„Notstände“ kennt man aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen, zum Beispiel bei Naturkatastrophen, Krieg und Aufruhr oder auch aus dem Strafrecht. Aus dem Strafrecht, wenn eigentlich strafbare Handlungen durch das Vorliegen eines Notstandes – beispielsweise Gefahr für Leib und Leben – gerechtfertigt sind. Gefahren bestehen für Kapitalanleger unzweifelhaft – und das schon länger. Die Zinsen sind in weiten Bereichen in den homöopathischen Bereich abgetaucht oder gar schon negativ, Gebühren für Guthaben stehen vor der Tür und sichere, Ertrag bringende Anlagen scheint es nicht mehr zu geben. Selbst das geliebte Betongold wirft kaum noch effektive Renditen ab und die Blasenbildung ist in diesem Marktbereich kaum noch zu übersehen. Und dann kommt zum Jahreswechsel noch die Inflation zurück. Das ist ein echter Notstand. Allerdings ist Notstand negativ konnotiert, wird schnell generalisiert, führt schon einmal zur Schockstarre und verstellt den Blick für das Ganze – in diesem Fall das ganze Anlageuniversum.
Naturgemäß sehen das alle, die an und mit der Börse ihr Geld verdienen, völlig anders, denn die Aktienmärkte laufen seit gut 5 Jahren ordentlich nach oben, trotz aller Krisen, Brexit und Trump. Vermutlich ist die Wahl so zu erklären.
Das „Börsen-Unwort des Jahres“ wird von der Börse Düsseldorf in Anlehnung an die 1991 ins Leben gerufene sprachkritische Aktion des Frankfurter Germanisten Prof. Dr. Horst Dieter Schlosser seit 2001 ermittelt.
Die bisherige Börsen-Unwörter waren:
• 2015: „Zinswende“
• 2014: „Guthabengebühr“
• 2013: „Billiges Geld“
• 2012: „Freiwilliger Schuldenschnitt“
• 2011: „Euro-Gipfel“
• 2010: „Euro-Rettungsschirm“
• 2009: „Bad Bank“
• 2008: „Leerverkauf“
• 2007: „Subprime“
• 2006: „Börsen-Guru“
• 2005: „Heuschrecken“
• 2004: „Seitwärtsbewegung“
• 2003: „Bester Preis“
• 2002: „Enronitis“
• 2001: „Gewinnwarnung“