Der «Köbes» arbeitet hart, trägt schwere Tabletts und Teller und läuft in den oft verwinkelten Gastschänken lange Wege. Silke Bondsa aus Köln ist eine der wenigen Frauen, die diesen Beruf ausüben. «Man muss definitiv schlagfertig und darf nicht zimperlich sein», sagt die 39-Jährige, die sich seit zwei Jahren in der Männerdomäne behauptet.
Bondsa arbeitet im Brauhaus «Gaffel am Dom» mit direktem Blick auf das Kölner Wahrzeichen. Aus einer Notlage heraus habe sie sich damals beworben, erzählt die Frau mit dem blonden Kurzhaarschnitt. Nach der Trennung von ihrem Mann habe sie eine Arbeit gesucht und von einen Bekannten erfahren, dass das Brauhaus auch Frauen einstelle. So wurde Bondsa zur «Köbine», wie sie ihren Beruf nennt.
Eine offizielle Berufsbezeichnung für das weibliche Pendant zum «Köbes» gibt es nicht, die meisten Brauhäuser stellen grundsätzlich keine Frauen für diesen Job ein. «So stark und selbstbewusst die Frauen heute sind, bei uns müssen 60-Liter-Fässer auf die Theke gehoben werden», heißt es beispielsweise aus dem Brauhaus «Uerige» in Düsseldorf. Auch in anderen Häusern wie im «Schumacher» und im «Füchschen» in Düsseldorf oder bei «Früh», «Sion» und «Reissdorf» in Köln sind die «Köbesse» traditionell männlich.
Dies sei nunmal so, heißt es. «Bei aller Gleichberechtigung: Der Köbes ist einfach ein Mann», findet zum Beispiel eine Mitarbeiterin von «Früh». Nur wenige Brauhäuser in Düsseldorf oder Köln sind da anderer Ansicht und selbst dort überwiegen die Männer. «Auch bei uns sind 80 Prozent der »Köbesse« Männer», sagt ein Sprecher von Gaffel.
«Ich würde gar nicht sagen, dass der »Köbes« ganz ursprünglich ein Männerberuf war», hält Brauchtumsforscherin Dagmar Hänel vom Landschaftsverband Rheinland dagegen. Vielmehr sei das Personal in den traditionellen rheinischen Bierschänken im Mittelalter oftmals weiblich gewesen. Dennoch halte sich seit Jahren die «Tradition» des ausschließlich männlichen Wirts in den Brauhäusern und diese sei bisher nur schwer aufzubrechen, bestätigt die Volkskundlerin.
An die Knochenarbeit ist «Köbine» Bondsa, die eine zierliche Frau ist, von zahlreichen vorherigen Jobs in der Gastronomie gewöhnt. «So ein großer Kranz mit 19 Kölsch hat sogar seine Vorteile, der ist nämlich stabiler als ein Tablett», erzählt sie. Zudem könne man ihn gut auf der Gürteltasche mit dem Kellner-Geldbeutel abstützen. «Was die Mädels auf dem Oktoberfest schleppen, das könnte ich allerdings nicht», sagt sie.
Wegen der Betreuung ihres siebenjährigen Sohnes übernimmt Bondsa derzeit vor allem Frühschichten. Von Ruhe kann um die Mittagszeit in unmittelbarer Nähe zum Kölner Dom allerdings keine Rede sein: «Wenn eine Reisegruppe mit Japanern vorbeikommt, dann müssen mal auf einen Schlag 50 Haxen an den Tisch gebracht werden», erzählt die Frau.
Dumme Sprüche von angeheiterten männlichen Biertrinkern bringen sie nicht aus dem Konzept. «Ich habe als Kind schon immer mit Jungs gespielt und hatte auch einen älteren Bruder. Das schult in Schlagfertigkeit», sagt Bondsa. Zudem erhalte sie für ihre Arbeit zumeist positive Reaktionen. «Allerdings ist klar: Wer bei derben Witzen rot wird, der fängt hier nicht zu arbeiten an», sagt sie und lacht.
Das klassische Bild des rheinischen «Köbes» sei dennoch im Wandel, da ist Bondsa sich sicher. «Viele denken dabei sofort an einen muffigen alten Herren, aber inzwischen gibt es auch junge Köbesse und immer mehr Frauen in dem Beruf, die Mitarbeiterstruktur bei uns ist total gemischt«, sagt Bondsa. Auch Unhöflichkeit gehört ihrer Meinung nach nicht zum Berufsbild. »Wir sollten witzig sein, aber nicht unverschämt«, findet sie.
Und so reagiert die 39-Jährige inzwischen auch auf einige etablierte »Köbes«-Kommentare allergisch. Zum Beispiel, wenn ein Kollege den Kundenwunsch nach einem Glas Wasser mit einem abfälligen »Mit Handtuch und Seife?« kontert. »Der Spruch ist einfach doof», findet Bondsa.
Eine «Köbes»-Tätigkeit gibt es allerdings doch, die sie lieber ihren männlichen Kollegen überlässt: Das Bierfässer-Aufschlagen. «Da reiß ich mich nicht drum», sagt Bondsa, «das machen die Männer besser und das ist doch in Ordnung so.»
Von ddp-Korrespondentin Lisa Caspari
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