Das Jahr 2016 war zwar voller negativer Nachrichten – der Brexit, der zunehmende IS-Terror nicht nur in Syrien, sondern auch in Deutschland, Frankreich, Belgien und Türkei, die Flüchtlingswelle in Europa, die zunehmenden Spannungen zwischen USA und Russland, die Bankenkrise in Italien, die Spaltung Europas, die Zunahmen des Nationalismus und Protektionismus in vielen Ländern der Welt, stark steigende Zinsen vor allem in den USA und in Italien …
DAX schloss immerhin mit 6,9 Prozent im Plus
Aber seit dem US-Wahlsieg Donald Trumps, was zuvor noch als schlechteste Nachricht des Jahres angesehen wurde, geschah genau das Gegenteil von dem, was zuvor erwartet wurde: der Dow Jones Industrial Index erreichte ein neues Allzeithoch und stieg damit um mehr als 15 Prozent seit Jahresbeginn. Erst seit diesem Wahlsieg stieg auch der Deutsche Aktienindex Dax auf 11.445 Indexpunkte und damit immerhin um 6,9 Prozent seit Jahresbeginn. Zuvor war der Dax wegen der China-Ängste – seit dem Mini-Crash im Januar 2016 – das ganze Jahr über im Minus. Ebenso wie die japanische Börse, die sich zum Jahresschluss durch einen Kursanstieg von mehr als 20 Prozent seit Oktober 2016 auch noch knapp ins Plus retten konnte.
Am besten schnitten in Deutschland Adidas ab, mit einem Plus von mehr als 60 Prozent, gefolgt von Siemens mit über 30 Prozent. Der Kurs der Deutschen Bank AG konnte sich nach dem Kurseinbruch zuvor seit dem Tief im September zwar wieder um mehr als 70 Prozent von 10 auf über 17 Euro erholen, blieb damit aber seit Jahresbeginn immer noch im Minus.
Italienische Banken weiter in Not
Auch die noch nicht behobene Bankenkrise in Italien und der Rücktritt des italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi nach dem verfehlten Referendum über eine Verfassungsänderung konnten die beeindruckenden Jahresendrallye des Dax und auch nicht die der Deutschen Bank aufhalten. Die Banca Monte dei Pascha de Seine wird 8 Milliarden Euro anstatt der zuvor angenommenen 5 Milliarden Euro für eine Kapitalerhöhung benötigen. Aber auch die italienische Großbank UniCredit Bank braucht wohl eine Kapitalspritze von mehr als 13 Milliarden Euro. Der italienische Staat will insgesamt 20 Milliarden Euro zur Rettung der italienischen Großbanken zur Verfügung stellen, obwohl Italien mit 135 Prozent zum Bruttosozialprodukt schon hochverschuldet ist.
Moskauer Börse mit ordentlich Rückenwind – durch steigenden Ölpreis und US-Wahlsieg
Am meisten konnten die Aktien an der Moskauer Börse zulegen. Dort kamen neben Kursgewinnen auch hohe Währungsgewinne hinzu. Der russische RTS-Index stieg auf US-Dollarbasis um 51,1 Prozent auf 1.152 Indexpunkte, der Micex auf Rubel-Basis aber „nur“ um 25,3 Prozent auf 2.232 Indexpunkte. Der Rubel war 2016 dank des fast um 50 Prozent gestiegenen Ölpreises sogar einer der stärksten Währungen der Welt. So gab der Euro zum Rubel 2016 um 21 Prozent auf 64,46 Euro/Rubel nach und der US-Dollar zum Rubel um 17,7 Prozent auf 61,21 US-Dollar/Rubel.
Volatile russische Goldaktien trotz scharfer Korrektur noch mit 44 Prozent im Plus
Gold stieg 2016zwar in US-Dollar trotz der dreimonatigen Talfahrt zum Jahresende noch um 8,9 Prozent in US-Dollar auf 1.151 US-Dollar/Unze bzw. in Euro sogar um 13,4 Prozent auf 1.093 Euro/Unze. Das war immer noch besser als die Performance des Dax war. Allerdings fiel Gold in Rubel um etwa 10 Prozent. Das gab es zuvor schon lange nicht mehr.
Russische Energieaktien 2016 besonders gefragt: plus 158 Prozent
Am meisten stiegen in Russland die Aktien aus dem Energiebereich wie bei den Aktien RusHydro und Mosenergo, deren Kurse sich mehr als verdoppeln konnten. Der RTX Energy Index, wo nur russische Versorger drin sind, stieg 2016 in Euro sogar um 158 Prozent auf 1.361 Indexpunkte, der RTX Mining & Metals-Index um 91 Prozent auf 2.787 Indexpunkte und der RDX Oil & Gas-Index um 57,91 Prozent auf 1.634 Indexpunkte, was schon die unterschiedliche Entwicklung in verschiedenen russischen Branchen in Russland aufzeigt. Mehr als verdoppeln konnte sich auch die Aktien von Aeroflot und der Sberbank. Der Kurs von Aeroflot konnte seit Anfang 2015 sogar um 357 Prozent und der Sberbank um 237 Prozent ansteigen. Auch der russische Stahlproduzent aus Magnitorsk MMK stieg seit 2015 schon um 241 Prozent. Der russische Stahl- und Kohleproduzent Mechel stand zwar 2014 aufgrund der zu hohen Schulden in Fremdwährung und der stark gefallen Stahl- und Kohlepreise kurz vor der Pleite, konnte aber nach seiner Rettung den Aktienkurs 2015/2016 mehr als verzehnfachen, was die großen Chancen russischer Turnaround-Aktien aufzeigt. Aber auch die „Red Chips“ Gazprom, Lukoil und Rosneft konnten jeweils um weit über 50 Prozent im Jahr 2016 bzw. seit dem Tief im Februar 2016 um 70 bis 90 Prozent zulegen und damit die westlichen Blue Chips deutlich schlagen.
Industriemetalle erstmals seit fünf Jahren wieder im Aufwind
Industriemetalle befinden sich erstmals seit einer über fünfjährigen Baisse wieder im Aufwind. Neben Brentöl (2016: plus 52 Prozent) stiegen auch die meisten Industriemetalle 2016 stark an, angeführt von Zink mit plus 60 Prozent, gefolgt von Zinn mit plus 45 Prozent, Kupfer mit plus 18 Prozent, Nickel mit plus 14 Prozent und Aluminium mit plus 12 Prozent. Unter den Edelmetallen stieg Palladium am meisten mit plus 21 Prozent, gefolgt von Silber mit plus 15 Prozent und Gold mit plus 8 Prozent (in Euro plus 10 Prozent). Platin landete nur auf dem Vorjahresniveau. Davon profitieren konnten auch einige Rohstoffunternehmen aus Russland wie Norilsk Nickel.
Steigende Zinsen und Inflationsraten 2017 wahrscheinlich
Die stark gestiegenen Rohstoffpreise dürften die Inflation in diesem Jahr anheizen, womit auch die Zinsen weiter ansteigen werden. Experten rechnen damit, dass die amerikanische Notenbank Fed die Zinsen in diesem Jahr dreimal anheben wird, nachdem sie die Zinsen am 14. Dezember 2016 zum zweiten Mal um 0,25 Basispunkte auf 0,75 Prozent angehoben hatte. Dagegen dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen weiter niedrig halten, was den Euro weiter schwächen dürfte. 2016 fiel der Euro zum US-Dollar schon um etwa 4 Prozent und kann in diesem Jahr auf die Parität fallen, wenn die Marke 1,04 Euro/US-Dollar nachhaltig unterboten wird.
Obama mutiert zum Jahresschluss von der „lahmen zur wilden Ente“
Der noch amtierende US-Präsident Barack Obama mutierte zum Jahresschluss zwar noch von der „lahmen zur wilden Ente“, indem er wegen angeblicher russischer Cyberattacken gegen Russland Sanktionen aussprach und 30 russische Diplomaten des Landes verwies, aber Russlands Präsident Wladimir Putin zeigte sich wohlwollend und sprach trotz der Empfehlung seines Außenmisters Sergej Lawrow keine Sanktionen gegen die USA aus. Der designierte neue US-Präsident Trump begrüßte dies und bezeichnete es als klug. Obama sorgte schon zuvor auch dafür, dass das Bohren in der Arktis nach Öl und Gas für US-Unternehmen verboten wird, womit er sich als „Mr. Saubermann“ verabschieden will. Es kann aber gut sein, dass Trump versuchen wird, die Beschlüsse wieder rückgängig zu machen.
Russland profitiert vom Trump-Effekt
Die Beziehungen zwischen den USA und Russland dürften sich in Zukunft deutlich verbessern, wenn Trump offiziell das Präsidentenamt übernimmt und wenn dann der amtierende ExxonMobil-Chef Rex Wayne Tillerson der neue US-Außenminister wird. Ihm werden sehr gute Beziehungen zu Putin nachgesagt. Diese Konstellation ist für den Weltfrieden wesentlich besser als wenn Hillary Clinton die US-Wahl gewonnen hätte. Denn unter Clinton würden die Spannungen zwischen den USA und Russland eher zunehmen, was über die Stellvertreterkrieg in Syrien und in der Ukraine auch zu einem dritten Weltkrieg führen könnte.
Wer ist der „Gute“ und wer der „Böse“ in Syrien und wer in Jemen?
Auch Obama unterstützte die Rebellen in Syrien mit Waffen und er wollte Assad stürzen. Im Schulterschluss mit Saudi-Arabien war der „Regime change“, also ein Regierungswechsel, sein vorrangiges Ziel. Das erreichte er aber durch die Intervention Russland nicht. Auch der unsägliche Krieg in Jemen, wo in Wirklichkeit Saudi-Arabien mit amerikanischer Hilfe gegen den Iran kämpfte, findet kein Ende. Darüber wird nur selten in den Medien berichtet. Stattdessen berichten sie immer nur über Syrien, wo Putin aufgrund der Luftangriffe in Aleppo zum Kriegsverbrecher erklärt wird.
In Jemen sind jedoch 16 Millionen Menschen betroffen und auch dort sterben viele Zivilisten und Kinder. Millionen Kinder leiden in Jemen aufgrund des schon lange andauernden Bürgerkriegs an Hunger, was durch die dominante Syrienberichterstattung in Vergessenheit gerät. Was aber nach einem Großangriff in Mossul auch mit Zivilisten und Kindern passiert, berichtet kaum einer. Hier wird bei den Leitmedien leider nicht immer objektiv und umfassend berichtet und auch mit zweierlei Maß die Doppelmoral nicht beachtet, was schon Richtung Propaganda geht. Due humanitäre Hilfe ist in Jemen genauso wichtig wie in Syrien, auch wenn Jemen nicht im Rampenlicht der Medienberichterstattung steht.
Zweierlei Maß und Doppelmoral in den Leitmedien
Als Doppelmoral wird nach Wikepedia „ein Normensystem bezeichnet, das gleiches Verhalten ethisch unterschiedlich bewertet, je nachdem, welcher Personengruppe die ausführende Person oder die betroffenen Personen angehören, ohne dass dafür ein sachlicher Grund vorhanden wäre.“ So werden die militärischen Aktionen in Mossul beim Kampf gegen die Terrormiliz IS positiv bewertet, aber die militärischen Aktionen in Aleppo beim Kampf gegen Rebellen und die Terrormiliz negativ bewertet. Ganz vergessen wird dabei aber zudem, dass die USA durch den völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak mitverantwortlich für den Entstehen des IS und wenn man so will auch für die Flüchtlingswelle in Europa sind. Steht hinter der Flüchtlingswelle etwa auch eine amerikanische außenpolitische Strategie, um Europa zu schwächen?
Bitcoins are simply the best!
Noch besser als russische Aktien schnitt im vergangenen Jahr die digitale Kryptowährung Bitcoins ab, deren Wert sich 2016 um mehr als 100 Prozent auf über 1.000 US-Dollar verdoppelt hat. Im Jahr 2013 war ein Bitcoin noch für 25 US-Dollar zu haben. Der Faktor war also 40, ganz zu schwiegen von den Anfängen des Bitcoin in den Jahren 2009/2010. Mit 1.000 Euro hätte man also heute einen neuen Mitteklasse wagen finanzieren können, wenn man schon 2013 Bitcoins gekauft hätte. Bitcoins waren als die beste Geldanlage der Welt seit 2009/2010.
Nun versuchen andere Kryptowährungen wie „Onecoins“ dem Bitcoin Konkurrenz zu machen, aber nur eine Kryptowährung wird sich durchsetzen können. Es wird auch noch lange dauern, bis sich Bitcoins als Handelswährung überall anerkannt werden. Durchsetzen könnte sich aber die geradezu revolutionäre Blockchain-Technologie, also der Geldtransfer via Internet ohne Vermittler, ganz zum Leidwesen der Notenbanken und Banken, da die Gebühren für den Geldtransfer dann wegfallen. Unter einer Blockchain wird nach Wikepedia (auch Block Chain, englisch für Blockkette) „eine erweiterbare Liste von Datensätzen verstanden, deren Integrität (Sicherung gegen nachträgliche Manipulation) durch Speicherung der (kryptografischen) Prüfsumme, also eines Hashes des vorangehenden Datensatzes im jeweils nachfolgenden gesichert ist.“
Neuerdings gibt es auch Finanzprodukte auf Bitcoin-Basis, wobei die Anleger an der Performance der Bitcoins partizipieren können. Diese neuen Finanzprodukte stiegen alleine in der letzten Handelswoche um über 20 Prozent.
Das erste große Fragezeichen für 2017: Was macht Trump tatsächlich?
Nun werden alle Anleger wohl erst einmal die konkreten Entscheidungen von Trump nach seiner Amtseinführung abwarten. Die Hoffnung der Anleger beruht auf einem deutlichen Wachstum des Bruttosozialprodukts und der Unternehmensgewinne in den USA aufgrund der angekündigten Steuersenkungen, die aber die Staatsverschuldung nach oben treiben werden. Gespannt sein darf man auch, wie sich Trump außenpolitisch gegenüber China, dem Iran sowie Russland verhalten wird.
Das zweite große Fragezeichen für 2017: Wie entwickelt sich Europa weiter?
Europa steht aufgrund des Wahlmarathons in den Niederlanden, in Frankreich und in Deutschland vor großen Herausforderungen, falls dort jeweils die rechten Populisten nennenswert an Stimmen hinzugewinnen. Kaum einer hat es bisher auf der Rechnung, dass, wenn die rechtsextreme Marine Le Pen die Wahl in Frankreich im Mai gewinnen sollte, die Spaltung Europas und die Abschaffung des Euros bevorstehen könnte, was ein Chaos in Europa auslösen könnte.
Zudem müssen noch die Bankenprobleme in Italien durch Kapitalerhöhungen gelöst werden, wobei wie erwähnt die Kapitalerfordernisse höher sind als zuvor erwartet. Gespannt sein darf man auch, wie Europa den Brexit bewältigen wird und wie Großbritannien hernach wirtschaftlich abschneidet. Es gibt also viele Fragezeichen für 2017 für die Anleger. Aber gerade das macht die Börse so spannend und unberechenbar. Es wird wohl auch 2017 zu starken Kursauschlägen nach oben und unten kommen. Die Volatilität dürfte also zunehmen.
Das Motto bleibt für risikofreudige Anleger: Go East!
In jedem Fall lohnt weiterhin ein Blick auf Osteuropa. Denn zehn Börsen in Osteuropa zählten im vergangenen Jahr zu den 30 am besten performenden Börsen der Welt, darunter auch die Budapester Börse mit einem Plus von 28 Prozent nach schon plus 42 Prozent im Jahr 2015. Auch die Börsen im Baltikum (Lettland, Litauen, Estland) und einige Börsen auf dem Balkan wie die Börse Sofia (Bulgarien) mit plus 26 Prozent, aber auch die Börse Zagreb (Kroatien) mit plus 18 Prozent machten 2016 viel Freude und konnten den Dax klar outperformen. Die Aktien aus Kasachstan stiegen ähnlich wie an der Moskauer Börse um 40 bis 60 Prozent im Durchschnitt. Starkes Erholungspotenzial haben noch die Aktien aus der Ukraine, falls der Minsk-II-Prozess umgesetzt werden kann, was aber wohl noch eine Zeit erfordert.
Andreas Männicke
