Kapitalistisch, stur, und kontrollsüchtig, aber auch großzügig, bodenständig und tüchtig. Hans Riegel gilt als Erfolgsbeispiel des deutschen Unternehmertums, sein Unternehmen HARIBO als Vorzeigeobjekt des Weideraufbaus der Nachkriegszeit. Der Unternehmer aus Bonn verkörperte alle stereotypischen deutschen Charakteristika – sowohl die Tugenden als auch die negativen Wesensmerkmale. Vor allem aber blieb Hans Riegel ein Kindskopf; und vielleicht war es das jecke Wesen, das HARIBO so erfolgreich machte.
„Das Lebenswerk des Vaters erhalten“: Hans Riegel hielt an Familientraditionen fest
Nach dem Tod des Firmengründers Hans Riegel Senior, leitet seine Frau die Firma in der ersten Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bevor Hans Riegel Junior aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte. Zusammen mit seinem jüngeren Bruder Paul Riegel beginnt er sofort mit dem schwierigen Wiederaufbau. Dazu hatten die Brüder nichts als 30 Angestellte, zehn Sack Zucker und das geheime Gummibärenrezept des Vaters zur Verfügung. Paul Riegel war fortan für die Maschinenentwicklung sowie –wartung zuständig. Der eher extrovertierte Hans kümmerte sich um das Marketing. Gemeinsam machten sie den Goldbären, den ihr Vater 1922 noch als goldenen Tanzbären kreierte, weltberühmt. Täglich verlassen circa 100 Millionen Goldbären ihre Geburtsstätten. Mit einem Band aus den aneinander gereihten, stehenden Goldbären einer Jahresproduktion könnte man viermal den Erball umrunden. Die größte europäische Verbraucherstudie „European Trusted Brands“ kürte HARIBO bereits mehrmals als „vertrauenswürdigste Süßwarenmarke“ in Deutschland.
Hans Riegel: „Geld war niemals meine Motivation“
Doch trotz des außergewöhnlichen internationalen Erfolgs, hob Hans Riegel nicht ab. Im Gegenteil: Ihren Wurzeln blieben die Riegel-Brüder immer treu. Während sich andere Unternehmen der Massenproduktion hingaben, um den Profit zu steigern, hielt Riegel beinahe dickköpfig am väterlichen Rezept fest. Zwar wurde der Tanzbär 1960 in den „Goldbär“ umgetauft, der Werbeslogan von „HARIBO macht Kinder froh“ um „und Erwachsene ebenso“ erweitert, und die Farbe der Bären als auch die Verpackungsgestaltung wurden mit der Zeit optimiert, aber der vorgegebenen Richtung der Eltern blieb man treu. Von Hans Riegels Treue zu Altbewährten profitierten nicht nur die Fans des Fruchtgummibären, sondern auch Thomas Gottschalk, der seit mittlerweile 20 Jahren für den Goldbären wirbt (Werberekord).
Seinen 6.000 Angestellten gab sich Riegel väterlich; er zahlte gerecht bis gut, organisierte großzügige Firmenfeiern und bat den Mitarbeitern Wohnungen in seinen Häusern an. Auf der anderen Seite jedoch nahm sich der Jahrhundertunternehmer auch das Recht heraus den Emailverkehr seiner Angestellten zu kontrollieren – auch die Post wurde geöffnet. Seine Motivation war dabei niemals ein eventuelles Misstrauen. Vielmehr sorgte sich Riegel stets um sein Unternehmen. Das Lebenswerk des Vaters sollte erhalten bleiben, sagte der Bonner einst über die Anfänge des Konzerns. Das Ziel behielt er bis ins hohe Alter vor Augen. Noch bis Juli diesen Jahres ließ er es sich nicht nehmen, im Büro nach dem Rechten zu sehen. „Ohne meine Arbeit werde ich krank“, erklärte er einst. Erst ein Gehirntumor zwang ihn zum Ruhestand.
Für den Fortbestand des Unternehmens als Familienbetrieb hatte Hans Riegel bereits zu Lebzeiten gesorgt. Mit den Söhnen von Paul Riegel steht schon die dritte Generation der Riegel-Familie in den Startlöchern. Hans-Guido Riegel, der jüngere Sohn, ist heute als Stellvertreter seines Vaters für alle Produktionsbelange verantwortlich. Hans-Jürgen Riegel leitete von 1989 bis 2006 als Geschäftsführer von HARIBO RIQCLES ZAN erfolgreich die Geschicke von HARIBO Frankreich. Seit Längerem ist nun auch der gelernte Jurist Hans-Arndt Riegel in der Verwaltungszentrale in Bonn aktiv. Gemeinsam soll Hans Riegels Traum weiter gelebt werden. Ob sich die jüngere Generation ebenso wie der Onkel („Geld war niemals meine Motivation“) den Einfluss der Banken entziehen kann, bleibt indes abzuwarten.
Christian Weis
