Von Onur Yamac
Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Entscheidung der Philosophischen Fakultät der Uni Düsseldorf befand sich Schavan auf Auslandsreise. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) war parallel in Brüssel und absolvierte dort mit den Regierungschefs der übrigen EU-Mitgliedsländer einen Sitzungsmarathon um die Schwerpunkte im EU-Haushalt. Die Kanzlerin hatte in Brüssel vor Journalisten erklärt, dass sie nach der Bekanntgabe der Uni Düsseldorf das gemeinsame Gespräch mit Schavan suchen wolle. Schavan gilt als enge Vertraute Merkels.
Nach der Rückkehr aus den bereisten Ländern, wurde am Freitag zunächst nicht damit gerechnet, dass Kanzlerin und Ministerin noch am selben Abend zusammentreffen. Dafür sprach auch der vorangegangene Sitzungsmarathon in Brüssel, der die Kanzlerin über 24 Stunden gebunden hatte. Merkel war nach dessen Ende wieder zu ihrer Unterkunft gefahren, hatte sich frisch gemacht und ihr Kostüm gewechselt, dann wieder zurück gekehrt und hatte sich in Brüssel den Fragen der Presse gestellt.
Ministerin will gegen Aberkennung klagen
Schavan hatte kurz nach der Bekanntgabe der Entscheidung der Philosophischen Fakultät angekündigt, gegen die Entscheidung der Uni Düsseldorf klagen zu wollen. Die Ministerin steht nach der Aberkennung ihres Doktortitels ohne Akademischen Abschluss da. Dennoch fiel die Kritik von Jürgen Trittin, Renate Künast (beide Grüne) oder Sigmar Gabriel (SPD) milde, wenn auch eindeutig aus. Immer wieder wurde von den Oppositionspolitikern ehrlich betont, dass Schavan außerordentlich von ihnen geschätzt werde, sie aber ihr Amt als Bildungsministerin nach der Aberkennung des Doktortitels nicht mehr mit der notwendigen Glaubwürdigkeit weiterführen könne und daher zurücktreten müsse.
Am Samstag hatte auch Schavan ein Einsehen. Die Unionspolitikerin, die vor wenigen Jahren das Amt der Oldenburger Kohlkönigin bekleidete, gab auf einem gemeinsamen Pressetermin mit der Bundeskanzlerin ihren Rücktritt bekannt. Schavan schloss ihre Rücktrittserklärung in Anlehnung an die Worte des ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Erwin Teufel, mit dem Zitat: „Zuerst das Land, dann die Partei und dann ich
selbst.“ Tatsächlich hätte die Aberkennung des Doktortitels den Bundestagswahlkampf der Union im Herbst 2013 überschatten können. Nun ist vorerst die Luft raus dem Thema.
Der zunächst als Nachfolger ins Spiel gebrachte noch amtierende Ministerpräsident von Niedersachsen, David McAllister (CDU), hatte die Nachfolge Schavans abgelehnt. Er gibt in Kürze sein Amt in Niedersachsen an den SPD-Politiker Stephan Weil (SPD) ab, der sich mit einem einzigen Sitz die rot-grüne Mehrheit im Landtag in Hannover sichern konnte.
Wanka folgt auf Schavan
Das Bundeskanzleramt bestätigte inzwischen, dass Niedersachsens Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) das Amt von Schavan übernehmen wird. Auch sie verliert nach dem Regierungswechsel in Hannover ihr Amt. Wanka war die erste aus Ostdeutschland stammende Ministerin in einem westdeutschen Landeskabinett und war noch unter Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) aus Brandenburg nach Hannover geholt worden.
In Niedersachsen brachte Wanka komplexe Projekte wie einen länderübergreifenden Medizinstudiengang an den Universitäten Oldenburg und Grpningen (NL) auf den Weg und sammelte auch als Ministerin große Sympathien. Fachlich hat sich Wanka große Anerkennung zwischen Hase, Hunte und Leine erworben. Der Wechsel an die Spree kommt daher nicht überraschend. Die Unionspolitikerin war bereits zuvor als heiße Kandidatin gehandelt worden.
Schavan, in deren Doktorarbeit die Verstöße gegen wissenschaftliche Grundsätze nicht so gravierend sein sollen wie in anderen Plagiatsfällen, hat auch nach ihrem Rücktritt gute Chancen, weiter im Bundestag vertreten
zu bleiben. In ihrem Wahlkreis in Baden-Württemberg genießt die zurückgetretene Ministerin trotz
der Plagiatsaffäre in der Bevölkerung weiter außerordentlich hohes Ansehen.
Red. / oy
