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Picasso und sein Fenster-Blick auf die Welt

ist der Titel der neuen Ausstellung im Hamburger Bucerius Kunst Forum. Bis zum 16. Mai 2016 sind dort rund 90 Arbeiten aus allen Schaffensperioden Pablo Picassos zu sehen. Zentrales, immer wiederkehrendes Motiv in diesen Werken des Jahrhundertkünstlers ist das Fenster.

Robert Doisneau / Rapho

ist der Titel der neuen Ausstellung im Hamburger Bucerius Kunst Forum. Bis zum 16. Mai 2016 sind dort rund 90 Arbeiten aus allen Schaffensperioden Pablo Picassos zu sehen. Zentrales, immer wiederkehrendes Motiv in diesen Werken des Jahrhundertkünstlers ist das Fenster.

Selbst bei einem so herausragenden Künstler wie Pablo Picasso, dessen Gesamtwerk aus Zeichnungen, Gemälden, Grafiken, Plastiken und Keramiken auf mehr als 50.000 geschätzt wird, gibt es neue Gesichtspunkte zu entdecken. Während die Kunstwelt das Werk des großen Meisters der Moderne (1881–1973) seit langem in schöpferische Phasen klassifiziert – Blaue und Rosa Periode, Kubismus, klassische Periode –, wurden Aspekte bzw. Themen außer Acht gelassen, die sich über die Schaffensphasen und stilistische Brüche hinweg durch das Werk Picassos ziehen. Die neue Ausstellung im Bucerius Kunst Forum widmet sich erstmals dem Motiv des Fensters.

Den Anstoß für das Fenstermotiv als Ausstellungsthema habe die Berliner Malerin Esther Horn gegeben, sagte Dr. Ortrud Westheider, Direktorin des Bucerius Kunst Forums und Kuratorin der Schau, während der Pressekonferenz zur Ausstellungeröffnung. Bei der Betrachtung des Gemäldes „Interieur“ aus dem Jahr 1900 Im Museu Picasso de Barcelona habe sie die überraschende Beobachtung gemachen, dass das Motiv zwei Sichtweisen zulasse: den Fensterausblick aus einem dunklen Raum auf eine verschneite Landschaft und – wenn man den Blick konzentriere – die Rückseite einer auf einen Keilrahmen gezogenen Leinwand. Das Vexierbild spiele mit der akademisch tradierten Vorstellung vom Fenster als Rahmen für das Abbild der Wirklichkeit. Es könne mit seinem Wechsel der Bedeutung als Schlüsselwerk gelten. Daraus entwickelt die Ausstellung die These, dass Picasso mit dem Fenster künstlerische Grundfragen thematisierte, die immer auch ein Nachdenken des Künstlers über sich selbst enthalten.

So findet sich das Motiv des Fensters in den unterschiedlichen Stilen und Schaffensperioden Picassos wieder. Bereits als 18-Jähriger malte der Künstler in seinem Atelier in Barcelona die erste Folge von Fensterbildern und er greift das Motiv bis in sein Spätwerk hinein immer wieder auf. Das Fenster symbolisiert für ihn die Malerei. Es steht für das Sehen, den Blick auf die Welt innen und außen, Licht und Dunkel. Auch spielt er mit den Gegensätzen malerischer Fläche und bildhauerischen Volumens, Plastiken finden sich in seinen Gemälden gespiegelt wieder. Das Fenster steht auch für die Selbstreflexion. In Phasen der Neuorientierung kam Picasso Zeit seines Lebens auf das Fensterthema zurück und behandelte darin künstlerische Grundfragen. Auch in Picassos in den 1930er-Jahren geschriebenen Gedichten ist das Fenster das Leitmotiv.

Das Bucerius Kunst Forum hat rund 40 Gemälde, Zeichnungen und druckgraphischen Werke des spanischen Künstlers zusammengetragen sowie rund 50 Aufnahmen von Photographen wie Robert Doisneau, Edward Quinn oder David Douglas Duncan. Sie zeigen das Fenster als bestimmende Elemente in Picassos Lebens- und Arbeitsräumen und wie er sich vor ihnen in Szene setzte. Die Werke sind Leihgaben aus internationalen Sammlungen wie dem Museu Picasso de Barcelona, Museo Picasso, Málaga, Musée National Picasso, Paris sowie der Tate, London, dem Centre Pompidou, Paris und dem Museum of Modern Art, New York. Die Ausstellung gliedert sich in acht Themenbereiche, die chronologisch die Zeit zwischen 1899 bis 1973 umfassen.

In den frühen 1930er-Jahren etwa inspirieren Picasso seine wechselnden Lebensgefährtinnen als Musen, die er häufig vor dem Atelierfenster zeigt (Themenbereich „Frauen am Fenster“). In den Jahren des zweiten Weltkriegs konzentriert sich Picasso auf sein Atelier in Paris und lädt Motive des Essens und Trinkens mit Kriegsthemen auf („Todesthemen“). Als 1955 der Maler und langjährige Freund Henri Matisse stirbt, entsteht eine Reihe von Gemälden, die Picasso als „Innere Landschaften“ bezeichnet.

Mit dieser Picasso-Schau verabschiedete sich Dr. Ortrud Westheider vom Bucerius Kunst Forum. Zum 1. April 2016 wechselt die 50-Jährige zum Museum Barberini in Potsdam. Bereits seit Beginn an ist Westheider für das von der ZEIT-Stiftung initiierte Bucerius Kunst Forum in Hamburg tätig. 2006 trat sie die Nachfolge des Gründungsdirektor Prof. Dr. Heinz Spielmann an. So wie ihre kuratorische Tätigkeit 2016 in Hamburg thematisch endet, so hatte sie 2002 begonnen – mit der Ausstellung „Picasso und die Mythen“. Seitdem hat Westheider das Bucerius Kunst Forum mit ihrer Handschrift geprägt und bekannt gemacht. Immer ging es darum, Künstler und ihre Werke aus neuen Blickwinkeln zu betrachten und unter bisher unbekannten Fragestellungen zu thematisieren. Zu den Publikumserfolgen der vergangenen Jahre zählen etwa „Frida Kahlo“ (2006), „Matisse. Menschen, Masken, Modelle“ (2009), „William Turner. Maler der Elemente“ (2011) und „Miró. Malerei als Poesie“ (2015).

Das Bucerius Kunst Forum will sein attraktives Ausstellungsangebot, die gelungene Mischung aus faszinierenden Kunstwerken und hervorragendem Begleitprogamm fortsetzen. Die Nachfolge von Westheider soll demnächst bekanntgegeben werden. Für 2018 plant das Haus den Umzug vom Hamburger Rathausmarkt in die derzeit im Bau befindlichen Räume am Alten Wall.

Die Ausstellung „Picasso. Fenster zur Welt“, Bucerius-Kunst-Forum, Rathausmarkt 2, 20095 Hamburg, läuft bis zum 16. Mai 2016, täglich 11 bis 19 Uhr, donnerstags 11 bis 21 Uhr. Eintritt 8 Euro (Erwachsene), www.buceriuskunstforum.de

 

Tanja Königshagen

Bildquellen

  • robert_doisneau_die_lebenslinie__1952: Robert Doisneau / Rapho
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