Verstößt ein Mitarbeiter gegen eine Regel, liefert er womöglich dem Chef, der ihn vielleicht ohnehin schon auf dem Kieker hat, unnötige Angriffsfläche. Wie so oft im Leben gilt auch hier: Wer das offene Wort mit dem Chef sucht und in Einzelfällen um Ausnahmen bittet, ist gut beraten.
Dürfen private Mails aus dem Büro verschickt werden?
Die Mail an die Freundin, dass der Kinobesuch am Abend steht, ist schnell nebenbei getippt. Aber ist sie erlaubt? Laut ARAG Experten hängt dies im Wesentlichen vom Arbeits- oder Tarifvertrag (zur Tarifvertrag Definition) bzw. den Betriebsvereinbarungen ab. Ist dort das Verfassen und der Versand privater Mails vom Arbeitsplatz aus verboten, muss sich der Arbeitnehmer daran halten. Ansonsten kann es eine Abmahnung geben. Ein konkreter Fall zeigt sogar, dass es zur Kündigung kommen kann: Eine Arbeitnehmerin einer Anwaltskanzlei hatte einen Kettenbrief an Kolleginnen im Sekretariat weitergeleitet. Zuvor wurde sie noch nie abgemahnt, trotzdem wurde der unbescholtenen Frau gekündigt. Doch die Richter wiesen ihre Kollegen aus der Kanzlei in die Schranken: Sie konnten keinen absichtlichen Verstoß erkennen, sondern attestierten der Betroffenen ein eher gedankenloses Vorgehen. Zudem war es erst- und einmalig. Daher hätte es vorher eine Abmahnung geben müssen (AG FaM, Az.: 5 Ca 4459/00). Ausnahmen vom Mail-Verbot sind absolute Notfälle. Hat der Chef privates Mailen grundsätzlich erlaubt, müssen diese in den Pausen geschrieben werden. Denn: Wer privat mailt, arbeitet nicht! Ist in den Verträgen nichts erwähnt, kommt es auf die betriebliche Praxis an.
Sind private Telefonate erlaubt?
Ja, wenn der Arbeitgeber keine Regelungen hierfür im Betrieb aufstellt und privates Telefonieren duldet oder gar sein Einverständnis hierzu erklärt. ARAG Experten raten allerdings auch dann dazu, sich kurz zu fassen. Wer es dennoch nicht abwarten kann, der besten Freundin während der Arbeitszeit vom letzten Date zu erzählen, riskiert eine Abmahnung. Private Telefonate auf Kosten des Arbeitgebers können sogar Grund für eine Kündigung sein (BAG 2 AZR 147/03).
Eine private Kopie schadet doch nicht, oder?
Doch, sagen die ARAG Experten. Es handelt sich dabei sogar um ein sogenanntes Vermögensdelikt. Zudem kostet der Weg zum Kopierer Zeit, in der der Arbeitnehmer nicht arbeitet. Und Vorsicht vor der Technik: Die meisten Kopiergeräte dokumentieren mittlerweile jede Kopie. In einem konkreten Fall wurde einem Arbeitnehmer sogar gekündigt, nachdem er trotz ausdrücklichen Verbotes und mehrerer Abmahnungen weiterhin private Kopien im Büro anfertigte (Arbeitsgericht Berlin, Az.: 12 Ca 3/80). Allerdings weisen die ARAG Experten auf eine mildere Rechtsprechung in dem Fall Emmely hin: Die Kassiererin Barbara Emme sollte ihren Job an der Kasse verlieren, weil sie zwei Getränkebons im Wert von 1,30 Euro eingelöst hatte, die nicht ihr gehörten. Hier hatte das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass nicht jeder vorsätzliche Verstoß gegen die Vertragspflichten, der sich gegen das Vermögen des Arbeitgebers richtet, eine fristlose Kündigung rechtfertigt (BAG 2 AZR 541/09).
Ist ein Arztbesuch während der Arbeitszeit ein Problem?
Ein ganz klares „Jein“. Erkrankt der Arbeitgeber akut am Arbeitsplatz, hat der Chef eine Fürsorgepflicht. Demnach darf er einen Anruf beim Arzt nicht verbieten. Der Arzttermin selbst muss dann allerdings grundsätzlich in die arbeitsfreie Zeit verlegt werden. Laut ARAG Experten gibt es jedoch Ausnahmen: Ist die Untersuchung medizinisch unvermeidbar und ein Termin außerhalb der Bürozeit nicht mit der Öffnungszeit der Praxis vereinbar, darf der Arbeitnehmer auch während der Arbeitszeit zum Arzt gehen. Auch organisatorische Gründe in der Praxis, wie beispielsweise das morgendliche Blutabnehmen, können dazu führen, dass man während der Arbeitszeit zum Doktor darf. ARAG Experten weisen allerdings darauf hin, dass es Regelungen im Arbeitsvertrag geben kann, die eine Entgeltfortzahlung für kurzfristige Arztbesuche verwehrt.
Wer das Handy im Büro lädt, klaut Strom
Dies können die ARAG Experten mit einem klaren ‚Nein‘ beantworten. Wer Handys oder andere Geräte im Büro auflädt, missbraucht betriebliche Einrichtungen für private Zwecke und klaut streng genommen Strom. In einem konkreten Fall wurde einem Mann aus genau diesem Grund sogar gekündigt (Arbeitsgericht Oberhausen, Az.: 4 Ca 1228/09). Zwar nahm der Chef die vollkommen unverhältnismäßige – und damit wahrscheinlich rechtswidrige und unwirksame – Kündigung zurück und das Gericht musste diesen Fall nicht final entscheiden. Doch die ARAG Experten warnen, wie brisant solche Bagatelldelikte sein können.
Karin Völker
