Das Landgericht Hamburg hatte über den Ausgangsfall zu entscheiden, in dem die Beklagte unter sterilen Bedingungen ein in Deutschland zugelassenes flüssiges Arzneimittel aus einer Flasche in kleinere Spritzen umfüllte. Diese wurden von der Beklagten zu einem günstigeren Preis als die ursprüngliche Flasche angeboten. Die Beklagte besaß für das Umfüllen des zulassungspflichtigen Arzneimittels keine eigene Zulassung. Die Frage, ob dieser Vorgang als unlauter Wettbewerb zu qualifizieren ist und das Umfüllen deshalb einer Zulassung bedarf, steht eng im Zusammenhang mit der europäischen Verordnung zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Arzneimittel (EG Nr. 726/2004). Daher legten die Hamburger Richter die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Zulassungspflicht bei Medikamenten: Die Entscheidung
Nach der Entscheidung des EuGH besteht keine Zulassungspflicht, wenn das Umfüllen nur auf Grundlage individueller Rezepte mit entsprechenden Verschreibungen erfolgt und das Mittel durch das Umfüllen nicht verändert wird.
Die Gründe
Der EuGH begründet seine Entscheidung damit, dass das bloße Umfüllen eines Arzneimittels nicht als Inverkehrbringen eines Arzneimittels zu qualifizieren sei. Denn das Arzneimittel sei in solchen Fällen bereits im Handel erhältlich. Das Umfüllen finde erst statt, nachdem das Medikament bereits in Verkehr gebracht wurde. Die Beklagte führe damit lediglich einen Vorgang aus, den Ärzte oder Krankenhäuser ansonsten selbst durchführen würden.
Fazit
Die Entscheidung des EuGH bringt Klarheit in einer sehr praxisrelevanten Frage des Arzneimittelrechts. Der EuGH hat damit klare Kriterien aufgestellt, nach denen ein Umfüllen keiner Zulassung bedarf. Ob die Voraussetzungen im Einzelfall eingehalten wurden und das Vorgehen der Beklagten tatsächlich zulässig war, haben nun die Richter des Landgerichts Hamburg zu entscheiden.
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Agnieszka Slusarczyk
