Auf dem Gebiet der Telekommunikation verklagten sich zwei Unternehmen, die miteinander in Wettbewerb stehen. Beide warfen dem jeweils anderen vor, im geschäftlichen Verkehr Verbraucher angerufen zu haben um ihre Telekommunikationsprodukte, wie zum Beispiel Telefon und Internetverträge anzubieten, ohne dass der Verbraucher sein ausdrückliches Einverständnis erklärt hatte. Verbraucher wurden auf ihrem Privatanschluss angerufen, um zu einem Wechsel auf ein DSL-Produkt überredet zu werden. Diese Werbeanrufe seien wettbewerbswidrig.
Richtlinie sagt nichts zur Klagebefugnis
Die Richtlinie über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation gemäß Art. 13 Abs. 6 S.1, Art. 15 und 15a, sagt nichts über die Klagebefugnis für die Verfolgung von Verstößen gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 und Abs. 3 UWG aus.
In der Literatur wird deshalb vertreten, dass Verstöße gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 und Abs. 3 UWG nur von Mitbewerbern gerügt werden können, wenn diese als Vertreter oder in Prozessstandschaft für den Verbraucher auftreten, der von der unzulässigen Werbung betroffen ist.
Es sei in den Vorschriften keine Rede davon, dass Mitbewerber oder Verbände Verstöße rügen können. Es liegt gerade eine abschließende Regelung vor. Als Argument gegen eine Anerkennung einer Klagebefugnis von Mitbewerbern und Verbänden spreche zudem, dass der Verbraucher selbst entscheiden muss, ob die Beeinträchtigung seiner Individualinteressen verboten werden soll oder nicht.
Wettbewerber dürfen Rechte der Verbraucher einklagen
Der BGH stimmt dieser Ansicht nicht zu. Mitbewerbern und Verbänden stehe eine Klagebefugnis zu gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Sie können Verstöße gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 und Abs. 3 UWG, die den Verbraucher treffen, vor Gericht geltend machen. Die Richtlinie enthalte gerade keine abschließende Wirkung.
Der Mitbewerber kann deshalb einen Anspruch auf Unterlassung geltend machen. Dies ist sogar über die konkrete Verletzungshandlung hinaus möglich, das heißt für alle weiteren möglichen Verletzungshandlungen.
Voraussetzung ist jedoch, dass in der erweiterten Form das Charakteristische der Verletzungshandlung zum Ausdruck kommt. Bei einem Werbeanruf ist der Unterlassungsanspruch also nicht nur auf den Gegenstand des Werbeanrufs beschränkt, sondern auf alle Gegenstände. Insbesondere dann, wenn das Unternehmen verschiedene Gegenstände bewirbt, die beliebig austauschbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2010, AZ.: I ZR 46/09 – Verbotsantrag bei Telefonwerbung).
Das charakteristische der Verletzungshandlung besteht also gerade in dem vom Verbraucher unverlangten Werbeanruf und es kommt nicht drauf an, wofür geworben wird, also um welchen Gegenstand es sich handelt. Der Unterlassungsanspruch für die Zukunft erstreckt sich damit bei Telekommunikationsanbietern auf alle Telekommunikationsprodukte.
Kilian Kost
