Die deutsche Praxis sieht bislang vor, dass Urlaubsansprüche in der Regel nur bis zum 31. März ins nächste Jahr genommen werden können, sofern keine abweichenden tarifvertraglichen Regelungen bestehen. Ist der Betreffende dann immer noch krank , verfällt der Anspruch. Arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit nicht bis zum Ende des Übertragungszeitraumes wieder aufnehmen können, haben keinen Anspruch auf spätere Gewährung oder finanzielle Abgeltung des Urlaubs. Dies wurde nun von den Luxemburgern Richtern für unzulässig erachtet.
Geklagt hatte u.a. ein Arbeitnehmer aus Deutschland, der wegen einer langen Krankheit seinen bezahlten Jahresurlaub nicht mehr vor der Rente in Anspruch nehmen konnte. Ein Verlust des Urlaubsanspruchs sei nur dann gerechtfertigt, wenn betroffene Arbeitnehmer tatsächlich die Möglichkeit hatten, ihren Urlaub zu nehmen, urteilte das oberste europäische Gericht (AZ.: C 350/06 und C 520/06).
Das sei bei dauerhafter Erkrankung aber nicht der Fall, so die Richter. Gleiches gelte für Arbeitnehmer, die vor ihrer Arbeitsunfähigkeit während eines Teils des Bezugszeitraumes gearbeitet haben. Dann müsse der Arbeitgeber nicht genommenen Urlaub finanziell abgelten. Die Urlaubsansprüche hingen nicht von der tatsächlichen Arbeitsleistung ab, betonte der EuGH. Deshalb blieben die Ansprüche auch dann bestehen, wenn der Betreffende wegen gesundheitlicher Probleme das ganze Jahr lang nicht gearbeitet habe.
Offen bleibt nach dem Luxemburger Urteil aber, ob sich die Pflicht zum Erhalt des Urlaubsanspruchs auf den gesamten Urlaub oder nur auf den europäischen Mindesturlaub von vier Wochen bezieht. Die Folgen dieses Urteils könnten für Unternehmen sehr gravierend sein, da diese nun bindende Regel erhebliche Mehrkosten verursachen wird, wenn den Arbeitnehmern möglicherweise über Jahre nichtgenommene Urlaubstage abgegolten werden muss.
Es steht daher zu erwarten, dass sich Firmen künftig schneller von dauerhaft erkrankten Arbeitnehmern trennen werden, um das jahrelange Auflaufen von Urlaubsansprüchen zu vermeiden.
Christian Kerner
