Innovationsfreudig, spannend, wachstumsstark, nachhaltig und umweltbewusst: So oder so ähnlich beschreiben Branchenkenner den Markt für Kinder- und Babyausstattung. Neben all diesen Eigenschaften war auf der Kind + Jugend aber vor allem der internationale Einfluss deutlich zu spüren – die Verantwortlichen konnten ihrem Anspruch, sich erneut als Drehscheibe für das nationale und internationale Business sowie Trendsetter zu positionieren, zweifelsfrei gerecht werden. Wir hatten das Glück, den CEO von Tmall Baby, Andy Du, im Rahmen der Messe zu den aktuellen Entwicklungen auf dem chinesischen Markt und dem Potenzial für ausländische Anbieter zu befragen.
Think big, think Tmall! Chinesischer Big Player im Interview
Auf eine E-Commerce-Plattform (wohlgemerkt die einzige ihrer Art auf der gesamten Messe) zu stoßen, war für uns nur im ersten Moment erstaunlich, sorgten doch bereits die ersten Erläuterungen von Andy Du für Klarheit: Bereits 2016 betrug das Gesamtvolumen der Mutter- und Babypflegeindustrie in China 2,4 Billionen RMB (rund 308 Milliarden Euro). Mit der Implementierung der neuen Baby-Politik sei es Eltern zukünftig gestattet, zwei Kinder zu bekommen, sofern ein Elternteil als Einzelkind aufwuchs. Das bedeutet, dass sich die 4-2-1 Struktur in ein 4-2-2 Modell umwandeln könnte und zu den insgesamt 18 bis 20 Millionen Neugeborenen voraussichtlich rund zwei Millionen hinzukommen werden. Das wiederum würde einen Konsumanstieg von 30 Milliarden RMB (rund 3,8 Milliarden Euro) und eine jährliche Steigerung des Industrievolumens von 13 % bedeuten. Wirtschaftsprognosen sagen daher voraus, dass das Wachstum im Bereich von Produkten rund um Kinder und Jugend in China höher sein wird als der globale Durchschnitt.
Wissen aus Daten generieren – im großen Stil
Auch wenn der stationäre Einzelhandel noch eine wichtige Rolle einnimmt und auch mit rund 10 % wächst, sind in China vor allem Multi-Channel-Lösungen beliebt. „Mit einer jährlichen Wachstumsrate von über 40 % in den vergangenen 3 bis 5 Jahren ist der Online-Handel die treibende Kraft“, erklärt Andy Du. Gemäß einer E-Commerce-Studie von Kanta Retail aus dem Jahr 2016, werden 70 % der Umsätze des B2C-Marktes über Tmall erwirtschaftet. Anfang 2017 waren auf Tmall schon mehr als 10.000 Mutter/Kind-Marken vertreten, davon rund 2.000 Shops internationaler Marken, die im Babyprodukte-Segment aktiv sind, wie Danone, Nestle, Friso, P&G, Moony oder Kimberly Clark.
Ein Ende des Wachstums ist dabei noch längst nicht in Sicht, das wird deutlich, wenn man den Ausführungen zur Marktanalyse folgt. Als Tochter des Online-Giganten Alibaba kann die Plattform Tmall auf große Datenmengen zurückgreifen und 90 % aller Konsumenten in den Kategorien „Baby“ und „Mütter“ erreichen. Schon jetzt kaufen mehr als eine halbe Milliarde Chinesen auf Tmall und Taobao (einer weiteren Alibaba-Tochter) ein – 60 % davon sind Frauen zwischen 20 und 40 Jahren, das Thema „Zielgruppe“ ist damit wohl mehr als ausreichend abgedeckt. Apropos Ziel, das ist bei Tmall klar formuliert: „Tmall will be the driving engine of the mother and childcare industry in China.” Dabei setze das Unternehmen vor allem auf Qualität, Sicherheit, Mode, Trends und wissenschaftsbasierte Kinderbetreuung, die insbesondere bei jungen und hochgebildeten Eltern populär sei.
Von Erfahrungen profitieren: So unterstützt Tmall.com beim Markteintritt
Wenn Andy Du also berichtet, dass chinesische Konsumenten an innovativen Produkten und High Technology interessiert seien, so überrascht das nur wenig, entspricht es doch unserer Außenansicht auf chinesische Konsumenten. Spannend dürfte für ausländische Unternehmer sein, dass chinesische Mütter insgesamt sehr jung sind (90 % von ihnen wurden nach 1990 geboren) und sie mit zunehmendem Einkommen großen Wert auf stilvolles Design legen. Du verdeutlichte in unserem Gespräch noch einmal die eindrucksvolle Power von Alibaba. Mit Hilfe der Daten kann der Kunde entlang seines gesamten Customer Life Cycles betrachtet werden und so unter anderem seine Aufmerksamkeit für Themen, sein Kaufinteresse oder sein tatsächliches Kaufverhalten gemessen werden. Eine Medien Matrix gibt Auskunft über die Nutzung von Youku und Tudo (ähnlich wie YouTube), Maps, Social Media, uvm. Wer über Tmall verkauft, kann nachvollziehen, ob eine Anzeige gestern oder letzte Woche gesehen wurde und wann die letzte Interaktion mit der jeweiligen Marke stattfand, um dadurch die Beziehung zur Brand messbar zu machen. Diese Möglichkeiten möchte Tmall zukünftig noch weiteren Verkäufern zur Verfügung stellen. Das Unternehmen positioniert sich klar als starker Partner für einen Markteintritt in China und unterstreicht das Umsatz- und Wachstumspotenzial, die datentechnischen Insights und die eigene langjährige Erfahrung. Ausländische Marken müssen nicht mit einem physischen Store starten, sondern können ihre Produkte zunächst online anbieten. Tmall unterstützt sie bei der Eröffnung des Online-Shops, dem Überwinden von Sprachbarrieren, in Fragen der Rechtssicherheit, uvm. Auf unsere Frage, mit welchen Kostenarten sie ungefähr kalkulieren müssten, beruhigt Du: Die hauptsächlichen Kosten würden für Marketing und Logistik anfallen. Gerade beim Marketing lohnt es sich jedoch, nicht zu sehr zu sparen, denn es hilft, die chinesischen Konsumenten kennenzulernen. Immerhin shoppen sie bereits seit mehr als zehn Jahren online und haben daher hohe Erwartungen an den Kundenservice und die Liefergeschwindigkeit, so Andy Du.
