BON: Hallo Daniel! Schön, dass du die Zeit gefunden hast, mit uns über die Zukunft des stationären und digitalen Handels zu sprechen.
Daniel Pioch: Freut mich, hier zu sein.
BON: Bevor wir richtig loslegen, erzähl uns doch erst einmal ein wenig über deinen Werdegang und deine wichtigsten Schwerpunkte.
Daniel Pioch: Gerne. Aktuell bin ich für die HolzLand-Kooperation tätig und damit verantwortlich für den zentralen HolzLand-Onlineshop. Zuvor habe ich bei einem namhaften Holzhandelsunternehmen den Gesamtbereich E-Commerce aufgebaut und die Abteilung Onlinemarketing/Entwicklung mit 25 Mitarbeitern geleitet.
Mein derzeitiges Aufgabengebiet umfasst die Konzeption und Weiterentwicklung der Shop-Plattform, die Steuerung der externen Dienstleister und den internen Teamaufbau.
BON: Die Art und Weise des Handels hat sich im Zuge der Digitalisierung schon jetzt stark gewandelt. Wie wird es weitergehen? Wie sieht Handel in Zukunft aus?
DP: Der Handel der Zukunft wird immer mehr von den Playern kontrolliert, die ein möglichst bequemes Einkaufserlebnis für den Kunden in den Mittelpunkt stellen und die neuen technologischen Möglichkeiten nutzen. Es werden sich vor allem die Händler durchsetzen, die auf vielen Kanälen präsent sind.
Ob nun intelligente Haushaltsgeräte selbstständig die favorisierten Artikel bestellen oder ob der Kunde das via Sprachsteuerung selbst erledigt, ist ganz egal. Wer über die wichtigen Kanäle nicht auffindbar ist, nimmt langfristig nicht mehr am Marktgeschehen teil.
BON: Was macht nach deiner Sicht den Wandel aus bzw. was definiert die neue Ära des Retail?
DP: Die neue Ära wird erst durch den technischen Fortschritt möglich. Es gilt, die verschiedenen technischen Möglichkeiten sinnvoll miteinander zu kombinieren, um auf diese Weise neue Geschäftsmodelle entstehen zu lassen.
BON: Zunehmende Digitalisierung heißt ja nicht, dass der stationäre Handel von heut auf morgen verschwinden wird. Was denkst du, wo hier Vorteile und Ansatzpunkte für Weiterentwicklungen gegeben sind?
DP: Bei unseren Produkten ist zum Beispiel die Möglichkeit wichtig, das Produkt live zu sehen und anzufassen. Diesen Vorteil muss der stationäre Handel nutzen. Wichtig ist dabei aber, dass er eng mit den digitalen Vertriebskanälen verzahnt ist. Sich nur darauf zu konzentrieren wird nicht funktionieren. Die Kombination aus on- und offline Welt ist wichtig.
BON: Was unternehmt ihr schon, um euch zu differenzieren?
DP: Im ersten Schritt haben wir unsere Händler digital sichtbar gemacht. Jetzt möchten wir Schritt für Schritt die digitale mit der stationären Welt verzahnen, sodass der Kunde frei entscheiden kann, welche Leistung über welchen Kanal er in Anspruch nehmen möchte. Das unterscheidet uns von Online Pure Playern und reinen stationären Händlern, die nicht online sind.
BON: Ebenfalls ein großer Trend in Zeiten der Digitalisierung ist die Virtual Reality. Ist sie wirklich so innovativ und hilfreich für Geschäftstreibende? Oder eher eine hübsche Spielerei?
DP: Je nach Produktsortiment ist VR sicher ein spannender Ansatz, weil sich einfach neue Möglichkeiten ergeben. Konnte der Kunde bisher nur das Produkt z.B. einen Parkettboden anschauen und anfassen, so kann er diesen in Zukunft direkt verlegt in seinen eigenen vier Wänden betrachten. Per Wischgeste lässt er den nächsten Boden einblenden und kann die Raumwirkung viel besser beurteilen.
BON: Welche Firmen könnten Virtual Reality nutzen? In der Gesundheitsbranche ist zum Beispiel oft die Rede von Behandlungsmöglichkeiten für Krankheiten wie Alzheimer. Für welches Business eignet sich Virtual Reality noch?
DP: Alle Bereiche, in denen für den Kunden viel Vorstellungskraft erforderlich ist. Gerade in der Baubranche sind VR & AR sehr interessant. Ob bei der Auswahl des Bodenbelags, der Tapete oder der gesamten Inneneinrichtung, VR bietet dem Kunden die Möglichkeit, sich durch das fertig eingerichtete Haus zu bewegen. Das ist ein ganz anderes Erlebnis für den Kunden und es kommt zu viel weniger Fehlkäufen und Retouren.
BON: In letzter Zeit hört man immer häufiger von „Digitalisierung am Point of Sale“. Was sind hier beliebte Technologien und Ansätze und wie funktionieren sie?
DP: Ich glaube, hier kann der POS vom Online-Handel lernen. Es geht darum, die Services und Prozesse, die der Nutzer aus dem Onlinehandel kennt und nutzt, auch an den POS zu bringen. Fast jeder hat heutzutage ein Smartphone. Warum sollte er das nicht auch am POS einsetzen, um z.B. zu bezahlen oder Informationen zum Produkt, zu Kundenbewertungen oder ergänzenden Produkten zu sehen? Das sind erstmal einfache und gut umsetzbare Möglichkeiten.
BON: Im Marketing wird viel von Multichannel und Omnichannel gesprochen. Wo liegen deiner Meinung nach die wichtigsten Ansätze?
DP: Es ist wichtig, die gesamte Customer Journey so zu gestalten, dass der Kunde den Unterschied zwischen den Kanälen nicht mehr wahrnimmt und es ein gleichbleibend gutes Einkaufserlebnis ist. Ein Silodenken in verschiedenen Vertriebskanälen ist hier fehl am Platze. Der Fokus solle auf dem Erlebnis liegen. Verkauf, Service und Lagerhaltung sind dann an die Bedürfnisse des Kunden anzupassen.
BON: Ist euer Unternehmen auf diese Aufgaben vorbereitet?
DP: Mit einem eigenen Bereich „Digitale Services“ haben wir die Weichen für diese Aufgaben gestellt. Wir gehen die Themen gemeinsam mit unseren Händlern jetzt Stück für Stück an. Seit Jahren gibt es ein PIM-System, in dem wir die Daten der Industrie zentral einsammeln und aufbereiten. Das war die Grundlage für die Digitalstrategie von HolzLand. Mit dem Marktplatz holzland.de haben wir einen wichtigen Schritt gemacht. Wir haben unsere Händler und deren Angebot digital sichtbar gemacht, sodass diese auch weiterhin in den Entscheidungsprozess des Kunden einbezogen werden.
BON: Und wo siehst du die Unterschiede zwischen Multi- und Omni-Channel?
DP: Der Multichannel-Ansatz steht dafür, auf verschiedenen Vertriebswegen präsent zu sein. In der Praxis ist dies aber häufig ein Silodenken. D.h. jeder Vertriebsweg agiert für sich und steht ggf. sogar in Konkurrenz zu den anderen. Beim Omnichannel-Ansatz stellt man den Nutzer in den Mittelpunkt und versucht, über alle Vertriebs- und Marketing-Kanäle hinweg ein gleichbleibendes Erlebnis für den Kunden zu ermöglichen. Das funktioniert aber nur, wenn die internen Strukturen des Unternehmens entsprechend aufgebaut sind.
BON: Der Online-Versand wächst Jahr für Jahr. Viele Kunden lassen sich ihre Waren über große Player wie Amazon, Otto und Co. bequem nach Hause liefern. Es geht aber auch anders, wie z. B. Ikea mit Click & Collect beweist. Hältst du Click & Collect für einen nützlichen Service? Oder ist es eher ein Feature, das mittlerweile überflüssig ist?
DP: Ich glaube, Click & Collect ist ein Baustein von vielen. Aus Kundensicht entscheide ich mich für Click & Collect, wenn ich z.B. die Abholung der Waren gut mit meinem Weg zur Arbeit verbinden kann. Damit ist der Aufwand für mich geringer als wenn ich auf den Paketboten warte oder das Paket an der Packstation abhole. Oder aber ich brauche die Ware schneller, als es der Lieferservice des Anbieters hergibt. Die Entscheidung, welchen Service ich nutze, hängt stark von dem jeweiligen Bedarf ab.
BON: Vielen Dank für das interessante Gespräch.
DP: Gern.