Dem heute (21.07.) in Stuttgart vorgelegten Abschlussbericht zufolge erfüllt der geplante Tiefbahnhof die Anforderungen, die im Schlichtungsergebnis genannt worden sind. Die vermutete „Verspätungstendenz“ sei durch Fahrplanreserven aufzufangen. Eine bauliche Erweiterung auf zehn Gleise sei dazu nicht notwendig. In der Untersuchung der SMA heißt es unter anderem: „Unsere Prüfung der Simulationsergebnisse hat gezeigt, dass die geforderten 49 Ankünfte im Hauptbahnhof Stuttgart in der am meisten belasteten Stunde und mit dem der Simulation unterstellten Fahrplan mit wirtschaftlich optimaler Betriebsqualität abgewickelt werden können.“ Die Doppelbelegungen der Bahnsteige kombiniert mit „relativ langen Haltezeiten der meisten Nahverkehrszüge“ erlauben demnach einen stabilen Betrieb auch auf den geplanten acht Gleisen. Bei der Simulation wurde deshalb dieses Szenario ausgespart, heiß es.
Details zum Stresstest
Allerdings gibt es nach Angaben der SMA „eine Anzahl Unstimmigkeiten“ in dem Simulationsmodell der Bundesbahn. Diese könnten das Gesamtresultat zahlenmäßig etwas verändern. An der Einstufung „wirtschaftlich optimal“ änderten diese Abweichungen jedoch nichts. Dem Gutachten zufolge kommt es bei der Anfahrt zum Hauptbahnhof und bei der Wegfahrt jeweils zu einem leichten Verspätungsaufbau. Der aber werde durch die Fahrplanreserven am Bahnhof selbst aufgefangen. Damit komme es zur Bewertungseinstufung „wirtschaftlich optimal mit leicht abnehmender Verspätungstendenz“.
Nur wenige Stunden nach Übermittlung des Gutachtens der Schweizer SMA zum Stresstest der Deutschen Bundesbahn hat das Ergebnis auf ihrer Internetseite der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Deutsche Bahn hat auf das Ergebnis erleichtert reagiert: „Wir sind froh über das Ergebnis“, sagte Projektsprecher Wolfgang Dietrich. Obwohl man noch nicht alle Details in dem mehr als 200-seitigen Papier habe durcharbeiten können, sei die Gesamtbeurteilung „hervorragend“. Jetzt will die Bahn zügig Bauaufträge für bis zu 750 Millionen Euro vergeben.
Das jetzt vorgelegte Gutachten der SMA sieht einen Teil der bereits in der Schlichtung vereinbarten Infrastrukturmaßnahmen als notwendig an. Dazu zählt beispielsweise die zweigleisige Anbindung des Flughafens an die Neubaustrecke (dies ist eine Bedingung für das Erreichen der vorgegebenen Leistungsziele). Aber auch die Ausrüstung der neuen Strecken mit konventioneller Leit- und Sicherungstechnik zusätzlich zum elektronischen Zugsicherungs-System ETCS sei erforderlich, weil dadurch auch Nahverkehrszüge auf den neuen Anlagen verkehren können. Beide Ergänzungen würden nach Informationen aus Kreisen der Deutschen Bahn insgesamt unter 40 Millionen Euro kosten.
Dagegen ist Erweiterung des Tiefbahnhofs von acht auf zehn Gleise nach Ansicht der Gutachter für einen stabilen Betrieb nicht erforderlich.
Reaktionen
Der Schlichter Heiner Geißler will dieses Ergebnis am 26. Juli 2011 der Öffentlichkeit präsentieren. Das das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 will an dieser Veranstaltung aber nicht teilnehmen. Während die Bahn die Prüfung nach einer monatelangen Fahrplan-Simulation als bestanden ansieht, bleiben die Gegner des Milliarden-Bahnprojektes skeptisch: Sie kündigten an, an der öffentlichen Präsentation der Ergebnisse teilzunehmen. Heiner Geißler hatte den Belastungstest als ein Erbnis der Schlichtung im Herbst vorgeschlagen. Sowohl die S 21 – Gegner als auch die Deutsche Bahn hatten damals hierfür ihre Unterstützung angezeigt.
Die Gegner des Projekts kritisierten den von Bahn-Experten simulierten Stresstest als „Schauveranstaltung“. Mit der Bahn sei trotz intensiver Gespräche kein Einvernehmen über die Vorgaben des Stresstests erzielt worden, sagte die Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Brigitte Dahlbender. Hannes Rockenbauch, ebenfalls vom Aktionsbündnis, ergänzte, dass die Bahn nicht alle Fakten auf den Tisch gelegt habe. So seien Störfälle auf den kilometerlangen Tunnelstrecken entgegen der Vorgaben des Schlichters in der Computersimulation nicht berücksichtigt worden.
Die FDP zeigte heute für die Kritik am durch das Gutachten bestätigten Stresstest wenig Verständnis. Für FDP-Fraktionschef Dr. Hans-Ulrich Rülke und den verkehrspolitischen Sprecher der FDP-Fraktion, Jochen Haußmann, steht fest: „Es zeigt sich, dass die Projektgegner nur das hören wollen, was ihnen in den Kram passt. Man wartet ab, ob der Stresstest bestanden wurde und boykottiert ihn jetzt für diesen Fall. Das Verhalten des Aktionsbündnisses zeigt auch die Unsinnigkeit eines künftigen Volksentscheids zum Zwecke der Befriedung. Die Bahnhofsgegner machen einmal mehr deutlich, dass sie nichts und niemanden akzeptieren, der nicht ihrer Meinung ist. So haben die Projektgegner etwa auch die renommierte Gutachterfirme „sma“ selbst vorgeschlagen – und boykottieren nun das Ergebnis, da es nicht in ihrem Sinne ausfällt.“