Zwar schließe er eine Zusammenarbeit mit der Linken nicht generell aus, «aber wenn sie sich so verhält wie in Nordrhein-Westfalen, dürfen und können wir aus inhaltlichen Gründen nicht mit ihr regieren», fügte der SPD-Chef hinzu.
«Ich glaube nicht, dass wir auch nur den Eindruck vermitteln sollten, wir wollten mit denen gemeinsam regieren», sagte Gabriel weiter über den NRW-Landesverband der Linkspartei. In Nordrhein-Westfalen wird am 9. Mai ein neuer Landtag gewählt. Das Interview löste gegenteilige Reaktionen im Land aus.
Der Vorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD-Landesgruppe im Bundestag, Axel Schäfer, relativierte die Aussagen Gabriels. «Die Linke muss bis zum 9. Mai entscheiden, ob sie in NRW regierungswillig und regierungsfähig ist», sagte der Bochumer Bundestagsabgeordnete. Es gebe für die SPD «keine Kontaktsperre» zur Linkspartei.
Auch aus der SPD-Landtagsfraktion in Düsseldorf kam Kritik am Bundeschef: «Gabriel hat seine Meinung, aber wir im Land entscheiden selbst über unsere Koalitionen», sagte Fraktionsvize Ralf Jäger. «Es macht in einem Fünf-Parteien-System keinen Sinn, irgendwelche Koalitionen auszuschließen.»
«An der Einschätzung der NRW-SPD hat sich überhaupt nichts geändert», sagte der Generalsekretär der Landes-SPD, Michael Groschek. Die Linkspartei in NRW sei «derzeit weder regierungswillig noch regierungs- oder koalitionsfähig». Wer in seinem Wahlprogramm wie die NRW-Linke die Verstaatlichung von E.ON und RWE fordere, der sei «realitätsfern». «Wir suchen die Auseinandersetzung und nicht die Zusammenarbeit mit der Linkspartei», sagte Groschek.
«Wir wollen Wählerinnen und Wähler von der Linkspartei zurückgewinnen, und unsere Tür steht offen für die Rückkehr von Gewerkschaftern und ehemaligen Sozialdemokraten. Darin sind wir uns in der ganzen SPD einig», sagte Groschek weiter.
Der Generalsekretär wiederholte damit die bekannte Haltung von SPD-Landeschefin Hannelore Kraft. Die Herausforderin von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) betont seit Monaten, sie mache die koalitionspolitische «Ausschließeritis» nicht mit.
Bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen sorgte Gabriel mit dem Interview für Reaktionen in der Landespolitik. Im Dezember hatte der neue SPD-Bundeschef von einer «Machtoption» der SPD im bevölkerungsreichsten Bundesland gesprochen – und dabei offenbar eine Zusammenarbeit mit Grünen und Linkspartei gemeint. Damals hatte Kraft als Reaktion auf Gabriel mitgeteilt: «Über Koalitionen in Nordrhein-Westfalen entscheidet die NRW-SPD.»
Die Spitzenkandidatin der Grünen für die Landtagswahl, Sylvia Löhrmann, zeigte sich verwundert über Gabriels Kehrtwende hin zu einer Absage an Rot-Grün-Rot. «Die bisherige Erfahrung zeigt doch, dass die SPD die Linke damit erst stärkt», sagte Löhrmann. Nun fehle nur noch, dass der Ex-Bundesumweltminister Kraft in NRW eine große Koalition empfehle. Die Grünen schließen bisher keine Bündnisoption aus. Laut Umfragen sind derzeit keine klaren Mehrheiten im nächsten Landtag zu erwarten.
NRW-CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst kritisierte die «Wortakrobatik» der Sozialdemokraten: «Gabriel und Kraft eiern herum, statt den Wählern reinen Wein einzuschenken.» FDP-Fraktionschef Gerhard Papke sprach von einer «grotesken Vertuschungsaktion».
(Quellen: Gabriel im ARD-«Morgenmagazin»; Schäfer auf ddp-Anfrage; Jäger zur «Frankfurter Rundschau»/Freitagausgabe; Groschek, Löhrmann, Wüst und Papke in Mitteilungen)
Von Martin Teigeler
ddp
