Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch Vizekanzler und FDP-Chef Guido Westerwelle kündigten jedoch eine Nachbesserung an, um die kaum nachvollziehbare steuerliche Unterscheidung zwischen Übernachtung und Frühstück aufzuheben.
Das Gesetz werde im Grundsatz nicht geändert, machte Merkel deutlich. Derzeit werde aber mit den Ländern über einzelne Elemente gesprochen. Dabei soll es laut Westerwelle um die Frage gehen, wie der Mehraufwand bei Reisekostenabrechnungen beseitigt werden kann, da für das Frühstück weiter der volle Steuersatz anfällt. Für die reine Übernachtung schlagen nur sieben Prozent Steuer zu Buche.
FDP-Bundesvize Pinkwart erneuerte seine ablehnende Haltung. «Ich empfehle weiterhin, diese Maßnahme auszusetzen», sagte er und regte an, die umstrittene Steuererleichterung erst im Zuge einer großen Reform der Mehrwertsteuer zu gewähren. Dann könne man auch Unstimmigkeiten und bürokratische Belastungen ausräumen. Pinkwart betonte: «Gute Politik ist auch in der Lage, sich zu korrigieren.» Am Wochenende hatte er für seinen Vorstoß auch Rückendeckung von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) erhalten. Die NRW-SPD warf beiden Politikern Unseriosität vor.
Der nordrhein-westfälische CDU-Politiker Wolfgang Bosbach findet die Kritik von Pinkwart unaufrichtig. Dass die mit Stimmen der FDP beschlossene Neuregelung die Herbergsbetriebe und ihre Kunden auch vor einige Probleme stellen würde, sei vorher jedem bekannt gewesen. «Herr Pinkwart kann doch nicht gut sagen, er habe gar nicht gewusst, dass es in vielen Hotels Übernachtung mit Frühstück gibt», sagte Bosbach.
Für die SPD ist der jetzt in Berlin abgeschmetterte Vorstoß aus NRW wahlkampfbedingt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, erinnerte daran, dass sowohl Pinkwart als auch Rüttgers in den Koalitionsverhandlungen der Steuersenkung für Hoteliers zugestimmt hätten. «Beide haben am 18. Dezember 2009 als Mitglieder des Bundesrates die Steuersenkung im Bundesrat verabschiedet.» Deren Sinneswandel sei «ein offensichtliches Wahlkampfmanöver».
In NRW wird am 9. Mai ein neuer Landtag gewählt. Laut Umfragen hat die schwarz-gelbe Landesregierung derzeit keine Mehrheit in der Bevölkerung.
Das FDP-Präsidium schloss sich am Montag der Forderung Pinkwarts nicht an. Parteichef Westerwelle sagte nach der Sitzung, hier handle es sich um eine «Einzelmeinung». Pinkwart bekam derweil Rückendeckung vom Bund der Steuerzahler. Dessen Präsident Karl Heinz Däke sagte, es sei «sinnvoll», eine solch unsystematische Steueränderung zurückzunehmen und das Steuersystem komplett zu überarbeiten.
DGB-Landeschef Guntram Schneider monierte den Zeitpunkt der Forderung aus NRW. «Das riecht nach politischer Inszenierung», sagte der Gewerkschafter. Mit Glaubwürdigkeit habe das wenig zu tun. Rüttgers und Pinkwart hätten bei den Koalitionsverhandlungen von Schwarz-Gelb in Berlin mit am Tisch gesessen. Deshalb müsse man schon verwundert sein über ihre jetzige Initiative. «Es ist richtig, den Unsinn von Schwarz-Gelb bei den Hotels wieder zu korrigieren», sagte Schneider. Rüttgers sollte deshalb eine Bundesratsinitiative starten. Ansonsten wäre der Vorstoß vollends unglaubwürdig.
Die Landesregierung wollte den Vorgang am Montag offiziell nicht kommentieren. Aus Koalitionskreisen verlautete indes, man werde die Reaktion der Bundesregierung zunächst genau prüfen und dann über eine Gesetzesinitiative in der Länderkammer entscheiden. Die SPD will die Debatte demnächst zum Thema im Landtag machen.
(Quellen: Merkel, Westerwelle, Pinkwart und Däke in Berlin; Bosbach im «Tagesspiegel» (Dienstagausgabe); Oppermann in Mitteilungen; Schneider auf ddp-Anfrage)
Von André Spangenberg und Martin Teigeler
ddp
