Trotzdem erreicht etwa das Medium „Radio“ wohl nach wie vor Menschen bei Tätigkeiten wie Autofahrten und Hausarbeit viel besser als jedes andere Medium und ein (für die meisten allerdings unbezahlbarer) Fernsehspot während des Endspiels einer Fußball-WM dürfte noch immer für mehr Markenbekanntheit sorgen als die meisten Facebook-Kampagnen. Man wird also detaillierter analysieren müssen, um die Vorzüge von Social Media für Business-Aktivitäten einzuschätzen. Wo spielen sie die größten Vorteile aus?
Die Botschaft und das Netzwerk
Vielleicht ist der größte Vorteil sozialer Netzwerke, dass sie das Prinzip der Mund-zu-Mund-Propaganda ins digitale Zeitalter überführt haben. Soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter sind im Grunde nichts Anderes als gigantische Ansammlungen persönlicher Beziehungen. Wer es beispielsweise schafft, Werbung mit unterhaltsamem Charakter in solche Netzwerke einzuspeisen, darf sich bestenfalls über eine rasante virale Verbreitung über Beziehungsnetze freuen, die keinerlei anderes Medium bietet.
Freunde machen Freunde auf ein witziges werbendes Video aufmerksam, die wiederum Freunde auf das Video aufmerksam machen, die dann… im Prinzip können solche Ketten endlos werden, ohne dass eine werbende Botschaft dabei völlig den Charakter einer persönlichen Empfehlung verliert.
Virale Verbreitung funktioniert insbesondere wenn man einige der so genannten Multiplikatoren und Meinungsführer im Social Network gewinnt, die über eine herausragende Zahl von Kontakten verfügen, wobei es allerdings auch auf die Qualität der Kontakte ankommt. Mitunter ist da ein Mensch mit 5.000 Twitter-Followern, die tatsächlich Interesse an den Kurznachrichten jenes Menschen zeigen, wertvoller fürs eigene Social Media Marketing als ein anderer Mensch mit 10.000 Followern, die im Grunde nur Statistik sind.
Die echte und zeitnahe Kommunikation
Social Media ist keine Einweg-Kommunikation. Wer als Unternehmer eine Zeitungsanzeige in ein bedeutendes Magazin setzt, wird eventuell steigende Verkaufserfolge verzeichnen. Vielleicht aber auch nicht! Und dann bleibt die quälende Frage, woran der Misserfolg denn gelegen hat. Antworten können meistens nur durch zeitaufwändige und relativ teure Marktforschung generiert werden. Social Media bringen einen dagegen viel näher als jedes andere Medium an potenzielle Kunden heran, weil sie deutlich stärker auf Dialog ausgerichtet sind.
Und so erhält man etwa auf Produkt- und Kampagnenvorschläge bestenfalls ein direktes Feedback potenzieller Kunden und kann Akzeptanzen testen, bevor man beginnt, viel Geld auszugeben.
Foren, Blogs und große Netzwerke eignen sich auch dafür, Fragen direkt an Kunden und potenzielle Kunden zu stellen, was das eigene Unternehmen denn verbessern könnte oder welche Neuprodukte oder Zusatzdienstleistungen gewünscht werden. So etwas stärkt bestenfalls die Kundenbindung und hilft Unternehmen dabei, sich optimal an den Bedürfnissen auf ihrem jeweiligen Markt zu orientieren.
Schließlich taugen Social Media auch dafür, Teile des Supports auszulagern und Kundenzufriedenheit zu steigern. Zudem kann im Dialog mit unzufriedenen Kunden nach Lösungen gesucht werden, die im Krisenfall auch dabei helfen, eine verheerende virale Verbreitung von Negativmeinungen über das Unternehmen im Vorfeld zu vermeiden.
Die Möglichkeit zum Dialog in den Social Media ist für Unternehmer größte Herausforderung und Chance zugleich. Sie bedeutet echte Auseinandersetzung mit Kunden und potenziellen Kunden: im positiven wie im negativen Sinne. Social Media Marketing macht Arbeit, aber die kann sich lohnen.
Die Minimierung des Streuverlusts
„Streuverlust war gestern. Facebook ist heute“. So wirbt etwa das in vielen Teilen der Welt größte soziale Netzwerk mit den von ihm angebotenen Möglichkeiten für klassische Werbung. Tatsächlich lässt sich auf Netzwerken wie Facebook meistens viel genauer als bei anderen Medien selektieren, wem man sich als Unternehmen präsentiert und wem nicht. Die Möglichkeiten zur Eingrenzung der Zielgruppe kommen der beim Direktmarketing gleich.
Neben klassischen Selektionen wie etwa denen nach Alter oder Ausbildung von Facebook-Nutzern bieten die in Facebook-Profilen veröffentlichten Interessen und Vorlieben weitere Möglichkeiten der Auswahl einer geeigneten Zielgruppe.
Wer also etwa Motorradzubehör bewerben möchte, wählt zum Beispiel ausschließlich Nutzer mit einer geäußerten Vorliebe fürs Motorradfahren. So lassen sich Werbebudgets sehr gezielt einsetzen, um genau diejenigen Menschen zu erreichen, die man auch erreichen möchte.
Social Media und der Schritt ins Ausland
Bisher wurde sehr viel von Facebook geschrieben, weshalb der Verdacht aufkommen könnte, Social Media Marketing sei im Grunde nur ein anderes Wort für Facebook-Marketing. Aber es ist mehr als das und es ist auch mehr als Facebook- und Twitter-Marketing. Mögen Facebook und Twitter in Deutschland auch große und wichtige soziale Netzwerke sein, sie müssen für ein gelungenes Social Media Marketing keineswegs erste Wahl sein.
Je nach Angebot eines Unternehmens eignen sich ein Engagement in Special Interest Foren oder die Kooperation mit Bloggern, die thematisch passende Blogs betreiben, sehr viel besser als Facebook und Twitter für eine effektive Social Media Marketing – Strategie.
Spätestens, wenn man mit seinen Social Media Aktivitäten fremdsprachige Zielgruppen erreichen möchte, sollte man die Auswahl passender Social Media Plattformen sehr sorgfältig treffen. Facebook und Twitter dominieren nicht überall: QQ ist etwa die wichtigste Plattform in China, „Cyworld“ hat in Südkorea große Bedeutung und Mixi ist eine wichtige japanische Community. Wer kommunizieren möchte, muss auch dorthin, wo tatsächlich kommuniziert wird. Fazit: Soziale Netzwerke werden andere Medien nicht völlig als Umfelder für Marketing-Aktivitäten verdrängen. Wer ihre Vorteile zu nutzen weiß, schafft sich jedoch sehr bedeutende und mächtige zusätzliche Marketing-Möglichkeiten. Und es wäre geradezu schade, diese Möglichkeiten komplett zu ignorieren.
Christian Arno
