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Recht & Steuern

Schadensersatzanspruch eines Chefarztes bei unwirksamer Kündigung seines Vertrages

Wird ein Chefarztvertrag mit Liquidationsmodell durch den Krankenhausträger fristlos gekündigt, so wird dem Chefarzt ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit genommen, seine originären chefärztlichen Leistungen sowie seine genehmigten Nebentätigkeiten zu erbringen.

Wird ein Chefarztvertrag mit Liquidationsmodell durch den Krankenhausträger fristlos gekündigt, so wird dem Chefarzt ab diesem Zeitpunkt die Möglichkeit genommen, seine originären chefärztlichen Leistungen sowie seine genehmigten Nebentätigkeiten zu erbringen.

Es stellt sich daher unter anderem die Frage, ob und welche Ansprüche der Chefarzt gegenüber dem Krankenhausträger aufgrund der entgangenen Nebentätigkeitseinnahmen hat, wenn ein Arbeitsgericht feststellt, dass die arbeitgeberseitige Kündigung unwirksam war.

Der Fall (verkürzt dargestellt)

Diese Frage liegt auch dem vorliegenden Rechtsstreit zwischen einer Krankenhausträgerin und einem Chefarzt zugrunde. Die weiteren streitgegenständlichen Ansprüche sollen hier nicht behandelt werden. Der klagende Chefarzt war seit dem 1. Oktober 1976 bei der beklagten Krankenhausträgerin beschäftigt. Arbeits Vertrag lich wurden ihm eine Grundvergütung sowie das Recht zur Erbringung von Nebentätigkeiten zugestanden. Zudem wurden ihm für die Erbringung seiner Nebentätigkeiten das Recht zur Inanspruchnahme von Einrichtungen und Personal des Krankenhauses und ein Liquidationsrecht eingeräumt. Im Gegenzug sollte er an die Krankenhausträgerin ein anhand der Einnahmen prozentual berechnetes Nutzungsentgelt zahlen. Die Abrechnung gegenüber den von ihm im Rahmen der Nebentätigkeit behandelten Patienten nahm der Kläger durch eine Privatärztliche Verrechnungsstelle vor. Das Nutzungsentgelt zahlte der Kläger unmittelbar an die Beklagte. Diese hielt die Abgaben für zu gering und warf dem Kläger eine vorsätzlich falsche Darstellung seiner Einnahmen vor. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger (mehrfach) fristlos. Zwischenzeitlich wurde rechtskräftig die Unwirksamkeit der Kündigungen festgestellt. Der Kläger macht nun unter anderem Ansprüche dahingehend geltend, dass ihm aufgrund der Nichtbeschäftigung seit der ersten fristlosen Kündigung neben der Grundvergütung die Liquidationsentgelte aus den genehmigten Nebentätigkeiten entgangen seien.

Die Entscheidung des BAG (verkürzt dargestellt)

Das BAG stellte nun im Revisionsverfahren bezüglich der entgangenen Liquidationsentgelte fest, dass der Kläger Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 S. 1 und § 283 S.1 BGB (und nicht aus der Annahmeverzugsvorschrift des § 615 S. 1 BGB) habe, weil es der Beklagten unmöglich geworden sei, ihm die Erwerbschance „Liquidationsrecht“ einzuräumen und sie diese Unmöglichkeit zu vertreten habe. Die Beklagte habe ihre Pflicht verletzt, weil sie den Kläger durch Zeitablauf um seinen naturalen Erfüllungsanspruch -Einräumung des Liquidationsrechts- gebracht habe. Der arbeitsvertraglich grundsätzlich mögliche Widerruf der Nebentätigkeitserlaubnis sei von der Beklagten nicht vorgetragen worden. Die Beklagte habe die Pflichtverletzung auch zu vertreten. Nach § 276 Abs. 2 BGB handele fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lasse. Das sei etwa dann der Fall, wenn der Arbeitgeber bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt habe erkennen können, dass die Kündigung unwirksam sei. Vorliegend hat die Beklagte eine Tatkündigung wegen eines vorsätzlichen Verhaltens des Klägers ausgesprochen. Eine solche Kündigung sei aber nur dann vertretbar, wenn der Arbeitgeber Umstände vortragen könne, die neben dem objektiven Tatbestand der Pflichtverletzung auch den Vorsatzvorwurf begründen könnten. Im vorliegenden Fall sei es nicht erkennbar gewesen, dass die Beklagte Ermittlungen angestellt habe, um ein vorsätzliches Verhalten des Klägers nachzuweisen. Der Umfang der Haftung ergebe sich dann aus den §§ 249 ff. BGB. Nicht bestätigt hat das BAG die Annahme des LAG, das Verhalten des Klägers sei als Mitverschulden zu berücksichtigen. Was dem einen Vertragspartner kein Recht gebe, sich vom Vertrag zu lösen, könne dem anderen nicht nach § 254 BGB vorgeworfen werden.

Hinweis für die Praxis

In Fällen, in denen ein Beschäftigter aufgrund einer vorsätzlichen Tat gekündigt werden soll, empfiehlt es sich regelmäßig, den Beschäftigten vor der Kündigung zu den Vorwürfen anzuhören und hilfsweise neben einer Tatkündigung auch eine Verdachtskündigung auszusprechen. Durch die Vornahme dokumentierter Ermittlungen erhalten Arbeitgeber dann schon im Vorfeld der Kündigung Hinweise zu etwaigen Einwendungen des Beschäftigten und sie können in einem folgenden Arbeitsgerichtsprozess den Vorwurf eines fahrlässigen Kündigungsausspruchs entkräften.

BAG, Urteil v. 15.09.2011 – 8 AZR 846/09

 

Verena Fausten

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