business-on.de: Die Unternehmensnachfolge wird im Mittelstand zu einer immer größeren Herausforderung – so das Fazit des Reports zur Unternehmensnachfolge des Deutschen Industrie- und Handelskammertags. Wie wirkt sich das aus?
Lioba Heinzler: Die Schere zwischen Alt-Eigentümern und Übernahmeinteressierten geht immer weiter auseinander. Die einen suchen einen geeigneten Nachfolger, die anderen ein Unternehmen, das zu ihnen passt, und diese Zielgruppe wird aufgrund des demografischen Wandels immer kleiner. Das sind die „hard facts“. Bevor es aber in die Vertragsverhandlungen geht, man Fachleute wie Steuerberater, Rechtsanwälte oder die Hausbank mit ins Boot nimmt, sollten sich der Abgebende und der Übernehmende mit den weichen Faktoren auseinandersetzen.
business-on: Welche sind das?
Lioba Heinzler: Das sind die Erwartungen und Befürchtungen, die zu jeder Unternehmensnachfolge dazugehören. Wer sein Unternehmen abgibt, fragt sich: Was bleibt von meiner Idee, wenn ich in den Ruhestand gehe? Gibt es eine Übergabe innerhalb der Familie, stellen sich die Nachfolger die Frage, ob sie der Aufgabe überhaupt gerecht werden können. Das Thema der Stabsübergabe ist in vielen Familienunternehmen geradezu ein Tabuthema. Dass alles auf den Inhaber zugeschnitten ist, zeigt sich daran, dass es oft noch nicht einmal einen Notfallplan gibt, um im Krankheitsfall das Notwendige tun zu können.
business-on: Und wie sieht es aus, wenn ein Mitarbeiter die Firma übernehmen soll oder ein externer Käufer?
Lioba Heinzler: Eine firmeninterne Übergabe ist immer die schwierigste Variante. Denn jemand aus dem Team wird auf einmal Chef. Das hat eine unglaubliche Dynamik im Unternehmen zur Folge. Sich unter diesen Bedingungen in der neuen Führungsrolle zurechtzufinden, ist eine große Herausforderung. Bei einer externen Übernahme muss der Käufer erst einmal herausfinden, wie das Unternehmen tickt und mit welchen Widerständen er bei der Belegschaft zu rechnen hat. Hier arbeite ich ganz intensiv mit den Nachfolgern und coache sie dabei, den Unternehmenserfolg zu sichern. Denn nur, wenn der Neue sicher im Sattel sitzt, ist die Nachfolge geglückt.
business-on: Sie begleiten seit mehr als 30 Jahren berufliche und unternehmerische Change-Prozesse, haben 600 Workshops und mehr als 500 Vorträge gehalten. Als Supervisorin und Business Coach gehen Sie das Thema Nachfolge sehr praktisch mit dem Slogan „Damit es gut weitergeht“ an. Und in Ihrer Mediathek bieten Sie eine Video-Reihe, ein E-Book und Workshops an. Ist das ein Ersatz für das persönliche Coaching?
Lioba Heinzler: Nein, keinesfalls. Die Materialien sind eine erste Hilfestellung, um innere Klarheit zu erlangen. Dann kommt aber der entscheidende Teil, nämlich sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und die Interessenlage zu klären. Mit einem Coach als einem professionellen Sparringspartner geht das leichter und schneller
Das Interview führte Dr. Susan Tuchel
