In dem Sachverhalt, der dem Urteil zugrunde lag, beförderte das klagende Krankentransportunternehmen eine bei der beklagten Krankenkasse versicherte Frau aufgrund eines ärztlichen Rezeptes zu dem behandelnden Arzt. Eine Genehmigung der beklagten Krankenkasse für einen Krankenwagentransport lag nicht vor. Der behandelnde Arzt verordnete jedoch, dass ein Krankenwagentransport zwingend erforderlich war. Der Kläger forderte die Beklagte Krankenkasse daraufhin zur Zahlungen der Vergütung für die Beförderung der Versicherten auf. Die beklagte Krankenkasse wies die Forderung zurück, da ihrer Ansicht nach eine Genehmigung für die Beförderung in einem Krankentransportwagen erforderlich war, die aber nicht erteilt wurde.
Das Bundessozialgericht wies die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 13. April 2011 wegen fehlendem Feststellungsinteresse des Klägers zurück. Angesichts der hohen Bedeutung der Rechtsfrage, ging es in seiner Entscheidung aber trotzdem auf die relevante Problematik ein.
Die Richter führten aus, dass in § 60 SGB V grundsätzlich zwei unterschiedliche Fallgruppen der Kostenübernahme für Krankentransporte geregelt sind. Zum einen seien in § 60 Abs. 1 S 1 in Verbindung mit § 60 Abs. 2 SGB V die Fälle, für die die Krankenkasse die entstehenden Kosten stets übernehme, abschließend geregelt. Es handele sich dabei um Fälle in denen Krankentransporte aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig seien. Die Voraussetzungen hierfür seien in der Vorschrift detailliert geregelt, sodass die Kostenübernahme daher verbindlich sei und keiner Genehmigung bedürfe. Aufgrund dieser Genehmigungsfreiheit sei der verordnende Arzt verpflichtet, die medizinische Notwendigkeit des Krankenwagentransports vollständig und nachvollziehbar zu begründen. Zudem sei auch der Krankentransportunternehmer in der Pflicht auf eine ausreichende Begründung auf dem Rezept zu achten. Nur wenn diese Anforderungen eingehalten sind, habe die Krankenkasse die Kosten des Krankentransportes auch ohne Genehmigung zu übernehmen.
Soweit jedoch keiner der im Katalog des § 60 Abs. 2 SGB V aufgeführten Fälle einschlägig und der Krankentransport somit nicht zwingend notwendig sei, seien die Kosten für einen Krankentransport gemäß § 60 Abs. 1 S. 3 SGB V nur „in besonderen Ausnahmefällen“ von der Krankenkasse zu übernehmen, und zwar dann, wenn diese den Transport genehmige. Wann ein solcher Ausnahmefall vorliegt sei in § 60 SGB V nicht näher geregelt, sodass zur Konkretisierung dieser Fälle auf die nach Berliner Landesrecht erlassene Krankentransport-Richtlinie zurückgegriffen werden müsse.
Im Ergebnis lässt sich dem Urteil entnehmen, dass die gesetzliche Krankenkasse die Kosten für den Transport in einem Krankenwagen auch ohne vorherige Genehmigung erstatten muss, wenn ein Fall des § 60 Abs. 1 S 1 in Verbindung mit § 60 Abs. 2 SGB V einschlägig ist und eine begründete ärztliche Verschreibung vorliegt. Andernfalls ist die Krankenkasse nur zur Kostenübernahme verpflichtet, wenn sie den Transport zuvor genehmigt hat.
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