Heidi Klum dürfen wir ausnahmsweise nennen. Ansonsten bleibt die Liste der Klienten natürlich – auch für uns – unter Verschluss. Der Gründer der „Höcker Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft “ ist inzwischen selber prominent. Dr. Ralf Höcker, 1971 in Köln geboren, hat sich als Bestsellerautor einen Namen gemacht. Sein „Lexikon der Rechtsirrtümer“, drei Bände, das „Lexikon der kuriosen Rechtsfälle“ und das Langenscheidt Wörterbuch Anwalt-Deutsch/Deutsch-Anwalt wurden bisher fast 1 Million mal verkauft. Der sympathische und smarte Anwalt reüssierte zudem als TV- und Bühnenstar. Er ist Stammgast bei Kerner, Jauch & Co. und tourte mit großem Erfolg durch 20 deutsche Städte mit seiner Bühnenshow „Einspruch“. Bei so viel Medienpräsenz rückt schon mal seine Kompetenz als Fachanwalt für Marken- und Medienrecht in den Hintergrund. Tatsache ist, dass er seit nunmehr fast zehn Jahren zusammen mit seinen Partnern viele deutsche und internationale Mandanten erfolgreich vertritt.
Nach Jurastudium und Promotion in Köln erwarb Ralf Höcker am King`s College London den Master of Laws (LL.M.) in Intellectual Property, zu deutsch Urheber- und Markenrecht. Ursprünglich wollte er BWL studieren. Aber zum Glück habe er sich schließlich für Jura entschieden. Mathe sei nie sein Ding gewesen. Dafür um so mehr der Anwaltsjob. „Ziel ist immer, für den Mandanten Recht zu bekommen. Dabei hilft mir mit Sicherheit meine rechthaberische Natur. Kämpfen, Erfolg haben, sich über den Erfolg freuen – das ist, was mir am Job viel Spaß macht“, so Ralf Höcker.
Neben seiner „rechthaberischen“ Natur- offensichtlich nur gegenüber Kontrahenten – bringt Ralf Höcker auch sonst alle Voraussetzungen für seine Anwaltstätigkeit im Marken- und Medienrecht mit. Dazu zählt auch, dass er sieben Sprachen spricht. Als da sind: Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch, Afrikaans und Niederländisch. „Im Markenrecht sind Fremdsprachen sehr wichtig, um die landessprachlichen Bedeutungen eines Namens zu verstehen“, erklärt der Anwalt. Viele werden sich noch an das Debakel mit dem Namen „Pajero“, den Geländewagen von Mitsubishi, erinnern. Die Namensentwickler hatten nicht gecheckt, dass „Pajero“ in den spanischsprachigen Ländern in der Vulgärsprache für „Wichser“ steht. Ein Fehlgriff war auch das Wort „Bodybag“ für Rucksack, denn im englischen bedeutet es „Leichensack“. Auch der Produktname Rolls Royce Silver Mist wurde weniger mit silbernem Nebel sondern mehr mit Mist und Jauche assoziiert, erzählt Ralf Höcker. Um teure Flops zu vermeiden, kooperiert die Kanzlei Höcker mit dem Kölner Markennamenentwickler Endmark.
Business-on.de: Im kommenden Jahr startet die neue TV-Serie „Einspruch! Die Show der Rechtsirrtümer“ in RTL, moderiert von Ralf Höcker und Andrea Kiewel. Das sieht nach Star-Karriere aus. Die Medien bezeichnen Sie bereits heute als Star-Anwalt. Ist Ihnen das unangenehm?
Ralf Höcker: Sowohl Star- als auch Promi-Anwalt sind in gewisser Weise peinliche Begriffe, weil damit eher etwas Schillerndes bzw. Unseriöses assoziiert wird. Aber das trifft auf uns in keinster Weise zu. Wir sind eine sehr bodenständige Kanzlei.
Business-on.de: Aber Sie lieben auch die Selbstdarstellung.
Ralf Höcker: Keine Frage. Anfangs hatte ich allerdings große Bedenken so öffentlich aufzutreten. Unsere PR-Agentur war anderer Meinung und sie hatten recht damit. Es mag zwar sein, dass sich der eine oder andere von der Medienpräsenz abschrecken lässt. Aber unter dem Strich ist Aufmerksamkeit immer etwas Sinnvolles für eine Kanzlei. Deswegen scheue ich die Öffentlichkeit nicht. Und wir haben Erfolg damit.
Business-on.de: Steckt man als Anwalt ab und zu mal mit einem Bein im Kittchen?
Ralf Höcker: Nein, wenn man nichts Verbotenes macht. Schwarze Schafe gibt es überall. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass sich Juristen allen Vorurteilen zum Trotz insgesamt sogar rechtstreuer verhalten als der Durchschnitt der Bevölkerung. Als Student, das gebe ich zu, bin ich schon mal schwarz gefahren. Aber je mehr man sich mit dem Recht beschäftigt, desto weniger ist man bereit, Rechtsverletzungen zu begehen. Und Schwarzfahren ist nun mal eine Beförderungserschleichung und damit ein Straftatbestand.
Business-on.de: Im Winter soll Ihr nächstes Buch „Lexikon der Internetfallen“ erscheinen. Was ist so eine typische Internetfalle?
Im Internet ist Vorsicht geboten
Ralf Höcker: Viele glauben, dass das Internet ein rechtsfreier Raum ist, in dem man konsequenzlos schreiben und veröffentlichen kann, was man will. Das ist definitiv nicht so. Das, was man als Tratsch und Klatsch in Freundes-, Bekannten- oder Familienkreisen im Gespräch verbreitet, ist möglicherweise auch verboten, hat aber selten rechtliche Folgen. Im Blog ist das Geschriebene dagegen für jeden zugänglich und kann relativ leicht von einem Geschädigten angegriffen werden. Das verstehen viele nicht. Tatsächlich muss man im Internet vorsichtiger sein als im täglichen Gespräch mit Freunden und Bekannten. Als Medienrechtler kann ich aus eigener Erfahrung nur warnen. Man kann dabei ganz schön übel auf die Nase fallen.
Business-on.de: Es heißt, dass sich Inhalte im Internet nie ganz löschen lassen.
Ralf Höcker: Das funktioniert schon. Wir hatten kürzlich den Fall, dass ein Mann, der in Scheidung lebt, von seiner Frau in übelster Weise, d.h. rufschädigend im Internet angegriffen wurde. Sie lebt im Ausland und dachte wahrscheinlich deswegen, dass ihr nichts passieren könnte. Wir haben ihr jetzt im Ausland eine einstweilige Verfügung vom Gericht zustellen lassen mit der Aufforderung, diesen Rosenkrieg im Internet zu unterlassen. Die Texte sind nun weg und die Frau ist um eine Erfahrung reicher. Noch wichtiger ist der Schutz der Reputation aber für Unternehmen. Wir haben uns darauf spezialisiert, den guten Ruf einer Firma auch im Internet zu schützen.
Business-on.de: Sie erwähnten Google. Momentan laufen Springer & Co Sturm gegen Google, weil sich der Suchmaschinenbetreiber aus Sicht der Verleger mit ihren Online-Inhalten bereichert. Haben die Verleger eigentlich eine Chance, gegen Google rechtlich vorzugehen?
Google soll für falsche Behauptungen haften
Ralf Höcker: Es kommt ganz drauf an. Wir bereiten zum Beispiel gerade ein Muster-Verfahren gegen Google vor, in dem es um die Frage geht, inwieweit Google für die Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen in Suchergebnissen haftet.
Business-on.de: Google bietet doch nur Links in ihren Suchergebnissen an. Warum sollten sie haften?
Ralf Höcker: Wir sind der Meinung, dass Google durchaus haften muss für das, was unmittelbar in den Suchergebnissen zu lesen ist.
Business-on.de: Können Sie das bitte näher erläutern?
Ralf Höcker: Immer häufiger werden falsche Tatsachenbehauptungen ganz bewusst auf Webseiten verbreitet, auf die man aus Deutschland als Betroffener rechtlich schlecht zugreifen kann, etwa auf asiatische Webseiten. Das Problem ist, dass man sein Recht in diesen Drittländern nur schwer durchsetzen kann. Für große Unternehmen in Deutschland ist das problematisch, wenn beispielsweise falsche Behauptungen über ihre Dienstleistungen auf diesen Websites stehen und Google sie in den Suchergebnissen als Link präsentiert. Deswegen gibt es ein großes Interesse, gegen Google selber vorzugehen und sie dazu zu veranlassen, diese Suchergebnisse zu löschen. Unser Ansatzpunkt ist, dass Google diese Verleumdungen kopiert, auf dem eigenen Server speichert und damit selber zum Verbreiter falscher Behauptungen wird.
Business-on.de: Trifft das nur auf den asiatischen Raum zu?
Ralf Höcker: Ähnliches gibt es auch in Amerika, wo Google zahlreiche Blogs anbietet, in denen falsche Behauptungen in deutscher Sprache verbreitet werden. Google stellt sich auf den Standpunkt, dass dies Beiträge Dritter seien, die sie nicht überprüfen können und deshalb nicht löschen müssen. Das sieht die deutsche Rechtssprechung ein bisschen anders. Die gleiche Argumentation gibt es auch bei Videoplattformen wie YouTube, sevenload, etc..
Business-on.de: In Ihrem „Lexikon der kuriosen Rechtsfälle“, das sie zusammen mit Ihrem Partner Dr. Carsten Brennecke verfasst haben, geht es um so Fälle wie: Gehört ein Hund zum Hausrat? Ist „Altweibersommer“ ein diskriminierender Begriff? Darf man Polizisten als Wegelagerer bezeichnen? Kann man einen Grabstein pfänden lassen? Hat man einen Anspruch auf Invalidenrente, wenn Sex zur Querschnittslähmung geführt hat? Ich nehme an, dass dieses Buch auch einen ernsten Hintergrund hat.
Information und Unterhaltung für mehr Rechtsverständnis
Ralf Höcker: Aber natürlich! Ich verbinde in allen meinen Büchern immer Information und Unterhaltung. Die Leser sollen schmunzeln, aber auch etwas lernen und die Hintergründe am Beispiel von kuriosen Gerichtsentscheidungen verstehen.
Business-on.de: Was sind so typische Verstöße im Medienrecht?
Ralf Höcker: Kürzlich hatten wir einen Fall, in dem es um die Frage ging, ob man das Bild einer Person mit Photoshop & Co verändern darf. In dem konkreten Fall konnten wir eine einstweilige Verfügung erwirken wegen eines Zeitschriftencovers, auf dem eine bekannte Moderatorin abgebildet war mit vergrößerter Oberweite, mit aufblondierten Haaren, mit signalrotem Lippenstift und ihr schwarzes Kleid war rot gefärbt. Der Gesamteindruck war billig, fast schon puffig. Dagegen kann man sich zu recht wehren.
Business-on.de: A propos Wahl. In Dresden hat die NPD in der Innenstadt Plakate aufgehängt, auf denen „Ausländer raus“ und andere ausländerfeindliche Sprüche zu lesen sind. Die ausländischen Touristen sind ohne Frage stark verunsichert. Kann man dagegen vorgehen?
Ralf Höcker: Wir haben gerade den Fall, bei dem Rechtsradikale das Foto unserer Mandantin Lena Gercke, der Gewinnerin der ersten Staffel von Germany´s next Topmodel, für Aufkleber missbraucht und ihr rechtsextreme, demokratiefeindliche Aussagen in den Mund gelegt haben. Sie hatte dieser Sache nicht zugestimmt, deshalb gehen wir massiv dagegen vor. Wenn es um Inhalte von Wahlplakaten geht, hängt es davon ab, ob sie den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen. „Ausländer raus“ halte ich für Volksverhetzung.
Business-on.de: Sind eigentlich auch Logos vor Missbrauch durch das Markenrecht geschützt?
Ralf Höcker: Ja. Wir vertreten gerade eine Jugendband, deren Logo ein großer Bettwäsche-Hersteller eins zu eins als Motiv auf Tausenden von Wäschestücken verwendet hat. Das ist natürlich eine Urheberrechtsverletzung. Für die Jungs haben wir zunächst eine einstweilige Verfügung erwirkt, die den Verkauf der Bettwäsche unterbindet. Inzwischen sind wir dabei, uns mit dem Hersteller auf zivilrechtlichem Weg auf eine Lizenzgebühr für die Nutzung des Logos zu einigen.
Business-on.de: Sie sind seit kurzem auch Lehrbeauftragter an der Cologne Business School und an der Europäischen Fachhochschule Brühl. Da werden noch ganz andere Fähigkeiten von Ihnen verlangt.
Ralf Höcker: Ja. Ich muss jungen Leuten, die sich bewusst nicht für ein Jurastudium entschieden haben, Spaß an der Juristerei vermitteln. Das ist mit Sicherheit eine herausfordernde Aufgabe, die ich gerne angenommen habe. Sie bringt mir auch in der anwaltlichen Tätigkeit eine Menge. Wenn man es schafft, Inhalte interessant und teilweise auch amüsant rüberzubringen, dann steht das auch einem Anwalt gut zu Gesicht.
Karin Bäck