Der Landesparteirat der SPD hatte am Montagabend einstimmig Koalitionsverhandlungen mit den Christdemokraten abgelehnt. Die Sozialdemokraten wollen zunächst aus der Opposition heraus Mehrheiten für Anträge und Gesetze suchen, halten sich aber die Option für eine rot-grüne Minderheitsregierung offen. NRW-SPD-Landeschefin Hannelore Kraft lehnte erneute Gespräche mit der CDU ab. Man habe oft genug mit der CDU gesprochen. Rüttgers habe keine Bereitschaft zu einem Politikwechsel erkennen lassen.
Der Regierungschef betonte, er wolle jetzt «eine Phase der Zusammenarbeit». Konfrontationen lehne er ab, sagte Rüttgers. Man werde politischen Initiativen anderer Parteien immer zustimmen, wenn ein Vorschlag im Interesse des Landes sei. Die Pflichten der nur noch geschäftsführenden Regierung werde man «nach Recht und Gesetz» in Absprache mit Juristen wahrnehmen. Auch FDP-Landeschef Andreas Pinkwart sagte, man wolle das Land «weiter gut regieren».
Löhrmann rief die SPD eindringlich zur Bildung einer rot-grünen Minderheitsregierung auf. Was SPD und CDU derzeit machten, sei ein «Förderprogramm für Politikverdrossenheit», sagte Löhrmann. Die SPD verweigere sich bislang dem Politikwechsel, Rüttgers klebe an seinem Stuhl. Nur mit einer Minderheitsregierung könne Schwarz-Gelb endlich abgelöst werden. Dies sei gerade mit Blick auf den Bundesrat wichtig, wo CDU/CSU und FDP mit den sechs NRW-Stimmen von Rüttgers derzeit weiter eine Mehrheit haben.
Kraft schrieb zum Thema Minderheitsregierung in einem Brief an die NRW-SPD-Mitglieder, die Absage gelte nur derzeit: «Wenn wir mit dem politischen Wandel nicht vorankommen oder im Bundesrat wichtige Entscheidungen anstehen, bei denen es darum geht, Schaden von Nordrhein-Westfalen und seinen Bürgerinnen und Bürgern abzuwenden, werden wir eine neue Positionierung vornehmen.»
Der ehemalige Linke-Chef Oskar Lafontaine kritisierte derweil die Entscheidung der Landes-SPD, vorerst in der Opposition zu bleiben. Kraft spiele damit Rüttgers in die Hände, sagte Lafontaine. «In dem Moment, in dem Rüttgers dem Sparpaket im Bundesrat zustimmt, ist es um Krafts Glaubwürdigkeit geschehen», sagte Lafontaine.
Die nächste Sitzung des Düsseldorfer Landtags soll nach den bisherigen Planungen am 13. Juli stattfinden. Dann wollen die Parteien auch ein neues Landtagspräsidium wählen.
Man werde einen Personalvorschlag für das Präsidium machen, sagte der kommissarische CDU-Fraktionschef Christian Weisbrich. Einen Namen nannte er nicht. Man strebe eine «einvernehmliche Lösung» mit den anderen Parteien an, richte sich aber nach den bisherigen Gepflogenheiten im Parlament.
Traditionell stellt die stärkste Fraktion den Landtagspräsidenten. SPD und CDU verfügen seit der Landtagswahl vom 9. Mai im Parlament über jeweils 67 Mandate. Die CDU hatte bei der Wahl aber knapp 5900 Zweitstimmen mehr erreicht als die SPD.
Kraft kündigte ebenfalls an, das Präsidium «handlungsfähig» machen zu wollen. Ob die Sozialdemokraten Anspruch auf das Präsidentenamt erheben, ließ sie offen.
Möglicherweise will die SPD auch der Linkspartei einen Vizeposten im Präsidium einräumen. Gemeinsam mit Grünen und Linken könnte die SPD im Gegenzug eine Mehrheit für einen neuen Landtagspräsidenten erzielen. Die Personalie gilt als wichtiger Fingerzeit für die Regierungsbildung in Düsseldorf. Auch hier erheben SPD und CDU jeweils den Anspruch auf das Amt des Ministerpräsidenten.
(Quellen: Löhrmann, Kraft, Rüttgers, Pinkwart und Weisbrich vor Journalisten in Düsseldorf; Lafontaine gegenüber den Zeitungen der WAZ-Mediengruppe/Dienstagausgabe)
Von Sabine Meuter und Martin Teigeler
ddp-Korrespondent Ulrich Breitbach
