, soll in Zukunft nur noch 20% zum Umsatz beitragen. Der Rest soll durch die neuen Kanäle kommen.
Sascha Zöller: Konnte die Geschwindigkeit von Innovationen und Umsetzung erhöht werden?
Hendrik Habermann: Am Anfang kaum, da hatte wir sogar das Gefühl, trotz der ganzen investierten Energie keine Fortschritte zu machen. Mit der Zeit wurde es dann besser, das Tempo von Innovationen und auch der Einführung bzw. Umsetzung der Ideen wurde schneller, die Qualität der Umsetzung wurde besser.
Sascha Zöller: Wer ist der Treiber der Digitalisierung im Unternehmen?
Hendrik Habermann: Wir halten die Überzeugung der Leitung prinzipiell für den Treiber der Digitalisierung. Ohne die wiederkehrenden Impulse der Leitung, und dem Thema oben auf der Agenda der Geschäftsführung, sind diese Projekte so gut wie gar nicht umsetzbar.
Sascha Zöller: Wie verhält sich der Wettbewerb? Rechnest Du mit neuen Mitbewerbern?
Hendrik Habermann: Ja, auf der einen Seite rechnen wir mit insgesamt mehr Wettbewerb. Auf der anderen Seite denken wir, dass durch die Digitalisierung Märkte aufgesplittet werden, also fragmentieren. Das bietet für Unternehmen neue Chancen, weil sie sich als spezielle Lösungsanbieter positionieren können. Wenn man sich gut positioniert und gut dafür sorgt, dass die Zielgruppe das mitbekommt, hat man gute Chancen in einem speziellen (ggf. kleinen Markt) als die Nummer 1 und als einzigartig wahrgenommen zu werden. Dann ist große Angst vor neuen Wettbewerbern unbegründet.
Sascha Zöller: Hat sich in den letzten Jahren das Kundenverhalten durch die Digitalisierung geändert?
Hendrik Habermann: Ja, auf jeden Fall. Die Ansprüche, die Leistungserwartung ist stark gestiegen.
Sascha Zöller: Konntest Du durch die Digitalisierung das eigene Leistungsangebot vergrößern?
Hendrik Habermann: Ja, wir haben neue Leistungen aufgenommen, halten allerdings die Fokussierung noch mehr als in der Vergangenheit für notwendig. Wir haben damit zwar neue Felder besetzt, insgesamt das Portfolio aber gestrafft und nicht ausgeweitet.
Sascha Zöller: Welche Veränderungen mussten in der Organisation durch die eigenen Maßnahmen hinsichtlich der Digitalisierung unternommen werden?
Hendrik Habermann: Diese Veränderungen waren und sind immer noch sehr umfangreich. Das reicht von neuen Stellen (neue Zuständigkeiten), also auch von neuen Kollegen, über neue Prozesse, neue Software bis hin zu neuen Werten (beispielsweise ist uns Transparenz viel wichtiger als früher) und einer veränderten Anforderung an die Persönlichkeit der Mitarbeiter.
Sascha Zöller: Werden aktuell Geschäftspartner, Kunden und Lieferanten systematisch und automatisiert in den Wertschöpfungsprozess integriert?
Hendrik Habermann: Nein, hier sind wir noch nicht besonders fortgeschritten.
Sascha Zöller: Wie wird der Erfolgsfaktor DIGITAL die Fortbildung und auch die Qualifikationen von Mitarbeitern beeinflussen?
Hendrik Habermann: Ohne eine Grundverständnis, wie heute Geschäfte gemacht werden, konkret heißt das ja, wie man heute Kundenwert schaffen kann, kann man eine Organisation immer weniger unterstützen. Das digitale Mindset zu verinnerlichen und sich darauf einzulassen, ist also für die Qualifikation und auch für die Fortbildung unerlässlich.
Sascha Zöller: Datengetriebene Entscheidungen sind ein Teil der Digitalisierung. Betreibt Dein Unternehmen bereits systematische Datensammlung/ Auswertung und werden diese Daten als Entscheidungsgrundlage hinzugezogen?
Hendrik Habermann: Ja, wir sammeln mehr Daten als vorher (messen), machen diese transparent, bewerten diese Zahlen und treffen basierend auf den Zahlen und auf unserer Bewertung Entscheidungen. Damit sind die Entscheidungen nicht komplett datengetrieben, weil wir ja die Zahlen bewerten (und ggf. auch in „schlechten“ Zahlen im Kontext was Gutes sehen können), insgesamt sind die Daten aber das Fundament für das, was wir entscheiden.
Sascha Zöller: Sind verschiedene Systeme wie ERP, CRM, etc. bereits mit einander vernetzt oder existieren noch getrennte Silo-Datenhaltung?
Hendrik Habermann: Hier arbeiten wir an Lösungen, sind mit dem Status Quo aber nicht zufrieden. Wir sind noch im Silo.
Investitionen werden steigen
Sascha Zöller: Wie sehen die mittelfristigen Investitionen im Bereich der Digitalisierung aus? Wird es eine Verschiebung oder eine Aufstockung sein?
Hendrik Habermann: Wir sehen Digitalisierung als etwas, was die gesamte Organisation erfassen wird. Die Investition beispielsweise in Software sehen wir nur als einen Teil davon. Das wird automatisch dazu führen, dass man eine Investition immer mehr unter dem Gesichtspunkt Digitalisierung sehen kann und es entsprechend zu einer Verschiebung hin zu „Digitalisierungsinvestition“ geben wird. Auch absolut werden wir die Investitionen erhöhen.
Sascha Zöller: Was war Dein Treiber die Digitalisierung in Deinem Unternehmen einzuführen/umzusetzen?
Hendrik Habermann: Die Erkenntnis, dass dies eine Notwendigkeit ist und man nicht darauf hoffen kann, dass erstens der Kelch an einem vorübergehen oder dass zweitens jemand anderes als man selbst sich darum kümmern wird. So wie irgendwann einmal Elektrizität für JEDES Unternehmen zu einer Selbstverständlichkeit geworden ist, so ist es heute die Digitalisierung.
Menschen werden ersetzt durch automatisierte Prozesse
Sascha Zöller: Besteht oder bestand die Gefahr des Arbeitsplatzverlust durch die Digitalisierung? Wie bist Du und Deine Kollegen im Unternehmen damit umgegangen?
Hendrik Habermann: Ja, Menschen werden ersetzt durch automatisierte Prozesse, die vor allem durch Software gesteuert wird bzw. durch künstliche Intelligenz. Zwar haben wir auch Spezialisten, die Software oder die online-Kanäle steuern, aber es fallen Stellen beispielsweise in der Buchhaltung weg.
Sascha Zöller: Was würdest Du heute anders machen und welchen Empfehlungen kannst Du den Lesern geben?
Hendrik Habermann: Ich würde früher anfangen, mir nicht so viele Themen auf einmal vornehmen und früh die Bereitschaft entwickeln, mich wirklich SELBST tief in die Thematik einzuarbeiten.
Fazit von Hendrik Habermann:
Digitalisierung ist eine Einstellung und keine Technik. Die Technik macht diese Geisteshaltung in der jetzigen Zeit möglich (Stichworte wie: Daten, Realtime, Transparenz) und erzeugt damit natürlich auch einen Druck auf den Markt – vor allem auf die Unternehmen, die sich dem verschließen oder die Tragweite der Veränderung noch nicht erkannt haben. Für Selbständige und Unternehmern bieten sich großartige Möglichkeiten und ich bin davon überzeugt, dass die sich daraus entwickelten Chancen zu keiner Zeit größer waren. Das heißt nicht, dass es einfacher geworden ist. Dies wird und kann aber auch nicht sein. Ich habe noch nie eine Branche gesehen, in der (bis auf kurzfristige Ausnahmen) die Margen gestiegen sind und in der es einfacher geworden ist, an das Geld anderer Leute zu kommen.
Das wird auch unsere Gesellschaft verändern. Menschen werden Ihr Glück in die eigenen Hände nehmen müssen. Es gilt, die Verantwortung für die Ergebnisse im eigenen Leben zu übernehmen und aktiv zu gestalten.
„Leben ist Veränderung“ – dieser Spruch galt noch nie so viel wie jetzt. Nehmen Sie diese Veränderung an und gestalten Sie Ihr Leben. Die Menschheit hat jetzt die größten Chancen, das Beste daraus zu machen.
Vielen Dank Hendrik, für die Einsicht in Dein Unternehmen und Deine Einstellungen.
Sascha Zöller
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