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Gesundheit & Sport

Der Herzinfarkt trifft oftmals Menschen um die 50 – erste Warnsignale ernst nehmen

Gerade auf dem Zenit der beruflichen Laufbahn ist die Gefahr eines Herzinfarktes groß. Im Interview erläutert Professor Horlitz, warum es schon in relativ jungen Jahren zu dieser lebensbedrohenden Gefahr kommen kann.

Kardiologie K�ln-Porz

Gerade auf dem Zenit der beruflichen Laufbahn ist die Gefahr eines Herzinfarktes groß. Im Interview erläutert Professor Horlitz, warum es schon in relativ jungen Jahren zu dieser lebensbedrohenden Gefahr kommen kann.

DIE WIRTSCHAFT: Professor Horlitz, warum ist es so, dass erfolgreiche Manager, wie z. B. der FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher, auf dem Zenit ihres Lebens plötzlich in jungen Jahren an einem Herzinfarkt sterben?

Professor. Dr. Marc Horlitz: Der Fall Schirrmacher vor einigen Jahren war leider der Klassiker. Erfolgreiche Menschen, die mitten im Berufsleben stehen, haben viel Stress – und plötzlich kommt der Knock-out. Das Alter zwischen 50 und 60 ist da übrigens typisch. Man will noch mal Gas geben, es noch mal allen und vor allem sich selbst zeigen, dass es noch höher hinausgehen kann. Gerade sehr, sehr erfolgreiche Männer, und auch zunehmend Frauen, merken dabei oft aber nicht, dass sie das Rad überdrehen. Sie werden zudem von einer Woge des Zuspruchs und der Anerkennung getragen. Das macht nicht selten „blind“ für erste Warnsignale, die der Körper sendet, das Gleichgewicht zwischen Körper und Seele verschwindet, am Ende kommt es zu organischen Schäden als Ausdruck dessen, dass man sich zu viel zugemutet hat. Das kann ein Bandscheibenvorfall sein, was ja noch vergleichsweise harmlos ist, aber es kann eben auch ein Herzinfarkt sein. Und dann zählt jede Minute und das Leben ist akut in Gefahr!

„Stress ist Gift für das Herz“

DIE WIRTSCHAFT: Unsere Leistungsgesellschaft fördert aber doch solche ungesunden Karrieren und erlaubt keine Schwächen. Immer der Erste und Innovativste, ständig erreichbar sein!

Professor. Dr. Marc Horlitz: Das stimmt leider, und es ist bewiesen, dass Stress Gift für das Herz ist. Wobei natürlich auch hier die Dosis das Gift macht. Wenn wir uns also keine Ruhephasen gönnen, dann kann das „Lebensrad“ schnell überdrehen. Und gerade Manager denken ja geradezu extrem wettbewerbsorientiert und handeln selbst bei ersten körperlichen Beschwerden immer noch nach dem Leistungsprinzip. Schmerzen wollen oder können sie oft im beruflichen Umfeld nicht zugeben, weil sie als Zeichen für Schwäche gedeutet werden können. Erst wenn sie behandelt wurden, können sie viel klarer und einfacher über ihre Krankheit reden – aber auch dann meist im Wettbewerb: Ich habe fünf Bypässe, mein Bettnachbar im Krankenhaus nur vier.

DIE WIRTSCHAFT: Wie kann es denn sein, dass Menschen unmittelbar nach dem Berufsleben, ja meist sogar in den ersten Tagen ihres Rentnerlebens, auf einmal einen Herzinfarkt bekommen und sterben?

Professor. Dr. Marc Horlitz: So paradox das klingt: Das kann auch am Stress liegen. Von 100 auf null, das muss man können und wollen. Wer z. B. als Arbeitstier sich nicht richtig darauf vorbereitet hat, dass plötzlich mehr Ruhe in das Leben einkehrt, gerät in der Tat durch das Nichtstun unter Stress. Deshalb sollten sich diese Menschen schon weit vor dem letzten Arbeitstag eine Strategie des langsamen Ausstiegs überlegen bzw. den Übergang in den Ruhestand planen.

„Stress darf einen nicht überfordern, sondern muss kompensiert werden.“

DIE WIRTSCHAFT: Aber was, wenn solche Menschen auch nach ihrem eigentlichen Berufsleben nicht aufhören können und sich weiter in Projekte oder Ehrenamt stürzen?

Professor. Dr. Marc Horlitz: Das ist an sich ja nicht schlimm. Man kennt das ja durchaus, dass einige Menschen regelrecht eine Beschäftigung brauchen. Wichtig ist vielmehr, dass man gelernt hat, mit Stress umzugehen. Stress darf einen nicht überfordern, sondern muss kompensiert werden. Autogenes Training, Meditation, aber auch eine stabile Familie – all das kann Ausgleich bedeuten.

DIE WIRTSCHAFT: Wie sieht es mit Sport aus?

Professor. Dr. Marc Horlitz: Klar, Ausdauer-Bewegung ist immer gut, also Laufen, Radfahren, Schwimmen, Walken. Gerade wenn jemand bereits herzkrank ist. Sport wirkt wie ein Medikament, weil er z. B. dabei helfen kann, den Blutdruck in einem optimalen Bereich zu halten. Damit einhergehen sollte eine ausgewogene, mediterrane Ernährung, also wenig Fleisch, viel Fisch, gute Öle und frisches Gemüse und Salat. Und bitte: Kohlenhydrate am Abend reduzieren, weniger Brot, Kartoffeln, Nudeln, Reis vor dem Schlafengehen. Denn wer abnimmt und schlank bleibt, hat auch seltener einen zu hohen Blutdruck, selten hohe Fettwerte, selten Diabetes. Das minimiert das Risiko deutlich. Und natürlich: keinesfalls rauchen.

DIE WIRTSCHAFT: Aber Alt-Kanzler Helmut Schmidt ist als bekennender Raucher damit sehr alt geworden.

Professor. Dr. Marc Horlitz: Das stimmt natürlich und wird auch oft von Rauchern dann als Argument ins Feld geführt. Da muss man dann aber klarstellen, dass eine günstige Genetik natürlich vieles kompensieren kann. Doch was, wenn ausgerechnet Ihre Gene nicht so robust sind? Was, wenn ausgerechnet bei Ihnen eine Veranlagung zur Bildung von sogenannten Plaques besteht? Das sind übrigens Ansammlungen von Fettzellen und Bindegewebe in den Herzkranzgefäßen. Bei Stress können die Gefäße an diesen Plaque-Stellen einreißen. Der Körper will das wieder reparieren, macht das manchmal aber so übereifrig, dass sich das komplette Herzkranzgefäß verschließt.

DIE WIRTSCHAFT: Das ist dann der eigentliche Herzinfarkt, stimmt’s?

Professor. Dr. Marc Horlitz: Genau, und immer noch sterben fast zwei von drei Patienten, wenn sie sich nicht sofort in ärztliche Hände begeben und unverzüglich in ein Herzkatheterlabor gebracht werden. Bei einem akuten Herzinfarkt kann es z. B. zu Kammerflimmern kommen, das innerhalb von Sekunden zur Bewusstlosigkeit führt. Nach fünf Minuten ist der Betroffene dann unbehandelt tot.

„Unverzüglich die 112 wählen“

DIE WIRTSCHAFT: Was ist in solchen Fällen zu tun, damit möglichst effektiv geholfen werden kann?

Professor. Dr. Marc Horlitz: Unverzüglich die 112 wählen, und zwar bei allen neu aufgetretenen Beschwerden augenblicklich, auch wenn die Symptome nicht so eindeutig sind. Wir sagen immer: lieber einmal zu viel als zu wenig anrufen! Die Gefahr ist vor allem für Frauen und Diabetiker im Rahmen eines Herzinfarktes sehr groß! Sie entwickeln oft nicht die typischen Beschwerden, weshalb Ärzte früher sogar vom „lügenden Frauenherz“ sprachen. Ärzte nahmen ihnen in Unkenntnis schlichtweg die Symptome als Zeichen für einen lebensbedrohlichen Herzinfarkt nicht ab. Heute weiß man: Frauen haben oft unspezifische Schmerzen im Oberbauch, im Unterkiefer oder nur Luftnot. Auch das können Anzeichen für einen Herzinfarkt sein. Also, nicht abwarten! Zwar können wir Ärzte auch noch am nächsten Tag ein verstopftes Gefäß wieder eröffnen, aber dann ist der Herzmuskel bereits abgestorben, das führt zu einer lebenslangen Herzschwäche und zu weiteren Komplikationen. Retten kann nur der sofortige Herzkatheter, je früher, desto besser!

DIE WIRTSCHAFT: Was bedeutet das für den Fall, dass man den Herzinfarkt überlebt?

Professor. Dr. Marc Horlitz: Das hängt davon ab, wie schnell das Gefäß mit dem Herzkatheter wiedereröffnet wurde. Zeit ist Herzmuskel! Je länger es dauert, bis der Patient versorgt wird, umso schlechter wird die Herzleistung und somit auch die Lebenserwartung. Das heißt, der Motor läuft zwar noch, aber nur auf halber Kraft. Außerdem drohen Rhythmusstörungen, die noch nach Jahren zum plötzlichen Herztod führen können.

DIE WIRTSCHAFT: Sie sind Chefarzt, Anfang 50.

Professor. Dr. Marc Horlitz: Ja, die gefährliche Phase beginnt.

„Gesunde Ernährung, wenig Kohlenhydrate, viel Bewegung“

DIE WIRTSCHAFT: Wie schützen Sie sich?

Professor. Dr. Marc Horlitz: Gesunde Ernährung, wenig Kohlenhydrate, viel Bewegung, seit vielen Jahren meditiere ich zudem einmal die Woche. Seither kann ich überlegter in Stresssituationen agieren, sodass Stress-Spitzen gar nicht mehr entstehen. Ich habe zudem eine sehr intakte Familie. Außerdem fahre ich täglich mit dem Fahrrad zur Klinik und sitze am Wochenende auf meinem Spinning-Fahrrad.

Weitere Infos unter: www.khporz.de

Der Artikel erschien in der Ausgabe 01.18 von DIE WIRTSCHAFT.

 

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