Er ist gut gestartet, hat bewegt, ist anerkannt, so leitete der Moderator Helmut Frangenberg, Redakteur des Kölner Stadtanzeiger, das Podiumsgespräch mit Dr. Walter-Borjans ein. Gab es Flops in den ersten hundert Tagen seiner Amtszeit?
Klare Antwort: nein. Unverblümte, direkte Anworten gehören zum Stil des Wirtschaftsdezernenten. Seine besondere Kunst dabei ist, nichts zu beschönigen und dennoch keinen an den Pranger zu stellen. Und, er kann Sachverhalte in Bilder verpacken, die sich einprägen und zum Mitmachen animieren.
Beispiel Allianz:
Eine Wirtschaftspolitik, die „nur Kommen und kein Gehen“ kennt, gebe es nicht. Aber, so Walter-Borjans, vielfach lassen sich Probleme auch im eigenen Bestand regeln. So geschehen mit Talanx, die einen Teil der Allianz-Mitarbeiter übernehmen wird.
Was ist aus dem Commitment geworden, in hundert Tagen mit hundert für die Kölner Wirtschaft wichtigen Akteuren zu sprechen?
Ist erledigt, so der Dezernent. Die Unternehmer, die er getroffen hat, seien froh, dass sie nun wieder einen Ansprechpartner haben. Insgesamt habe er große Begeisterungsfähigkeit für die Stadt und den Wunsch, etwas auf die Beine zu stellen, feststellen können. Dass ihm diese Aufgabe sogar Spass macht, glaubt man dem kontaktfreudigen Politiker gern.
Was hat ihn in seinen ersten Amtstagen gestört?
In erster Linie ist es das wirtschaftsfremde Verhalten in der Verwaltung. Ein innovativer Unternehmer ist bereit, Risiken einzugehen, führt er aus. In der Verwaltung hingegen sei die Risiko-Bereitschaft gleich Null. Der Wirtschaftsdezernent kann es sogar verstehen, denn sobald etwas schief läuft, wird von allen Seiten geschossen, von der Partei, der Politik, den Medien, etc. Im extremsten Fall wurde der Gescholtene sogar wegen Untreue verklagt. Das zu verändern, sei ein harter Brocken. Die politische Konstellation, rot-grüner Stadtrat und schwarzer OB, macht ihm nach eigenen Worten weniger zu schaffen. In Zeiten, wo keine Wahlen anstehen, will er „auf jede Mehrheit, die zu bekommen ist“, setzen.
Was muss angepackt werden?
Vieles, aber was Walter-Borjans besonders zu schaffen macht, ist die Bevölkerungsstruktur von Köln, geprägt von einem hohen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund- 46 Prozent der unter 18-Jährigen hat ausländische Wurzeln. Einerseits tragen die Zuwanderer zum Bevölkerungswachstum bei, vor allem der jungen Bevölkerung. Andererseits wird gerade in dieser Bevölkerungsgruppe die Kluft zwischen den sozialen Verlierern und denen mit Ausbildung immer größer. Das muß angepackt werden, denn die Stadt braucht Facharbeiter, betont der Dezernent.
Köln ist ein Premiumprodukt
Ein anderer Aspekt ist, wie sich die Stadt vermarktet. „Köln ist ein Premiumprodukt, das nicht auf der Billigschiene angeboten werden kann. Die Stadt hat nichts zu verschenken,“ lautet die Überzeugung von Walter-Borjans. Um so wichtiger ist für ihn, dass Qualität auf hohem Niveau angeboten wird. Anspruchsvolle Unternehmen verlangen aus seiner Erfahrung vor allem hochqualifizierte Menschen, aber auch repräsentative Büros, ein attraktives Kulturprogramm und ein vielfältiges Freizeitangebot. „Der höhere Preis für Qualität wird gezahlt, bei Persil klappt das ja auch noch“. Wieder ein typisches Beispiel von unserem Wirtschaftsdezernenten, der seine ersten Berufserfahrungen im Marketing des Henkel-Konzerns machte. Mit ihm hat Köln einen neuen Hoffnungsträger.
Karin Bäck
