Nachdem ich innerhalb kürzester Zeit meinen siebten Regenschirm verloren hatte, begann ich mir Gedanken zu machen. Schließlich hat alles einen tieferen Sinn, sagt man.
Soll ich mich vielleicht bewusst dem Risiko aussetzen, nass und dadurch krank zu werden? Oder will das Schicksal mir helfen, auf diesem Wege meine Abwehrkräfte zu stärken? Aber ich bin sehr anfällig für Erkältungskrankheiten, da wäre ein schonenderer Weg zur Abhärtung sicherlich besser. Nein, darin kann ich nun wirklich nicht den tieferen Sinn erkennen.
Doch möglicherweise soll ich auf diese Art und Weise lernen, mich weniger auf alle Eventualitäten vorzubereiten, die das Leben einem bieten kann, um somit offener und flexibler diesem zu begegnen. Das würde schon mehr Sinn ergeben. Ich neige durchaus dazu, jeden Schritt, den ich unternehme, sorgsam zu planen und dabei auch mögliche Schwierigkeiten und Probleme sowie deren Lösungen mit einzukalkulieren. Aber vielleicht ist das Verlieren der Schirme auch ein Hinweis darauf, dass ich mich immer noch nicht ausreichend genug vorbereite.
Ein anderer Gedanke ist, dass ich lernen soll, besser mit Verlusten umzugehen. In diesem Zusammenhang wäre es dann auch gleich sinnvoll, grundsätzlich meine Einstellung hinsichtlich materieller Dinge zu hinterfragen. Es ist durchaus so, dass ich ein Sammler bin. Ich kann mich wirklich nur schwer von meinen Sachen trennen. Andererseits habe ich um die Verluste der Regenschirme nie ein großes Aufheben gemacht, sondern mir jedes Mal klaglos einen neuen gekauft. Daher sind verlorengegangene Schirme keine guten Lernobjekte.
Natürlich kann es auch sein, dass der Regenschirm an sich für mich ein symbolischer Hinweis sein soll. Er sorgt für Schutz. Geht es möglicherweise also darum, mich mit meinem Schutzbedürfnis näher auseinanderzusetzen? Das wäre ein ziemlich weites Feld und würde wahrlich einen wunden Punkt bei mir treffen.
Ich habe also viele Aspekte über die ich nachdenken kann. Die Antworten auf solche Sinnfragen zeigen sich erfahrungsgemäß erst in der Zukunft. Es wird also noch einige Zeit dauern, bis ich zu der eigentlichen Erkenntnis kommen werde. – Vielleicht soll ich ja auch nur lernen, besser auf meinen Kram aufzupassen.
– Andreas Ballnus —
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ZUM AUTOR
Andreas Ballnus
Jahrgang ’63, Liedermacher und Autor. Außerdem ist er Gründungs- und Redaktionsmitglied der Stadtteilzeitung „BACKSTEIN“. Unter dem Nick „anbas“ hat er in dem Literaturforum „Leselupe.de“ eine Vielzahl seiner Texte veröffentlicht. Er lebt in Hamburg und verdient sein Geld als Sozialarbeiter im öffentlichen Dienst. Weitere Informationen: andreasballnus.de.tl
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