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Sprechen wir noch frei von der Leber weg?

Das Fallbeil der politisch korrekten Sprache ist messerscharf. Über den moralischen Umgang mit der Sprache.

Das Fallbeil der politisch korrekten Sprache ist messerscharf. Über den moralischen Umgang mit der Sprache.

Das Fallbeil der politisch korrekten Sprache ist messerscharf. Über den moralischen Umgang mit der Sprache.

Taucht in einem Kreuzworträtsel die Lösung „Neger“ als „Mensch mit schwarzer Hautfarbe“ auf, sorgt die öffentliche Erregung dafür, dass das Klinikum Chemnitz diese Ausgabe der Unternehmenszeitung „Klinoskop“ zurückruft und einstampfen lässt. Droht den Büchern „Der weiße Neger Wumbaba“ von Axel Hacke oder „Neger, Neger, Schornsteinfeger“ von Hans J. Massaquoi nun ein ähnliches Schicksal? Und wie lange darf die Neger, ein Nebenfluss der Ruhr im nordrhein-westfälischen Hochsauerlandkreis, noch so heißen? Nicht auszudenken, wenn die vom Ruhrtalsperrenverein in den 1970er Jahren geplante Negertalsperre gebaut worden wäre.

Unsere Sprache wird ständig beäugt. Im Guten befindet die Gesellschaft für deutsche Sprache e.V. darüber, welche Wörter im Jahr den öffentlichen Diskurs bestimmten. Im Jahr 2017 waren dies „Jamaika-Aus“, „Ehe für alle“ und „#MeToo“. Über den schlechten Sprachgebrauch entscheidet seit 1994 eine Abspaltung der Sprachgesellschaft, die sogenannte Jury „Sprachkritische Aktion Unwort des Jahres“. Im Jahr 2017 machte „Alternative Fakten“ das Rennen. Laut Duden ist ein Unwort ein „unschönes, unerwünschtes Wort“. Zur Klarstellung: Unerwünscht sind nicht die beiden Wörter „alternative Fakten“. Abgestraft wird ihr euphemistischer Einsatz zur Verschleierung der eigentlichen Tatsaschen. Doch ändert sich irgendetwas, wenn wir bestimmte Wörter nicht gebrauchen und andere sagen, um immer wieder Zeichen für die richtige Sache zu setzen?

Zigeunerjunge, Zigeunerjunge …

Darüber hat sich kein geringerer Gedanken gemacht als Joachim Gauck, Bundespräsident a.D. Als er in der letzten Woche seine Gastprofessur an der Heinrich Heine Universität antrat, fand er recht klare und ganz und gar unpastorale Worte: „Es gibt keine semantische Bereinigung eines existentiellen Problems.“ Als Beispiel führte er an, dass es den Roma und Sinti, die man nicht mehr Zigeuner nennen darf, dadurch keinen Deut besser gehe und sich am Ende noch weniger Bürger um die Roma aus Rumänien und Bulgarien scheren als zuvor um die Zigeuner. Gauck sprach von einer Verschleierung des eigentlichen Problems.

Stimmt. Sinti oder Roma zählen immer noch nicht zu den bevorzugten Nachbarn und noch immer finden sich Zigeunerschnitzel auf Speisekarten nichtbiodeutscher Restaurants und Imbissbuden. Sprache lässt sich doch nicht so einfach regulieren, nichtkonforme politische Ansichten auch nicht. Meinungsfreiheit zieht sich in manchen Gesellschaftskreisen deshalb zunehmend auf einen privaten Diskurs zurück, um einer öffentlichen, moralischen Sprachzensur und einem Shitstorm in den sozialen Medien zu entgehen.

„Der Deutsche liebt die Freiheit wie seine alte Großmutter“, zitierte Joachim Gauck in seiner Vorlesung „Nachdenken über das Eigene und das Fremde“ den gelben Mann aus Heinrich Heines „Gespräch auf der Themse“. Heine hatte ein sehr deutliches Gespür dafür, dass die Freiheitsliebe der Deutschen keine erotisch-leidenschaftliche ist.

 

Susan Tuchel

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