In vielen Fällen hat der Vertragsarbeitgeber aber nur einen vagen Verdacht und noch keine stichhaltigen Beweise. Hier kann die Beauftragung eines Detektivbüros helfen. Damit sind allerdings erhebliche Kostenaufwendungen verbunden. Kann der Arbeitnehmer tatsächlich überführt werden, stellt sich im Nachhinein die Frage, ob die Detektivkosten im Wege eines Schadensersatzanspruchs zurückgefordert werden können. Das Bundesarbeitsgericht hat die Anforderungen an einen solchen Schadensersatzanspruch in einem aktuellen Urteil nochmals für die Praxis entschieden (BAG, Urteil v. 28.10.2010 – 8 AZR 547/09).
Der Fall:
Arbeitgeber und Arbeitnehmer streiten über einen Schadensersatzanspruch wegen gezahlter Detektivkosten in Höhe von 40.301,00 € netto zuzüglich Umsatzsteuer . Der Arbeitgeber betreibt Arbeitnehmerüberlassung und beschäftigte bereits seit 2001 den beklagten Arbeitnehmer als Leiter für die Niederlassung München.
Der Niederlassungsleiter beabsichtigte im Dezember 2003 seine Tätigkeit für das Zeitarbeitsunternehmen mit Ablauf des Monats Januar 2004 einzustellen und anschließend eine Konkurrenztätigkeit ebenfalls auf dem Markt der Arbeitnehmerüberlassung auszuüben.
Anfang Januar 2004 entfernte er seine privaten Gegenstände aus seinem Büro. In der zweiten Kalenderwoche 2004 besuchte er dann die A. GmbH, eine Kundin des bisherigen Arbeitgebers in München.
Mitte Januar schloss dann sein Arbeitgeber mit der Detektei H. einen Dienstvertrag, der die Überwachung des Mitarbeiters hinsichtlich etwaiger Konkurrenztätigkeiten zum Gegenstand hatte.
Am 19. Januar 2004 nahm eine Mitarbeiterin der Detektei telefonischen Kontakt zur Ehefrau des Arbeitnehmers auf. Er erhielt von dieser die Information, ihr Mann habe sich vor etwa einem Jahr in München im Bereich der Personalvermittlung selbständig gemacht. Die Mitarbeiterin der Detektei teilte der Ehefrau mit, dass ein Unternehmen namens K. Group derzeit Personal suche und hinterließ eine Telefonnummer. Bei der K. Group handelte es sich um eine von der Detektei errichtete Scheinfirma, die den Beklagten einer bereits aufgenommenen Konkurrenztätigkeit überführen sollte.
Der Beklagte nahm daraufhin telefonischen Kontakt zu der K. Group auf und erstellte dieser namens einer von ihm bereits gegründeten Gesellschaft am 22. Januar 2004 ein Angebot.
Die Überwachung des Mitarbeiters durch die Detektei H. wurde bis einschließlich 27. Februar 2004 durchgeführt. Für ihre Tätigkeit berechnete die Detektei dem Arbeitgeber insgesamt 40.301,00 € netto zuzüglich Umsatzsteuer. Der Gesamtbetrag setzte sich aus fünf Einzelrechnungen zusammen, nämlich aus Rechnungen für den „Einsatzzeitraum: 14.01.2004 bis 23.01.2004 sowie vier weitere Zeiträume bis Ende Februar 2004“.
Der Arbeitgeber meint, der Arbeitnehmer sei zum Ersatz der Detektivkosten verpflichtet. Die Detektei sei anlässlich des konkreten Verdachts einer Konkurrenztätigkeit des Beklagten beauftragt worden und er sei durch die Überwachung einer Konkurrenztätigkeit tatsächlich überführt worden. Im Zeitpunkt der ersten Beauftragung der Detektei habe ein konkreter Verdacht einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit bestanden. Dieser habe sich einerseits aus dem Gespräch von Ende Dezember 2003 ergeben, andererseits daraus, dass der Arbeitnehmer seine Privatgegenstände aus dem Büro entfernt und Anfang Januar 2004 die Kundin A. GmbH besucht habe.
Das Landesarbeitsgericht hat die Schadensersatzklage abgewiesen.
Die Entscheidung:
Im Revisionsverfahren hat das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bestätigt. Ein Anspruch auf Erstattung der Detektivkosten wurde verneint.
I. Detektivkostenerstattung wegen einer Konkurrenztätigkeit
Ein Arbeitgeber, der eine Detektivkostenerstattung wegen einer Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers durchsetzen will, muss konkrete Anhaltspunkte dafür haben, dass der Arbeitnehmer eine Wettbewerbstätigkeit tatsächlich ausübt und dadurch die wettbewerblichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitnehmer wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (§ 280 Abs. 1 BGB) dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird.
II. Konkreter Verdacht erforderlich!
Für den ersten Observationszeitraum vom 24. Januar 2004 bis zum 23. Januar 2004 bestand aber nach Auffassung der Gerichte noch kein konkreter Verdachtsmoment für eine Konkurrenztätigkeit. Diese ergab sich nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts weder aus dem geäußerten Abkehrwillen noch aus der Entfernung privater Gegenstände aus dem Büro oder dem durchgeführten Kundenbesuch. Hierbei habe es sich lediglich um Grundermittlungen zur Wettbewerbstätigkeit des Arbeitnehmers gehandelt.
Hinweis für die Praxis:
Die Rechtsprechung stellt damit sehr hohe Anforderungen an den konkreten Tatverdacht. Allgemeine Verdachtsmomente reichen noch nicht aus. Erforderlich ist ein konkreter Verdacht.
III. Keine Kostenerstattung bei bereits feststehenden Verstößen
Im Rahmen der ersten Ermittlungen bestätigte sich der Verdacht der Wettbewerbstätigkeit aufgrund des Telefonats einer Mitarbeiterin der Detektei mit der Ehefrau des Beklagten und durch die Abgabe des Angebotes an die K. Group namens seiner neu begründeten GmbH. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass unter vernünftigen wirtschaftlichen Gesichtspunkten unter Zugrundelegung dieser Kenntnisse weder nach Ablauf der Erstbeschattung noch zu einem späteren Zeitpunkt die Erteilung eines Folgeauftrages an die Detektei zur Überwachung des Arbeitnehmers notwendig war. Eine solche Überwachung konnte zu diesem Zeitpunkt keinen Beitrag zur Beseitigung einer Vertragsstörung oder zur Schadensverhütung mehr leisten. Der Arbeitgeber wusste aufgrund dieses Angebotes, dass der Arbeitnehmer bereits zu diesem Zeitpunkt auf dem Markt der Arbeitnehmerüberlassung selbständig tätig war und seine Dienste anpries, obwohl er noch in einem Arbeitsverhältnis zu seinem Arbeitgeber stand. Aufgrund dieser Kenntnis hätte der Arbeitgeber verschiedene Möglichkeiten gehabt, die Arbeitsvertragsverletzung zu beseitigen. So hätte sie das Arbeitsverhältnis fristlos beenden können oder dem Arbeitnehmer durch eine einstweilige Verfügung die Ausübung des Wettbewerbs untersagen lassen können. Stattdessen hat sie ihn mit der Vertragsverletzung fortfahren lassen und nicht versucht, aufgrund der erlangten Informationen, weitere Schäden zu verhüten.
Hinweis für die Praxis:
Der Arbeitgeber hatte damit insgesamt keinerlei Schadensersatzansprüche. Schon die mit der Erstbeauftragung der Detektei verbundenen Kosten waren nicht erstattungsfähig. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine konkreten Verdachtsmomente. Zwar bestätigen sich die Verdachtsmomente durch die Einschaltung des Detektivbüros. Da damit aber zugleich der Nachweis einer Konkurrenztätigkeit geführt werden konnte, hätte der Arbeitgeber auch von der Zweit- und Folgebeauftragung der Detektei absehen müssen. Diese weitere Beauftragung war aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr vernünftig und damit ebenfalls nicht erstattungsfähig.
Fazit:
Detektivkosten sind grundsätzlich erstattungsfähig. Der Arbeitgeber muss aber sorgfältig vorgehen. Hat er nur allgemeine Verdachtsmomente, kann die Erstbeauftragung nicht erstattet werden. Erforderlich sind „konkrete Verdachtsmomente“ für eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung. Werden allerdings durch die Erstbeauftragung konkrete Verdachtsmomente begründet, kann dann der Folgeauftrag gerechtfertigt sein und die durch den Folgeauftrag entstehenden Kosten lösen einen Schadensersatzanspruch aus.
BAG, Urteil v. 28.10.2010 – 8 AZR 547/09
Dr. Nicolai Besgen