Claude Monets 1873 entstandenes Gemälde “Impression, Soleil levant“ hatte einst der ganzen Bewegung den Namen verliehen und ist „natürlich“ in Wuppertal nicht zu sehen, denn es wird vom Partnermuseum in Paris – dem Musée Marmottan Monet – nicht verliehen. Aber dafür gibt es einen sorgfältig zusammengestellten Überblick über alle Stationen eines Künstlerlebens, das mit der Ablehnung durch die etablierte Kunstszene begann und mit großer Anerkennung endete.
„Wir zeigen die erste umfassende Monet-Gesamtschau überhaupt in Deutschland“, freut sich Museumsdirektor Gerhard Finckh. Über die Versicherungssumme für die 100 Gemälde schweigt er ebenso wie über die Sicherheitsmaßnahmen. Aber klar ist: In den nächsten Monaten hängen Werte von mehreren hundert Millionen Euro im zweiten Stock des Museums, das sich mit Umbauten für den Massenandrang gerüstet hat.
Seerosen an der Wupper
Sein halbes Leben verbrachte Claude Monet in Armut. Erst um die Wende des 19. zum 20. Jahrhunderts gelang ihm der Durchbruch: Nachdem er sich in Giverny in der Normandie niedergelassen hatte und die wohl einmalige Serie der „Nymphéas“, der Seerosenbilder malte. Die Wuppertaler Ausstellung trägt dem Besonderen des Künstlers Monet Rechnung, der gemäß seinem Credo, den flüchtigen Eindruck festhalten zu wollen, bis ins hohe Alter vor der Natur malte. Immer wieder griff er ein Motiv auf und hielt es zu wechselnden Tageszeiten und mit unterschiedlichen Lichtstimmungen fest. So entstanden einmalige Serien, etwa der Seine bei Port-Villez, der Kathedrale von Rouen oder des Londoner Parlaments. Oder eben die atemberaubenden, teils riesigen Seerosenbilder.
Wasser spielt für den Künstler Monet ein Leben lang eine bedeutende
Rolle. In seinem auf rund 2000 Werke geschätzten Oeuvre setzt er sich immer wieder mit dem Wasser auseinander, malt Spiegelungen von Wolken, Sonne, Häusern und Bäumen. Schließlich, im Spätwerk in Giverny, wird der Garten Monets selbst zum sorgfältig komponierten Kunstwerk, in dem das Wasser ebenfalls der Mittelpunkt ist. Von der damals zeitgeistigen Japanliebe beeinflusst, lässt der Maler einen Garten anlegen, in dem die Teiche eine zentrale Rolle einnehmen. In seinen Bildern verschwimmen die Formen mehr und mehr, bis sie sich aufzulösen scheinen.
Alles wird Licht und Schatten und Farbe in wechselnden Stimmungen, hervorgerufen von tiefem Blau, Grün und Violett. Und obwohl die Bilder wirken, wie mit leichter Hand spontan hingetupft, sind sie doch nach allen Regeln bildnerischer Kompositionskunst aufgebaut und sorgfältig inszeniert. Einige wenige scheinen aus dem Rahmen zu fallen: Hier herrschen ungewohnte Erdtöne und düster flammende Farben fallen ins Auge, der Pinselduktus wird immer grober und fast wild: Womöglich eine Folge der Augenerkrankung Monets, der an fortschreitendem grauem Star litt.
Heimlicher Teil der Kulturhauptstadt Europas
Für diese Ausstellung, die das Werk Monets in einer bisher noch nie dagewesenen Breite zeigt, kooperiert das Wuppertaler Von der-Heydt-Museum vor allem mit dem Museum Marmottan in Paris. Aber sie konnte auch nur deshalb zustande kommen, weil sich weltweit 40 Leihgeber beteiligten – ein logistischer, finanzieller und personeller Kraftakt. Immerhin werden ab Sonntag, dem 11.Oktober, bis zum 28. Februar 2010 an die 100.000 Besucher erwartet. Warteschlangen sind daher unvermeidlich, denn trotz aller ausgeklügelten Organisation haben maximal 400 Personen gleichzeitig in den Räumen Platz.
„Eigentlich firmieren Essen und das Ruhrgebiet als Kulturhauptstadt Europas 2010. Doch das Kulturjahr beginnt schon jetzt – in Wuppertal“, schreibt heute eine Tageszeitung. Museumsdirektor Finckh, der für den nächsten Herbst bereits eine große Ausstellung des französischen Malers Pierre Bonnard vorbereitet, sieht das wohl ähnlich. „Unsere Monet-Gesamtschau ist einer der Höhepunkte des Kulturhauptstadtjahres“, sagt er selbstbewusst. Und hofft auf viele Besucher der Ruhrmetropole, die beide Ereignisse miteinander verbinden. Denn bis nach Wuppertal ist es von Essen mit der Bahn oder dem Auto gerade einmal eine halbe Stunde.
Gabriele Müller – escriva
