Der Erfindernachwuchs macht Mut: Über 9.000 Jugendliche haben sich für die in diesen Tagen beginnende 42. Runde von „Jugend forscht“ angemeldet. Doch damit dieser Enthusiasmus Früchte tragen kann, bedarf es entsprechender Mittel – und die sind hierzulande eher knapp. Im Jahr 2004 investierten Wirtschaft und Staat insgesamt zwar 55 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung (FuE). Das waren aber nur rund 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im Jahr darauf ging der Anteil nach vorläufigen Zahlen leicht zurück. Schweden, Finnland oder Japan geben dagegen rund 3 Prozent der Wirtschaftsleistung aus, um Innovationen zu fördern. Nach den Vorstellungen der Europäischen Union soll diese Marke spätestens im Jahr 2010 von allen Mitgliedsstaaten erreicht werden. Die Bundesregierung will daher die Ausgaben für Spitzentechnologie und Innovationen bis 2010 um 6 Milliarden Euro aufstocken. Fakt ist allerdings, dass sich die öffentliche Hand seit Jahren gerade dort immer weiter zurückgezogen hat, wo es unternehmerischen Forschergeist zu unterstützen gilt.
Forschungsgelder helfen meist nur großen Unternehmen
Selbst wenn zusätzlich etwa die Mittel für die Hochschulforschung berücksichtigt werden, bleibt der Trend derselbe. Hatte der Fiskus 1981 noch rund 42 Prozent der gesamten volkswirtschaftlichen FuE-Aufwendungen getragen, waren es zuletzt nur gut 30 Prozent.
Hinzu kommt, dass über die Hälfte der Forschungsgelder in Deutschland den Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten zugute kommt – die vielen Tüftler in mittelständischen Betrieben gehen dagegen oft leer aus. Ein Grund hierfür: Wer bei der Umsetzung einer Idee unterstützt werden will, muss sich durch den Formalitätendschungel unzähliger öffentlicher Förderprogramme kämpfen. Zudem scheint der Staat genau zu wissen, was die Zukunft bringt, und lässt daher jenen kaum Chancen, die sich nicht auf den von ihm bevorzugten Forschungsfeldern tummeln. Dies schreckt viele kleine Firmen ab:
Nur rund jedes vierte mittelständische Unternehmen hat sich in den vergangenen fünf Jahren überhaupt mit der staatlichen FuE-Förderung beschäftigt, und gerade jedes achte stellte einen Antrag.Im Jahr 2004 finanzierte der Staat lediglich 6 Prozent der FuE-Ausgaben der Wirtschaft – Anfang der achtziger Jahre war der Anteil rund dreimal so hoch.
Damit gehen jedoch Innovationschancen verloren. Denn die vom Staat bevorzugten Technologien sind nicht unbedingt diejenigen, die sich am Markt durchsetzen. Und auch die jungen Tüftler in kleinen Garagenfirmen haben Ideen, mit denen sich am Ende große Umsätze machen lassen – wie die Geschichte von Bill Gates vor Augen führt. Welch fatale Folgen staatliche Fehleinschätzungen haben können, zeigt ein Beispiel aus der deutschen Informationstechnologie. Lange Zeit wurden nur Internetprojekte gefördert, die den ISO/OSI-Standard verwendeten. Da sich weltweit aber das TCP/IP-Protokoll durchsetzte, flossen die Fördermittel ins Leere, und die deutschen Unternehmen hatten im globalen Wettbewerb das Nachsehen.
Dass dies nicht die einzige Schwachstelle blieb, verdeutlicht ein vom IW Köln im Auftrag des Roman Herzog Instituts (RHI) durchgeführter Vergleich der Innovationsleistungen von 16 OECD-Ländern: Im IW-Innovationsbenchmarking des Jahres 2006 kommt Deutschland lediglich auf Rang 11.
Dabei kann der FuE-Standort D in keinem Bereich so richtig punkten – Defizite bestehen z.B. beim für Innovationen betriebenen Aufwand, bei den Rahmenbedingungen und bei der Umsetzung neuer Ideen in Produkte.
7-Punkte Konzept des IW mobilisiert kleine Unternehmen
Um die Wende zum Besseren zu schaffen, braucht es unter anderem ein neues System zur Förderung unternehmerischer Innovationen. Das IW Köln hat im Auftrag des RHI ein entsprechendes Konzept entwickelt, das mehr Firmen dazu bewegen will, nach neuen Produkten und Fertigungsverfahren zu forschen. Vor allem kleine und mittlere Betriebe haben hier Nachholbedarf – von ihnen ist gerade mal jeder siebte auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung aktiv. Die Kernpunkte des IW-Modells:
Innovationsforen: Unter diesem Namen sollen zentrale Anlaufstellen für forschende Unternehmen entstehen. Diese erhalten dort gebündelte Informationen über die Förderprogramme der EU, des Bundes und der Bundesländer. All diese Stellen müssen die Firmen auf der Suche nach Unterstützung bislang separat abklappern. Zu den Aufgaben der Foren wird zudem gehören, den Betrieben einen Überblick über die Kompetenzen der einzelnen Forschungseinrichtungen zu verschaffen und Kontakte zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu vermitteln. Weiterhin ist eine Online- Börse vorgesehen, die Erfinder und Finanziers zusammenbringt. Damit diese sich besser verstehen, müssten die Innovationsforen darauf achten, dass die jeweiligen Erfindungen in allgemein verständlicher Sprache beschrieben werden.
Forschungsprämien:Betriebe, die Forschungsaufträge an zertifizierte öffentliche oder private Einrichtungen vergeben, sollten eine staatliche Prämie erhalten, um so den Wissenstransfer zu forcieren. Die Bundesregierung will eine solche Prämie dagegen nur den öffentlich finanzierten Institutionen gewähren. Um zudem zielgenaue Anreize zu setzen, sollten größeren Unternehmen 10 Prozent ihres extern vergebenen Forschungsvolumens, kleineren und mittleren Firmen aber 25 Prozent erstattet werden. Im Gegenzug ließe sich die Grundausstattung der öffentlich finanzierten Forschungsinstitutionen reduzieren, damit diese ihre Arbeit stärker an den Bedürfnissen des Marktes ausrichten. Insgesamt würde das Prämienmodell ein Volumen von etwa 170 Millionen Euro pro Jahr haben – die Bundesregierung veranschlagt für ihr Konzept dagegen nur 33 Millionen Euro.
Steuerliche FuE-Förderung: Der Staat sollte sich von der Idee verabschieden, er könne besser als die Unternehmen beurteilen, was morgen am Markt gefragt ist. Statt einzelne Technologien zu fördern, gilt es, FuE-Aktivitäten der Wirtschaft allgemein steuerlich zu begünstigen. Diesen Weg haben Japan und Großbritannien erfolgreich eingeschlagen – dort tüfteln inzwischen deutlich mehr Betriebe an innovativen Gütern und Technologien als früher. Um für einen gleitenden Übergang zu sorgen, sollte zunächst neben die bestehenden Forschungsprogramme eine Förderung des FuE-Personaleinsatzes treten. Kleine und mittlere Betriebe mit weniger als 500 Beschäftigten – sie zählen derzeit rund 50.000 Forschungsmitarbeiter – können dann 150 Prozent ihrer Aufwendungen für FuE-Arbeitnehmer von der Steuerbelastung abziehen. Für Start-ups, die die Gewinnschwelle noch nicht erreicht haben, ist eine Gutschrift von 25 Prozent ihrer FuE-Personalkosten vorgesehen.
Eine solche Förderstrategie hat den Vorzug, Forschungsanreize unabhängig von der Branchenzugehörigkeit oder der technologischen Spezialisierung eines Unternehmens zu setzen. Zudem mildert das Konzept den Nachteil ab, den kleinere Firmen bei der Rekrutierung qualifizierten wissenschaftlich-technischen Personals haben – gerade in Zeiten eines sich verschärfenden Fachkräftemangels. Je nach steuerlicher Situation der geförderten Unternehmen könnten diese durch das IW-Konzept um bis zu 2,1 Milliarden Euro entlastet werden.
Innovationspool: In Deutschland werden zwar viele Produkte und Herstellungsprozesse patentiert, ein großer Teil davon kommt aber nicht auf den Markt. Denn nur wenige Unternehmen verfügen über das nötige Eigenkapital , und der Risikokapitalmarkt steckt noch immer in den Kinderschuhen.
Hier sollte ein mit 1 Milliarde Euro gefüllter Innovationspool Abhilfe schaffen. Aus ihm könnten Kredite für marktnahe Innovationsaktivitäten finanziert werden. Entscheidend für die Kreditvergabe wären neben der Bonität des jeweiligen Unternehmens etwa auch der Neuheitsgrad oder die Marktchancen der in Frage stehenden Innovation. Das staatliche Darlehen ist jedoch an die Bedingung zu knüpfen, dass die Firma einen privaten Finanzier mit ins Boot holt. Dessen Ansprüche würden im Falle einer Insolvenz bevorzugt bedient, so dass der Staat mit einer Kreditausfallrate von 10 Prozent rechnen sollte. Dennoch spricht für das Verfahren, dass neben der öffentlichen Hand auch private Geldgeber die Aussichten eines Vorhabens beurteilen.
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)
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