Industriekommissar Günter Verheugen will verhindern, «dass ein amerikanisches Unternehmen in Europa Arbeitsplätze versteigert». Am Montagnachmittag wollten die Wirtschaftsminister der EU-Länder mit Opel-Standorten über Hilfen für den angeschlagenen Autohersteller beraten. Ziel des Treffens mit Vertretern der EU-Kommission und der Spitze des Mutterkonzerns General Motors (GM) ist unter anderem die Koordination möglicher Staatshilfen.
Brüderle sagte, er hoffe darauf, dass die EU die Beihilferichtlinien konsequent umsetzt. Grundsatz sei, dass keine Beihilfen gezahlt werden. Zwar seien Ausnahmen möglich, doch dürften diese nicht an Auflagen für bestimmte Opel-Standorte geknüpft werden. Genau dies sollen einige Länder laut Medienberichten aber für Staatshilfen gefordert haben. Brüderle erinnerte daran, dass GM erklärt habe, die Tochter aus eigener Kraft sanieren zu können. Opel habe wie jedes deutsche Unternehmen das Recht, dabei einen Antrag auf Unterstützung zu stellen. «Einen Anspruch auf Subventionen gibt es nicht», stellte der Minister klar.
Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende im Düsseldorfer Landtag, Gerhard Papke, sprach sich gegen finanzielle Hilfen für GM aus und warnte vor einem «Subventionswettlauf» zwischen den Ländern mit europäischen GM-Werken. Die «restriktive Haltung» von Brüderle in dieser Frage sei richtig. Eine Landesbürgschaft für GM bezeichnete Papke als «sehr unwahrscheinlich». Zudem verwies der Politiker darauf, dass die GM-Spitze schon angekündigt habe, die Sanierung des Konzerns aus eigener Kraft und ohne finanzielle Unterstützung aus Deutschland umsetzen zu können.
Auslöser des Brüsseler Treffens war die Ankündigung von GM, über die Zukunft der europäischen Fabriken werde in zwei Wochen entschieden. GM will 10 000 der rund 50 000 Stellen in Europa abbauen. Mehrere europäische Länder sollen GM bereits Kreditbürgschaften oder Steuererleichterungen in Höhe mehrerer Hundert Millionen Euro angeboten haben.
Unmittelbar vor dem Opel-Krisentreffen forderte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, dass GM ein tragfähiges Sanierungskonzept vorlegen müsse, bevor über staatliche Hilfen überhaupt gesprochen werden könne.
Der Frankfurter IG-Metall-Bezirksleiter und Opel– Aufsichtsrat Armin Schild warnte Brüderle, «den ordnungspolitischen Grundsatzkrieg» um Staatshilfen «neu aufzulegen, um sich beliebt zu machen». Über Staatshilfe für GM müsse nach den gleichen Maßstäben entschieden werden, wie sie für den Übernahmeinteressenten Magna angelegt worden waren. Zugleich schloss er einen Beitrag der Arbeitnehmer nicht aus, sollten damit betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen in Europa verhindert werden.
Nach Berechnungen des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hätte etwa eine Schließung des Opel-Werks im thüringischen Eisenach Steuerausfälle von rund 382 Millionen Euro und eine bundesweite Entlassungswelle zur Folge. Insgesamt würden bundesweit rund 22 000 Jobs wegfallen. Davon betroffen seien nicht allein die rund 1800 Opel-Mitarbeiter in Eisenach, sondern auch 2500 Arbeitsplätze im direkten Umfeld des Werks. Darüber hinaus seien durch eine Schließung weitere 2700 Arbeitsplätze in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sowie 15 000 im übrigen Bundesgebiet gefährdet.
Opel ist derzeit in Deutschland an vier Standorten präsent. Neben Eisenach sind dies Bochum, Rüsselsheim (Hessen) und Kaiserslautern (Rheinland-Pfalz). Insgesamt sind bei Opel in Deutschland 25 000 Mitarbeiter beschäftigt, 5170 davon in Bochum.
(Quellen: Brüderle in ARD-»Morgenmagazin«, Papke vor Presse in Düsseldorf, Verheugen in der ARD, Driftmann in der «Berliner Zeitung» (Montagausgabe), Schild in der »Hannoverschen Allgemeinen Zeitung» (Montagausgabe))
Von Jürgen Wutschke
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