Rot-Grün würde damit die geschäftsführende schwarz-gelbe Landesregierung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) ablösen. Die 49-jährige Hannelore Kraft wäre die erste Ministerpräsidentin in der nordrhein-westfälischen Landesgeschichte.
SPD und Grüne verfügen im Landtag gemeinsam über 90 Mandate. Die absolute Mehrheit liegt bei 91 Stimmen. CDU und FDP kommen zusammen auf 80 Sitze. Die Linksfraktion stellt 11 der insgesamt 181 Abgeordneten. Ab dem zweiten Wahlgang reicht Kraft im Landtag die einfache Mehrheit. Die Linke hatte beschlossen, sich bei den Abstimmungen zu enthalten. Damit ist der Weg für Kraft frei, falls Rot-Grün weitgehend geschlossen abstimmt. Die CDU schickt keinen Gegenkandidaten ins Rennen. Sollte Kraft scheitern, bliebe Rüttgers weiter geschäftsführender Ministerpräsident.
Schwarz-Gelb war bei der Landtagswahl am 9. Mai abgewählt worden. Nach wochenlangen erfolglosen Sondierungen mit anderen Parteien hatten sich SPD und Grüne Mitte Juni für die Bildung einer Minderheitsregierung entschieden.
Mit dem Machtwechsel im bevölkerungsreichsten Bundesland würde Rot-Grün auch die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat brechen. SPD und Grüne hatten bereits zwischen 1995 und 2005 in NRW regiert.
Aufgrund der unwetterbedingten Zugausfälle bei der Bahn sollen die Abgeordneten von SPD und Grünen im Landtag früher anreisen. Auf den Fraktionssitzungen von SPD und Grünen wurden die Parlamentarier entsprechend eingewiesen, damit das rot-grüne Koalitionslager bei der geplanten Wahl von Kraft vollzählig ist. Krankgemeldet hat sich bisher kein Abgeordneter.
Nach ddp-Informationen sollen sich Abgeordnete, die auf dem Weg zum Landtag Probleme bei der Anreise haben, umgehend ein Taxi nehmen, um am Mittwoch pünktlich vor Beginn der Landtagssitzung um 12.00 Uhr im Landtagsgebäude zu sein.
Falls Kraft zur Ministerpräsidentin gewählt wird, soll Norbert Römer neuer SPD-Fraktionschef im Landtag werden. Dies teilte ein SPD-Fraktionssprecher mit. Am Freitag (16. Juli, 9.00 Uhr) soll die Wahl in der Fraktion stattfinden. Römer ist auch Chef der SPD-Region Westliches Westfalen und Schatzmeister der nordrhein-westfälischen SPD. Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion soll Britta Altenkamp werden.
Bei den Grünen gibt es offiziell noch keinen Nachfolge-Kandidaten für die bisherige Fraktionschefin Sylvia Löhrmann, die im Kabinett Kraft Schulministerin und Vize-Ministerpräsidentin werden soll. Als Anwärter auf das Amt des Fraktionschefs gilt der bisherige Vize-Fraktionsvorsitzende Reiner Priggen.
Die NRW-CDU rügte «die von der Linkspartei geduldete» rot-grüne Minderheitsregierung. Die CDU startete eine Kampagne gegen «Rot-Rot-Grün». Nordrhein-Westfalen bekomme «die instabilste Landesregierung, die das Land jemals hatte», teilte der CDU-Fraktionsvorsitzende Karl-Josef Laumann mit.
Der scheidende Ministerpräsident Rüttgers zeigte sich zuversichtlich, dass er im Alltag auch ohne einen politischen Spitzenposten gut zurechtkommen wird. «Ich kann selbst Auto fahren, ich kann Brötchen holen, mit dem Zug fahren, telefonieren», sagte der CDU-Politiker. Er werde seiner Frau schon nicht auf die Nerven gehen, betonte Rüttgers.
(Quellen: SPD-Fraktionssprecher vor Journalisten; CDU in Mitteilung; Rüttgers in der «Bunten»)
Von Martin Teigeler
ddp
