Beispielsweise hätten die Stabilisierungsmaßnahmen der Bundesregierung für den angeschlagenen Finanzsektor zu einer Einschränkung der Fusionskontrolle für staatliche Beteiligungen an Banken geführt. Konkret führe die Krise zu mehr Kartellbildungen. Zugleich sinke die Fähigkeit der Unternehmen, verhängte Bußgelder zu zahlen.
Bei seiner Arbeit hat das Bundeskartellamt nach eigenen Angaben in den beiden vergangenen Jahren zunehmend die Möglichkeit der sogenannten Sektorenuntersuchung, beispielsweise des Kraftstoff-, Milch- und Strommarktes genutzt. Ein Schwerpunkt der Arbeit seien Verfahren gegen Gasversorger wegen überhöhter Entgelte gewesen, die zu «preismindernden Maßnahmen» in Höhe von 130 Millionen Euro geführt hätten.
Derzeit steht den Angaben zufolge der Strommarkt unter besonderer Aufsicht. Erste Zwischenergebnisse bei der laufenden Untersuchung würden jedoch erst im vierten Quartal veröffentlicht. Derzeit könne noch keine aktuelle Einschätzung gegeben werden, sagte Kartellamtspräsident Bernhard Heitzer. Die Wettbewerbsaufsicht hatte Mitte April angekündigt, den Sektor in einer groß angelegten Aktion durchleuchten zu wollen.
Von rund 60 Unternehmen am Markt, die gut 95 Prozent der gesamten Erzeugungsmenge repräsentieren, würden Daten erhoben. Die Behörde will Produktionsmengen und Erzeugungskosten für die Jahre 2007 und 2008 erfassen sowie das Angebotsverhalten im Stromgroßhandel nachvollziehen. Grund der Untersuchung sind die Preissteigerungen bei Elektrizität in den vergangenen Jahren.
Insgesamt verhängte die Kontrollbehörde in den vergangenen beiden Jahren Bußgelder in Höhe von 748,5 Millionen Euro. Dies sei ein Vielfaches gegenüber den vergangenen Jahren. Besonders die Bereiche Werbezeitvermarktung im Privatfernsehen, Apotheken, Pharmaunternehmen, Transportbeton und Zement seien davon betroffen gewesen.
Zugleich registrierte die Behörde 2007 und 2008 insgesamt 3917 Fusionsanmeldungen, davon 2242 im Jahr 2007 und 1675 ein Jahr später. In 44 Fällen seien Hauptprüfverfahren eingeleitet worden. Zwölf Mal sei der Zusammenschluss lediglich unter Auflagen genehmigt, und in weiteren elf Fällen dagegen abgelehnt worden. Seit Beginn der Fusionskontrolltätigkeit im Jahre 1973 wurden 175 Unternehmenszusammenschlüsse untersagt.
Trotz der aktuell rückläufigen Zahlen seien deutlich mehr Fusionen als im vorangegangenen Berichtszeitraum angezeigt worden. Allerdings würde neben der Wirtschaftskrise auch eine Gesetzesänderung, derzufolge Fusionen im Ausland mit geringen Auswirkungen auf den deutschen Markt nicht mehr angemeldet werden müssen, zu einem weiteren Rückgang der Anmeldungen führen. Allein in den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres habe die Zahl der Fusionsanmeldungen rund 40 Prozent unter dem Vorjahreswert gelegen, sagte Heitzer.
Von Jürgen Wutschke
ddp